Klassentreffen im Jessener "Schützenhaus" Klassentreffen im Jessener "Schützenhaus": Absolventen besichtigen nach zehn Jahren ihre Sekundarschule

Jessen - So schnell vergeht ein Jahrzehnt! Vergangenes Wochenende feierten die Jessener Sekundarschulabsolventen von 2005 ihr erstes Jahrgangstreffen im „Schützenhaus“ der Stadt. Zwei Dutzend der einstigen Klassenkameraden der 10 a, 10 b und 10 c begaben sich zuvor noch auf jene Pfade, die sie einst Hunderte Male mit Büchern, Heften und Träumen im Gepäck gegangen waren – in ihr einstiges Schulhaus.
Zweistündiger Rundgang
Am Eingang gibt es die erste Überraschung: Mit Elke Kuhl, Steffi Rost, Heidrun Hildebrand und Ursula Nachtigall wird die Gruppe von vier Lehrerinnen empfangen, die sich darauf freuen, die „Ehemaligen“ durch die Schule zu führen. Der fast zweistündige Rundgang offenbart weit mehr Neuigkeiten als gedacht: Angesichts der farbenfrohen Wände im Flur staunt Antje Schneider: „Die Schule ist ja richtig bunt geworden. Blau und Orange – das sieht echt gut aus. Bei uns war alles noch so trist.“
Auf Schritt und Tritt, quasi hinter jeder Tür, folgen neue Überraschungen: Klassenzimmer und Fachkabinette sind zum Teil anders angeordnet, vor allem aber modernisiert, der Freizeitbereich und die Streitschlichterräume sind gemütlich hergerichtet. Lediglich im Hauswirtschaftskabinett gibt es noch den altgewohnten Anblick: „Hier hat sich nichts geändert. Alles ist sauber und ordentlich. Wir mussten damals schon alles aufräumen, als die Stunde zu Ende ging“, verkündet Corina Globig. Schmunzelnd verrät sie: „Geschadet hat es nicht. Und Frau Hensel hat uns immer gelobt, egal, wie es geschmeckt hat.“
„Donnerwetter, aus Schülern sind Leute geworden“, lobt Elke Kuh (73), die frühere Schulleiterin. Sie schaut in die Gesichter der heute 26- und 27-Jährigen und gesteht: „Dieser Jahrgang war für mich etwas Besonderes. Als sie gingen, begann für mich nach 35 Jahren Schuldienst der Ruhestand.“ Rückblick: Im September vor 50 Jahren war Elke Kuhl nach ihrem Studium von Mittweida/Sachsen nach Jessen verpflichtet worden: „Da wusste ich noch nicht mal, wo die Stadt liegt.“
Zeit ihres Berufslebens hat sie viele Schülergenerationen sowohl in der Lingner- als auch in der Nordschule bis zu den Abschlussprüfungen begleitet.„Ganz weg ist sie glücklicherweise nicht. Als Vorsitzende des Fördervereins hilft sie mit, dass sich unsere Schule weiter gut entwickeln kann“, lobt Steffi Rost.
Die größte Überraschung birgt freilich das erst vor einem halben Jahr eröffnete Schulmuseum. Angesichts der Sammlung von Reliquien aus der städtischen Schulentwicklung bemerkt Antje Schneider: „Eine kleine Etappe haben wir auch mitgestaltet. Das macht echt stolz.“ Als Steffi Rost zu guter Letzt noch drei große grüne Bücher mit dem Aufdruck „Schuljahr 2004/05“ präsentiert, gibt es ein großes Hallo: „Unsere letzten Klassenbücher!“, staunt Christian Rühlicke. Fast ehrfürchtig werden die Seiten umgeblättert. Auf ihnen spiegeln sich auch nach Jahren die Ergebnisse des Lernens oder auch Nichtlernens wider. Aber die guten Leistungen haben offenbar bei allen überwogen. Das wird schnell klar, als die Absolventen erzählen, was aus ihren Träumen geworden ist.
Janka Wilhelms arbeitet als Diplom-Finanzwirtin im Finanzamt Wittenberg. „Erst hatte ich mich in eine andere Richtung orientiert, doch jetzt ist alles richtig gut!“ Antje Schneider lebt seit eh und je in Gerbisbach: „Ich bin jetzt Leiterin für Rechnungswesen in der Wohnungsbaugenossenschaft Wittenberg. Dass es mal so kommt, hätte ich kaum zu hoffen gewagt.“ Marian Wosnitza ist Papa eines dreijährigen Sohnes: „Ich lebe in Berlin, arbeite als Rohrleitungs- und Kanalreiniger. Mein Wunschberuf war das zwar nicht, aber er ist es geworden.“ Corina Globig wohnt in Weißenfels. Nach ihrem Studium hatte sie eine Beamtenlaufbahn eingeschlagen: „Mathematik war immer schon mein Ding. Deshalb macht mir meine Tätigkeit im Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung auch so viel Spaß.“
Bankkauffrau Nadine Gerlach wechselte nach sieben Jahren in München jetzt in eine Filiale nach Leipzig: „Ich wollte gern wieder näher an die Heimat. Toll, dass es geklappt hat, und im nächsten Jahr wird geheiratet“, teilt sie freudestrahlend mit. Ergotherapeutin Aileen Friedrich ist glücklich mit ihrer Arbeit im Diest-Hof Seyda, zumal sie noch eine Ausbildung als Heilpädagogin absolvieren konnte. Denny Horst freut sich, als Konstruktionsmechaniker im Fahrzeugwerk Annaburg nun seinen Berufstraum verwirklichen zu können.
Viele in Region geblieben
Christian Rühlicke, er hatte das Jahrgangstreffen gemeinsam mit Justin Strahl und Corina Globig organisiert, staunt nicht schlecht: „Die meisten von uns sind tatsächlich in der Region geblieben, und einige andere wollen wieder zurück!“ Er selbst arbeitet bei Blectec in Linda. „Seit einiger Zeit bin ich auch bei der Jessener Feuerwehr. Dass sich alles so entwickelt, hätte ich nie für möglich gehalten. Da soll mal einer sagen, bei uns hier gäbe es keine Chancen!“
Die Absolventen danken Steffi Rost und ihren Kolleginnen für die Besichtigung. Anschließend führte ihr Weg zum Friedhof, wo sie das Grab ihrer Lehrerin Karin Massalski besuchten. „Sie gehörte zu den Menschen, die uns viel beigebracht haben“, würdigen ihre Schüler. (mz)
