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Verkauf von Weihnachtsbäumen startet Klein ist der große Renner in Ruhlsdorf

Günter Thiele aus Ruhlsdorf startet Weihnachtsbaumverkauf auf Plantage an B 187. Was am vierten Advent passiert und wer Wurzeln über das Gelände trägt.

Von Thomas Tominski 01.12.2021, 12:47
Günter Thiele  aus  Ruhlsdorf erklärt seiner Enkelin Nele Pflug, dass dieser  Baum super gewachsen ist und eine gute  Höhe hat.
Günter Thiele aus Ruhlsdorf erklärt seiner Enkelin Nele Pflug, dass dieser Baum super gewachsen ist und eine gute Höhe hat. (Foto: Thomas Tominski)

Ruhlsdorf/MZ - Günter Thiele läuft mit der Kettensäge über die Weihnachtsbaumplantage an der Bundesstraße 187 und erzählt, dass Rosemarie Becker zu seinen treuen Stammkunden gehört. Diese hat Enkel Arno mitgebracht, der seiner Oma beim Aussuchen hilft. „Halt die Zweige nach oben“, sagt Thiele zu dem Achtjährigen, der Sekunden später auf dem Boden sitzt und dem Inhaber der Plantage beim Fällen der Blaufichte hilft. Zusammen tragen sie den Baum zur „Verpackungsstation“ und verladen die Fichte später ins Auto.

Arno Becker, der die Grundschule in Jessen besucht, erzählt, dass er trotz der Nähe zur Säge keine Angst gehabt hat, denn sein Vater sei gelernter Tischler. „Ich kenne solche Werkzeuge.“ Beim Thema Weihnachtswunsch zuckt der Achtjährige mit den Schultern. So richtig habe er sich darüber noch keine Gedanken gemacht. Seine Oma ist mit der Wahl des Baumes zufrieden. Dieser sei schlank und nicht so ausladend. Deshalb passt er prima in die Wohnung. „Ich möchte“, so Rosemarie Becker, „auch regional kaufen. Zudem soll der Baum frisch geschlagen sein.“ Immer mittendrin ist Thieles Jack-Russell-Terrier-Hündin „Tina“, die jedem Besucher eine Wurzel vor die Füße legt, um sich die Beute nach einem gezielten Wurf wieder zurückzuholen.

Beschäftigung gesucht

Der Inhaber der zwei Hektar großen Plantage erzählt, dass er vor zwölf Jahren mit Weihnachtsbaum- plus Heidelbeerverkauf angefangen hat. „Ich bin damals in Vorruhestand gegangen und brauchte eine Beschäftigung“, so der frühere Ingenieur für Landtechnik. Die 0,5 Hektar große Fläche in Ruhlsdorf Richtung Gentha reicht aufgrund der großen Nachfrage nicht mehr aus. Thiele wechselt sozusagen die Straßenseite an der B 187 und beginnt zunächst mit serbischen Fichten, die resistent gegen Ungeziefer sind und „bei jedem Wetter gut wachsen“. Doch Kundenwünsche sind bekanntlich speziell. Nordmann- und Colorado-Tanne sowie Blaufichten gehören inzwischen zum Sortiment, der Chef erzählt, dass die Tannen „so ihre Eigenarten“ haben.

Arno Becker hat seine Oma Rosemarie auf die Plantage begleitet und unterstütztGünter  Thiele  beim Absägen des  Baums.
Arno Becker hat seine Oma Rosemarie auf die Plantage begleitet und unterstütztGünter Thiele beim Absägen des Baums.
(Foto: Thomas Tominski)

Die Colorado-Tanne muss des Öfteren verschnitten werden, um sie in Form zu halten, die jungen Triebe der Nordmann-Tanne sind frostempfindlich. „In der Zeit der Eisheiligen“, ergänzt er. An den Bäumen hängen Schilder. Thiele erklärt, dass die Kunden bereits im Spätsommer diese in Augenschein nehmen und ihren Favoriten per Namen markieren. „Das klappt zu 98 Prozent ganz gut.“ Es gibt selbstverständlich auch Besucher, die das bisherige Namensschild durch ihr eigenes ersetzen. Der Besitzer des Areals legt Wert auf das Wort nachhaltig. Wenn ein Baum abgesägt wird, setzt er an anderer Stelle einen neuen. Platz genug ist vorhanden.

Thiele ist überrascht, wie gut der Standortwechsel angenommen wird. Die Plantage liegt direkt an der Bundesstraße, Parkplätze sind vorhanden. Es kommen auch Leute, sagt er, die bringen den ausgeschnittenen Zeitungsartikel aus der MZ mit und freuen sich über den persönlichen Kontakt. Wer keine geeignete Transportmöglichkeit für einen Weihnachtsbaum besitzt - null Problem. Dafür hat sich der Mann im „Unruhestand“ extra einen Transporter zugelegt. „Ich liefere auch bis Wittenberg“, sagt er. Ab 1. Dezember bis zum Heiligen Abend ist die Plantage täglich ab 10 Uhr besetzt. Die vielen Schilder an den Bäumen beweisen, dass Thieles Kettensäge bald im Akkord schnurrt.

Gemütliches Beisammensein

Am vierten Advent erwartet der Ruhlsdorfer viele Besucher. Wenn ihm nicht eine neue Corona-Bestimmung einen Strich durch die Rechnung macht. „Viele“, sagt er, „kommen nur wegen Glühwein und Grillwürstchen. Andere nehmen gleich ihren gekennzeichneten Baum mit.“ Thiele erzählt, dass der Trend eher zu kleinen Bäumen geht, 1,50 bis 1,80 Meter sei eine gängige Größe. Im Prinzip gehe es darum, dass das gute Stück gut in die Stube passt. Wer zum Beispiel im Neubau wohnt, wird keine XL-Variante kaufen. Diese Exemplare landen eher zur Dekoration im Garten oder in größeren Gaststätten.

Thiele verrät, dass in seiner guten Stuben ebenfalls ein kleinerer Baum auf einem Hocker steht. „Ich nehme, was übrig bleibt“, sagt er, da alle Bäume auf seiner Plantage gut gewachsen sind, muss der Betreiber keine Angst haben, dass deswegen ein Streit ausbricht. Geschmückt, sagt er, wird dieser ganz klassisch mit Kugeln. Die Zeiten des Lamettas sind längst vorbei. In den Ständer füllt er jeden zweiten Tag einen Liter Wasser, damit dieser lange frisch bleibt. Am 6. Januar wird traditionell abgeputzt.

Jack-Russell-Terrier-Hündin „Tina“   begrüßt  jeden  Besucher   persönlich. Wer die hölzerne   Wurzel vor die Füße gelegt bekommt, ist  ihr Spielkamerad.
Jack-Russell-Terrier-Hündin „Tina“ begrüßt jeden Besucher persönlich. Wer die hölzerne Wurzel vor die Füße gelegt bekommt, ist ihr Spielkamerad.
(Foto: Tominski)