Jessen Jessen: Friedrich II. trug den Krieg in die Region
JESSEN/MZ. - Dieser Prinz, der als König von Preußen Friedrich II., auch Friedrich der Große oder der "Alte Fritz" genannt wurde, war die wohl schillerndste Persönlichkeit in der Reihe der preußischen Könige, ein Monarch voller Widersprüche.
Er war philosophischer Denker, Schriftsteller, ein begabter Feldherr, nach heutigen Maßstäben Kriegsverbrecher, Baumeister, Großmachtpolitiker, Musiker, Förderer der Kunst und der Wissenschaften, Verwaltungsorganisator, Justizreformer und natürlich "absoluter König". In seiner Persönlichkeit vereinigten sich viele Tugenden und Untugenden, die man heute mit dem Begriff "Preußen" verbindet: Sparsamkeit, Fleiß, Zucht, Ordnung, Militarismus, Menschenverachtung.
Jugend des Prinzen
Die damaligen Bewohner von Jessen werden die Geburt des Prinzen Friedrich und auch die Ereignisse seiner Jugendjahre, z.B. seine versuchte Flucht, kaum zur Kenntnis genommen haben. Man gehörte ja nicht zum Königreich Preußen, sondern zum Kurfürstentum Sachsen. Ihr eigener Landesherr, Kurfürst August der Starke, der auch König von Polen war, sorgte mit seinen zahlreichen Liebschaften sicher für mehr Gesprächsstoff.
Das sollte sich einige Jahre später ändern. 1740 wurde nämlich Friedrich II. König von Preußen. Er begann seine Herrschaft gleich mit einem Krieg gegen Österreich um den Besitz Schlesiens, dem ersten Schlesischen Krieg (1740-1742), dem noch zwei weitere, der zweite Schlesische Krieg (1744-1745) und der Siebenjährige Krieg (1756- 1763), folgten.
Kursachsen befand sich bei diesen Kriegen in einer geographisch ungünstigen Situation, denn es lag zwischen Preußen und Österreich. Um Österreich bekämpfen zu können, mussten die preußischen Truppen durch Sachsen marschieren. Vom ersten Krieg war unser Gebiet noch wenig betroffen, weil sich Preußen und Österreicher vor allem in Schlesien gegenüber standen, aber im zweiten Schlesischen Krieg und besonders im Siebenjährigen Krieg hatte die Bevölkerung Sachsens sehr zu leiden.
Einquartierung in Herzberg
Am 29. August 1756 marschierte Friedrich II. ohne Kriegserklärung in Sachsen ein. Bereits am 30. August wurde in unserer Nachbarstadt Herzberg ein Bataillon Soldaten einquartiert. "Zu seiner Verpflegung waren 600 Pfund Brot, 751 Pfund Fleisch, 300 Kannen Branntwein und 20 Viertel Bier notwendig."(Dieses und das folgende Zitat stammen aus dem Heimatbuch des Kreises Schweinitz, Seite 147 und Seite 208.)
Friedrich II. betrachtete Sachsen als seinen Besitz. Alle Steuern und Einkünfte wurden von ihm für sich erhoben und die Bewohner mit unerträglichen Abgaben, Einquartierungen, Leistungen, Fuhrdiensten, Schanzarbeiten usw. belegt. "In den letzten Kriegsjahren hatte unsere Nachbarstadt Schönewalde an barem Gelde u.a. 3 000 Taler Brandschatzung (als Ersatz für Plünderung und Niederbrennen der Stadt) und 1 500 Taler Schocksteuer zu zahlen." (2) Anderen sächsischen Städten ging es nicht besser. Leider gibt es im Stadtarchiv von Jessen keine Akten mehr aus dieser Zeit.
Die Bewohner Kursachsens und damit auch Jessens hatten also eigentlich wenig Grund, den König ihres Nachbarstaates Preußen besonders zu ehren. Sie bewunderten ihn aber vor allem wegen seiner militärischen Erfolge.