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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Kanonendonner am Riss

Von Sven Gückel 23.04.2012, 17:57

Klöden/MZ. - Mund auf, Ohren zu - Feuer! Mehrfach wiederholte Kenny Söhmisch, Gefreiter bei den Lützower Jägern 1813 e.V. aus Torgau, sein Kommando, bevor er die neben ihm stehende Kanone donnern ließ. Für ihn und die Mitglieder des Traditionsvereins ein routinemäßiges Spiel, für die Besucher des Burgfestes Klöden allerdings ein Spektakel mit Seltenheitswert. Wohl auch deshalb galt den in historischen Uniformen Agierenden das besondere Augenmerk auf der Burg. Wer wollte, konnte sich das Biwak ansehen, originalgetreu nachgefertigte Waffen und Kleidungsstücke aus der Nähe betrachten oder mit den Hobbyfreicorpssoldaten ins Gespräch kommen. Von diesen war unter anderem zu erfahren, dass ihr Gastspiel in Klöden der Saisonauftakt sei. "Uns trifft man im weiteren Verlauf des Jahres auf Volks- und Stadtfesten oder bei der Nachstellung historischer Schlachten an", sagte Söhmisch, der eines von 24 Vereinsmitgliedern der Lützower Jäger ist. Deren geschichtliche Bedeutung liegt allerdings weniger auf dem militärischen Sektor, denn vielmehr im Gedankengut, dass sich aus der von Major Adolf von Lützow gegründeten Truppe herauskristallisierte. Denn zu den Freiwilligen des Korps zählten die Dichter Theodor Körner und Ernst Moritz Arndt sowie "Turnvater" Friedrich Ludwig Jahn. Übrigens, die Farben der deutschen Flagge haben ihren Ursprung bei den Lützower Jägern. Deren schwarz-rote Uniform samt goldfarbener Knöpfe stand Pate bei den Überlegungen.

Marschtraining absolviert

Neben der Schau für die Besucher des Burgfestes nutzten die Hobbysoldaten auch die Gelegenheit, im Verlaufe von Exerzierstunden die eigene "Wintersteifigkeit" abzulegen. Gefechtskommandos, Aufstellen nach Befehl sowie ein Marschtraining galt es zu absolvieren. Letzteres aus Gründen der Eigenversorgung. Denn wie schon in Vorjahren zog die Truppe durch Klöden, klingelte an den Haustüren und erbat von den Einwohnern des Dorfes Lebensmittel. "Diese Requirierung hat für uns einen hohen Stellenwert. Sie festigt den Kontakt zur Bevölkerung, baut Verständnis für unser Hobby aus und hilft auch finanziell", sagt Kanonier Söhmisch. Denn der Spaß, den die Besucher des Burgfestes am geschichtlichen Spektakel haben, hat natürlich auch seinen Preis. In dem Fall sind es maßgeschneiderte Uniformen und detailgetreue Ausrüstungsgegenstände, die von den Vereinsmitgliedern beschafft werden müssen. Das gilt für die Torgauer ebenso wie für die Bürger und Soldaten aus Wittenberg. Beide Vereine sehen ihren historischen Schwerpunkt im Jahr 1813 liegen, dem Anfang vom Ende der Herrschaft Napoleons. Um noch tiefer in diese Phase der Geschichte eindringen zu können, hatten die Wittenberger zudem eine umfangreiche Zinnausstellung nach Klöden mitgebracht, die sowohl Soldaten jener Jahre darstellte als auch Alltagssituationen und Schlachtengetümmel.

Lebendiger Geschichtsunterricht

Zufrieden mit dem Verlauf des Festes zeigte sich auch Thomas Petzold. Der Burggastwirt und Vorsitzende des Fördervereins Burg Klöden wollte mit dem Fest nicht nur eine Zeitreise in das frühe 19. Jahrhundert ermöglichen, sondern auch lebendigen Geschichtsunterricht bieten. "Unser Anspruch ist es, einen Kontrast zu Wittenberg und seiner mittelalterlichen Geschichte zu bilden", sagt er. Zudem sei das Fest eine gute Gelegenheit, den Bekanntheitsgrad der Burg zu steigern. Ganz ohne die mittelalterliche Ritterschaft gehe es in Klöden aber nicht. So sei im Sommer von einem externen Veranstalter auf der Burg ein Rittertreffen geplant, das auch für Besucher offen stehe.