Halbzeit bei den Zuckerrüben
Brottewitz/Axien/MZ/ksw. - Dem gehören aus dem Altkreis Jessen Zuckerrüben anbauende Landwirtschaftsbetriebe in der Elbaue sowie im Bereich Heideck an.
Gerhard Böhme, Vorsitzender des Landguts "Elbeland" Axien, ist seit drei Jahren ihr als Vertrauensperson gewählter Vertreter im Verband der Sächsisch-Thüringischen Zuckerrübenanbauer. Er vertritt außerdem weitere Zuckerrübenanbauer im Raum Luckau, Herzberg und Mühlberg. Sie alle gehören zum Agenturbereich der Agrodienst e.G. Jessen, die seit Jahren den Transport der Rüben von den Erzeugern zur Zuckerfabrik abwickelt.
6 000 Tonnen täglich
Vertrauenspersonen und Vorstandsmitglieder des Verbandes trafen sich am Dienstag zu einer turnusmäßigen Zusammenkunft der Hofkommission in der Zuckerfabrik Brottewitz, Landkreis Elbe-Elster. Anwesend waren auch Vertreter der Südzucker AG Mannheim / Ochsenfurt, zu der im sächsisch-thüringischen Verbandsbereich neben Brottewitz auch die Zuckerfabrik in Zeitz sowie weitere neun Standorte in Deutschland gehören. Konzernweit werden bei Südzucker in der EU 440 000 Hektar Zuckerrüben angebaut, davon 160 000 Hektar in Deutschland und 35 000 Hektar in den neuen Bundesländern. Mehrheitsanteiler an der Aktiengesellschaft sind die Rübenanbauer. Die Zuckerfabrik Brottewitz verarbeitet Rüben von knapp 11 000 Hektar. 720 000 Tonnen werden erwartet, 6 000 Tonnen täglich verarbeitet, dieser Tage ist Halbzeit. Der durchschnittliche Zuckergehalt liegt bei 18 bis 18,5 Prozent.
Die diesjährige Kampagne begann am 15. September, dauert 112 Tage und endet am 4. Januar 2008, sagte Werner Stohr, Rübeninspektor in Brottewitz, bei der Hofkonferenz. Am Rande bemerkte er schmunzelnd, dass die bisher größte in diesem Jahr in Brottewitz entdeckte Rübe neun Kilogramm wog. Daraus lassen sich rund 1,5 Kilogramm Rohzucker gewinnen. Nach der Verarbeitung der Rohrüben wird die Zuckerfabrik jedoch nicht stillgelegt. Dann beginnt die so genannte Dicksaftkampagne, bei der Kristallzucker aus der Flüssigkeit gewonnen wird. Dr. Georg Vierling, Leiter der Südzucker-Gebietsdirektion in Grana, nannte weitere Zahlen. Unter anderem liege Deutschland mit einem Zuckerertrag von 12,6 Tonnen pro Hektar auf Platz zwei hinter dem führenden Produzenten Frankreich (12,7 Tonnen). Schlusslicht im Konzernbereich ist Moldawien mit vier Tonnen je Hektar.
Ziemlich anstrengend
Angesichts des äußerst hohen Ertrages sprach Philipp Schlüter, Werkleiter von Brottewitz und Zeitz, von einer ziemlich anstrengenden Kampagne, bei der bis zum letzten Tag alles wie am Schnürchen klappen muss. Drei technisch bedingte Ausfälle an Anlagenteilen gab es bisher, die aber schnell behoben werden konnten. Eine hohe Priorität hat in den Verarbeitungswerken der Arbeitsschutz. Bisher gab es keine produktionsbedingten Unfälle. In rund zehn Tagen ist das Etappenziel "1 000 Tage unfallfrei" erreicht. Darüber informiert täglich eine Schautafel.
Dass die diesjährige Rübenernte so gut ausfallen würde, hatte niemand wirklich erwartet. Sechs Wochen ohne Niederschlag im April und Mai ließen alle Hoffnungen schwinden. Dann aber ging es beinahe lehrbuchmäßig weiter. Immer, wenn die Pflanzen dringend Feuchtigkeit brauchten, regnete es ab 7. Mai meist sehr ergiebig. Unverkennbar ist dabei ein West-Ost-Gefälle. Die Messstation Erfurt verzeichnete bis September 673 Millimeter Niederschlag, Leipzig 568 und im Raum Görlitz waren es nur noch 476 Millimeter.
Der Konferenz schloss sich eine Hofbesichtigung an. Im Mittelpunkt des Interesses stand dabei die Annahmestation, wird doch hier sofort nach Anlieferung, die ausschließlich per Lkw erfolgt, über den finanziellen Erlös entschieden. Mit einem "Stecher" wird von der Ladefläche eine etwa 40 Kilogramm schwere Probe nach dem Zufallsprinzip entnommen. Unmittelbar festgestellt wird nach der Wäsche der Schmutzanteil und von der Ladungstonnage abgezogen. Der Zuckergehalt wird im Labor in Zeitz ermittelt, ebenso der Anteil schädlicher Stoffe wie Kalium, Natrium oder Aminostickstoff. Die Werte werden protokolliert. Dass alles ordnungsgemäß abläuft, darüber wacht vor allem der Rübeninspektor.
Ein weiteres Thema in der Hofkommission war die Quotenrückgabe im Rahmen der neuen Zuckermarktordnung. EU-weit beteiligen sich die meisten Zuckerunternehmen und Rübenanbauer an dem freiwilligen Rückgabeprogramm aus Brüssel mit dem Ziel, die angespannte Lage am Zuckermarkt zu verbessern.
Künftig weniger
Den Landwirten ist das bekannt, Einbußen sind vorprogrammiert, die anderweitig im Rahmen der engen Bandagen, denen die Landwirtschaft unterliegt, kompensiert werden müssen. Gerhard Böhme nimmt es relativ gelassen hin. Im Landgut "Elbeland" Axien werden Zuckerrüben nur auf drei Prozent der Gesamtfläche angebaut. Im nächsten Jahr werden Rüben statt auf bisher 70 nur noch auf 52 Hektar Fläche wachsen. "Wir machen trotzdem weiter, so, wie in all den Jahren zuvor schon", sagte er. Obwohl, "der Anbau von Zuckerrüben wird immer unattraktiver".
In der Elbaue und dem Bereich Heideck sind fast alle Zuckerrüben aus dem Boden. Sie liegen jetzt an den Feldrändern auf Halde. Denn die Anlieferung nach Brottewitz erfolgt nach einem strengen Zeitplan, die täglichen Mengen sind limitiert. Die Axiener Rüben sind erst ab 10. Dezember dran. Bis dahin müssen sie angesichts von Frostgefahr mit Vliesbahnen abgedeckt werden. Sollten die Temperaturen stark sinken, wird zusätzlich noch Stroh darüber gedeckt. Auch Gerhard Böhme stellte fest, dass er sich an so eine Rübenernte wie in diesem Jahr nicht erinnern kann. Auf 60 Tonnen pro Hektar schätzt er den Ertrag, den Erdeanteil schon abgezogen.