Hotel Schwarzenbach als Notunterkunft für Flüchtlinge Hotel Schwarzenbach als Notunterkunft für Flüchtlinge: Betreiber in Jessen räumt nicht klaglos den Platz

Jessen - Im Fokus des Interesses in Jessen und Umgebung steht zweifelsfrei das Thema Hotel Schwarzenbach und dessen mögliche Umgestaltung in eine Notunterkunft für Flüchtlinge. Wobei, mit Stand Dienstag gab es keine Entscheidung, wie es mit dem Objekt tatsächlich weitergeht. Analog dazu streiten die Hotelmieter Marianne und Bernd Schwarzenbach und der Objekt-Eigentümer, die Wittenberger Firma Klietsch & Meissner.
Nur die Anwälte reden
Beide Parteien sprechen mittlerweile nicht mehr direkt miteinander, sondern nur noch über ihre jeweiligen Anwälte. Und natürlich hat jede Seite ihre eigene Sichtweise auf die Umstände, die jetzt wohl zum Aus des von der Familie Schwarzenbach geleiteten Hotels führen könnten. Der Eigentümer betont allerdings, dass er das Hotel weiterführen wolle und favorisiert nach wie vor diese Variante. Erst wenn sich diese als nicht praktikabel erweisen sollte, könnte der Umbau zu einer Notunterkunft in Betracht kommen. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe der Gedanke Notunterkunft überhaupt keine Rolle gespielt.
Schwarzenbachs indes wollen nicht klaglos ihren Platz räumen. Wenngleich für die Hotelbetreiber feststeht, „dass für uns in Jessen Ende des Jahres alles vorbei ist“. Dies hatten sie im Gespräch mit der MZ betont. Trotzdem wollen sie die aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigte Kündigung nicht einfach so hinnehmen. Sie möchten eine Unterschriftenaktion gegen „die Schließung des Hauses und dessen Umgestaltung zu einem Flüchtlingsheim“ starten und haben sich mit einem offenen Brief an die Mitteldeutsche Zeitung gewandt.
In diesem geht es nicht nur um das Zerwürfnis mit dem Eigentümer, „der uns ohne Angabe von Gründen gekündigt hat“. Auch der Landkreis Wittenberg, dabei vor allem der Landrat, habe aus Sicht von Marianne und Bernd Schwarzenbach „fadenscheinig gehandelt“. Denn: „Wir suchten außerdem das Gespräch mit dem Landrat. Dieser sagte, dass der Landkreis das Objekt nur dann als Flüchtlingsunterkunft mieten würde, wenn Klietsch & Meissner keinen Nachmieter finden oder das Hotel nicht mehr als Hotel betrieben wird“. Aber einen Tag nach diesem Gespräch sei plötzlich ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes angeblich im Auftrag des Landkreises erschienen, „um das Hotel auf Sicherheit zu prüfen, da es bereits auf der Liste möglicher Flüchtlingsunterkünfte steht“.
Keine Besichtigung beauftragt
Die Kreisverwaltung bestreitet das. Es gebe weder ein Sicherheitsunternehmen, das im Auftrag des Landkreises Wittenberg mögliche Flüchtlingsunterkünfte kontrolliere noch existiere eine Liste möglicher Notunterkünfte. Silvio Englisch, Einsatzleiter des Wittenberger Sicherheitsunternehmens Big, lacht, als ihn die MZ am Telefon erreicht und wegen des Sachverhaltes nachfragte. „Unsere Firma ist weder im Auftrag des Landkreises unterwegs noch haben wir eine Liste von Objekten für Flüchtlingsunterkünfte.“ Allerdings, er war in der vergangenen Woche im Hotel Schwarzenbach. „Gerüchte, dass dort ein Flüchtlingsheim entstehen könnte, waren uns zu Ohren gekommen. Daher bin ich spontan hingefahren und wollte nur einmal nachfragen, ob in diesem Fall vielleicht Interesse des Eigentümers an einer Zusammenarbeit mit uns bestehen würde. Gesprochen hatte ich mit Frau Schwarzenbach, und ihr gegenüber habe ich nicht erklärt, dass ich im Auftrag des Landkreises kommen würde.“ Zudem habe Englisch zu diesem Zeitpunkt gar nicht gewusst, dass Familie Schwarzenbach nicht Eigentümer des Objektes ist.
„Wäre mir das vorher bekannt gewesen, hätte ich gar nicht erst das Gespräch gesucht.“
Marianne Schwarzenbach bleibt hingegen bei ihrer Darstellung. „Der Herr war hier, hat mir gegenüber gesagt, dass er im Auftrag des Landkreises komme, um die Gegebenheiten vor Ort zu überprüfen, da unser Hotel auf besagter Objektliste steht.“
Wie sieht die Situation eigentlich Jessens Bürgermeister Michael Jahn (SPD)? Laut offenem Brief von Familie Schwarzenbach habe es ein Gespräch mit dem Stadtoberhaupt gegeben, „in dem er nicht gutgeheißen habe, dass das einzige Vier-Sterne-Hotel in Jessen, das zwölf Mitarbeiter aus der Region beschäftigt und seit vielen Jahren mit Firmen zusammenarbeitet, zu einer Flüchtlingsunterkunft wird“. Jessens Stadtoberhaupt bestätigt das Gespräch mit Familie Schwarzenbach. „Ja, ich bin der Meinung, dass es mir für Schwarzenbachs leid tut, wenn sie Opfer einer Entwicklung werden, die man so vor ein paar Monaten nicht erahnen konnte. Das Hotel ist ein Aushängeschild für die Stadt, was das Thema Beherbergung betrifft.“
Am besten würde es Jahn finden, wenn es doch noch zu einer Einigung mit dem Eigentümer kommen würde oder dieser zumindest den Hotelbetrieb fortsetzte.
Bedenken wegen der Folgen
Michael Jahn hätte wegen der möglichen Folgen durchaus Bedenken, wenn mitten in der Stadt eine Notunterkunft errichtet würde. „Der Standort ist meiner Meinung nach vollkommen ungünstig. Das Haus selbst ließe sich sicher umrüsten, aber die Lage. Ich favorisiere für Jessen nach wie vor Holzdorf-Ost.“ Aber Jahn geht davon aus, das die Entscheidungsträger mit Fingerspitzengefühl agieren. „Landrat und Landkreis machen eine sehr ordentliche Arbeit. Wir stehen im ständigen Kontakt. Ich habe heute persönlich auch noch mal nachgefragt, ob es zum Hotel eine Entscheidung gibt. Bislang nicht.“