Heimatgeschichte Heimatgeschichte: "Eine verzögerte Badefahrt" wird von Sekundarschülern neu verfilmt

Jessen - Mit der Veranstaltung wurde ein Versprechen eingelöst. Thomas Felber, Leiter der Sekundarschule Jessen-Nord, erinnert daran. Denn nach der Aufführung des lange verschollen geglaubten Films „Eine verzögerte Badefahrt“ zum Jessener Schul- und Heimatfest im vergangenen August war immer wieder der Wunsch geäußert worden, den Film noch einmal öffentlich zu zeigen.
Der Schwarz-Weiß-Streifen, gedreht 1964, ist inzwischen zu einem Dokument engagierter heimatgeschichtlicher Forschungen mehrerer Generationen geworden. Entscheidende Arbeit wurde dabei in der Sekundarschule geleistet.
Der Medienkurs kümmerte sich um die Neuvertonung des Streifens. Das war erforderlich, da zwar der alte Film gefunden werden konnte, das Tonband mit den Dialogen und Geräuschen allerdings nicht. Worüber haben sich die beiden Mädchen in dem Film unterhalten?
Der Film „Eine verzögerte Badefahrt“ beschäftigt Heimatgeschichtsinteressierte in Jessen bereits seit 2013, erinnerte Dennis Weiner. Er umriss kurz den Werdegang: Hans-Judis, einstiger Mitarbeiter der SED-Kreisleitung, wusste von dem Film und suchte nach ihm, der Annaburger Klaus Nehring hatte die Filmrollen aufbewahrt. Da eine Übergabe an das „Haus der Geschichte“ in Wittenberg nicht zustande kam, hatte Bärbel Köhlerschmidt die Idee, bei Dennis Weiner nachzufragen. „Daraus kann etwas Interessantes werden“, so dessen Standpunkt. Und so wurde im Laufe der Jahre, mit mehreren Pausen, die Projektidee mit großer Unterstützung der Sekundarschule, von Sponsoren und mit Fördergeldern verwirklicht. Wesentlichen Anteil daran hat auch der einstige Kameramann Ulrich Illing, der sich um das Digitalisieren der alten 16-Millimeter-Filme kümmerte. Versuche in Jessen, das selbst in die Hand zu nehmen, waren abgebrochen worden. Denn Schäden am Film sollten möglichst vermieden werden, informierte Dennis Weiner über eine spannende Phase bei diesem Vorhaben. Technisch standen den Schülern und Lehrerin Irina-Kirsten Springel Alexander Helbing und Hilmar Prüß vom Trickfilmmobil Halle bei. Er bewundere, was die Schüler geleistet haben, lobte Schulleiter Thomas Felber.
Die Schüler forschten nach, fragten Ältere und versahen den „Stummfilm“ mit Erläuterungen und Dialogen. Für alle Beteiligten kam es dabei mehrfach zu bewegenden Momenten. Letztlich, so Projektinitiator Dennis Weiner, kam etwas heraus, was sich sehen lassen kann, sagte er zu den rund 50 Interessierten, die sich am Montagabend im Saal des Jessener „Schützenhauses“ eingefunden hatten.
Mit vielen Bildern bereichert
Anspruch an diesem Abend war es, nicht allein die Veranstaltung vom August 2016 zu wiederholen, sondern mit zusätzlichen Informationen und vor allen Dingen Bildern anzureichen. So erlebten die an Heimatgeschichte interessierten Zuschauer einen Abend in drei Kapiteln.
Vor der Wiederaufführung des Films „Die verzögerte Badefahrt“ mit Aussagen zur Entwicklung Jessens gab es eine beeindruckende Foto-Präsentation von Dennis Weiner zu Veränderungen in der Elsterstadt. Alte und neue Aufnahmen folgten im Wechsel und zeigten, welcher Wandel sich in vergangenen Jahrzehnten in der Elsterstadt vollzogen hat, etwa auf dem Markt, auf dem Areal der einstigen Kaserne der sowjetischen Streitkräfte, am Schwanenteich, am Kreis-Kulturhaus, an der heutigen Bundesstraße, im Neubaugebiet in Nord.
Immer mal wieder ging ein Raunen durch den Saal, als Ausdruck der gravierenden Veränderungen. Oder Gemurmel an den Tischen erfüllte den Raum, wenn sich Betrachter nicht sicher waren, wo die Aufnahmen entstanden sein könnten.
Jessen sei im Wandel, stellte Dennis Weiner fest, der sich über die Reaktionen des Publikums freute. Es sei doch gut, wenn sich in der Stadt ständig etwas verändere. Einige der neueren Bilder seien inzwischen auch schon wieder überholt.
Nach der Filmaufführung war nicht weniger Spannendes auf der Leinwand zu sehen. Denn gezeigt wurden Aufnahmen des einstigen Jessener Filmzirkels, die sich neben „Eine verzögerte Badefahrt“ in dem Karton mit den 16-Millimeter-Streifen fanden und inzwischen digitalisiert wurden.
Da wurde deutlich, dass ein einzigartiger Fundus zur Verfügung steht, aus dem viele Informationen über Ereignisse im Besonderen und die Lebensumstände im Allgemeinen gezogen werden können.
Zu sehen waren Filmaufnahmen von der MTS Gerbisbach, von der Elbfähre Elster, von Mähdreschern mit wehenden Fahnen, aus Schweinitz vom Amtshaus, von der Einschulung, vom Stadtbad am Schweinitzer Fließ und aus dem dortigen Feierabendheim, von der Eröffnung der Gaststätte „Leninplatz“ am Jessener Markt, aus der Kinderkrippe in Elster und von einem Bauernmarkt mit reichlich lebenden Tieren. Aufgenommen wurden die Szenen in den Jahren 1962 bis 1964.
Peter mag kein Einmaleins
In jener Zeit wurden in Jessen offensichtlich wiederholt Filmkameras in Position gebracht. Denn am Montagabend konnte noch mit einer Überraschung aufgewartet werden. Für den 12. März, ein Sonntag, kündigten Thomas Felber und Dennis Weiner die Vorführung eines Films an, in dem Jessen ebenfalls zu sehen ist.
Allerdings kein Dokumentarstreifen ist das, sondern ein Kinderfilm der DEFA - „Peter und das Einmaleins mit der Sieben“ mit der weithin bekannten Schauspielerin Helga Göring als Mutter.
Gedreht wurde der Film 1962, mehrere Szenen spielen in Jessen. Erzählt wird die Geschichte von Peter (Helge Dutz), der keine Lust hat, in der Schule das Einmaleins zu lernen und dadurch in peinliche Situationen gerät.
Das Projekt „Badefahrt“ ist für Jessener Sekundarschüler übrigens noch nicht abgeschlossen. Sie arbeiten an einer Neuverfilmung. Aufnahmen dafür sind erfolgt. Gezeigt werden soll der Film im August, zum Schul- und Heimatfest. Der Mittwoch der Festwoche wäre für dieses Vorhaben doch günstig, meinte Thomas Felber. (mz)