Geflügelzucht in Lebien Geflügelzucht in Lebien: Glücklich mit Federvieh

Lebien/Gerbisbach/MZ - Es gibt wohl kaum einen Preis, den Stephan Haftendorn als Rassegeflügelzüchter noch nicht erhalten hat: sieben Europameistertitel – davon im Vorjahr allein drei, außerdem 14 Deutsche-Meister-Titel und viele hundert Pokale und Urkunden. Doch nicht genug damit: Der 47-Jährige agiert sogar als nationaler und internationaler Preisrichter, arbeitet im Tier- und Artenschutzbeirat mit und ist beim Landesverband Sachsen-Anhalt als Zuchtwart eingetragen.
„Ich kenne Tauben schon so lange ich denken kann.“
Haftendorns Grundstück in Lebien ist ein Paradies für edles Federvieh, was übrigens auch den Nachbarn gefällt. Aber nicht nur das Familienoberhaupt fühlt sich zwischen den etwa 300 Tauben und 40 Hühnern wohl. Auch Ehefrau Ute und Sohn Eric (neun) widmen sich der Zucht. Schwiegervater Klaus-Dieter Lettner aus Gerbisbach hat sich ebenso davon anstecken lassen.
„Ich kenne Tauben schon so lange ich denken kann“, erzählt Stephan Haftendorn. Seine Erinnerungen gehen dabei zurück in die Thüringer Berge, wo er nahe Weimar aufgewachsen ist. Wer ihn suchte, fand den Jungen nicht weit entfernt vom Taubenschlag seines Großvaters Walter Schuchart. In den 1970er Jahren hat er dessen Zucht komplett übernommen und war damals schon unter Gleichgesinnten „bekannt, wie ein bunter Hund“. „Es gibt nirgends so viele Taubenzüchter wie in Thüringen und Bayern“, frohlockt er.
Dennoch „flog“ er selbst aus, nach Lebien in Sachsen-Anhalt. Ein bezauberndes „Täubchen“ ohne Gefieder, eine Landwirtschafts-Studentin, hatte ihn unter ihre „Fittiche“ genommen. Allerdings packte der junge Mann als „Mitgift“ viele Kisten ein, aus denen es ohne Unterlass gurrte. „Ohne Tauben hätte mich meine Ute nicht gekriegt“, bekundet er – und blinzelt ihr zu, worauf sie keck entgegnet: „Ohne Tauben bist Du auch gar kein Mensch“. Weil die Ehefrau jedoch selbst auf einem Hühnerhof aufgewachsen ist, ließ sie sich nur zu gern von der geflügelten Leidenschaft anstecken und züchtet längst eigene Tauben.
Junge wäre beinahe im Taubenschlag zur Welt gekommen
So ist es nicht verwunderlich, dass auch Tochter Jana (23) und Sohn Eric beizeiten lernten, in welchen Eigenarten sich beispielsweise die Altenburger Trommeltauben und die Thüringer Einfarbigen unterscheiden. Jana studiert gegenwärtig Wirtschaft und Logistik, und Eric gilt im Annaburger Rassegeflügelzuchtverein, dem die Familie angehört, schon als Nachwuchszüchter. Das verwundert niemanden: Der Junge wäre beinahe im Taubenschlag zur Welt gekommen. „Ich bin noch mit dickem Bauch die Leiter hochgestiegen, um meinem Mann zu helfen. Plötzlich fingen die Wehen an, und wir haben es gerade noch bis zum Krankenhaus geschafft“, erzählt Mutter Ute.
„Die Tiere zu betrachten, sie zu umsorgen und zu verfolgen, wie sie sich entwickeln – das ist ein sehr entspannter Ausgleich für meinen Beruf“, bemerkt Stephan. Er arbeitet bei einem großen Fahrzeughersteller nahe Leipzig im Schichtdienst. „Es gibt nichts, was besser gegen Stress wirkt, als dem tiefen Gurren der Tauben zu lauschen“, weiß er. So kommt es mitunter vor, dass der Mann dort in Morpheus Arme gleitet. „Meine Frau hatte schon mal befürchtet, dass ich da oben eine Herzattacke bekommen habe, weil ich nicht auf Zurufe reagierte. Dabei habe ich nur wunderschön geschlummert“, verrät der Züchter. Selbst beim Reinigen der Volieren und der Hühner-Ausläufe, beim Putzen, Füttern und Impfen der Tiere könne er wunderbar relaxen: „Allein für die Tauben werden pro Tag zehn Kilogramm Futter gebraucht: „Ich mische alles selbst, damit ich weiß, dass die Tiere gut mit Nährstoffen versorgt sind.“ Er macht kein Hehl daraus: Einige der Tauben und Hühner landen auch im Suppentopf.
Auch als Experte für Marderkaninchen bekannt
Das rassige Federvieh ist zwar seine große Leidenschaft. Doch in Annaburg ist der Wahl-Lebiener auch als Kaninchenzüchter bekannt. Insbesondere für Marderkaninchen gilt er als Experte.
„In Zeiten, da sich Lebensmittelskandale um Eier, Fleisch und Futtermittel abwechseln, wird es zunehmend wichtiger, dass sich viel mehr Menschen mit der artgerechten Haltung von Tieren beschäftigen. Wir organisierten Züchter tun das, was aber hierzulande noch nicht so anerkannt wird. In Spanien beispielsweise wird die Rassegeflügelzucht als Kulturgut vom Staat gefördert. Es wäre wünschenswert, wenn dies auch bei uns mehr in den Vordergrund rücken würde.“
Am Wochenende werden Haftendorns und Opa Lettner mehr als 40 ihrer besten Tiere auf der Ausstellung in Annaburg präsentieren.
