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Geben kann auch, wer nicht viel hat

Von Detlef Mayer 04.06.2008, 16:16

Zemnick/MZ. - Aber geben könne auch, wer nicht viel hat, stellte Friedhelm Röse beim jüngsten Hausfest der Heporö gGmbH in Zemnick fest.

Gerade das sei wahres Teilen. Dabei denke er gar nicht sosehr an materielle Dinge, erläuterte der Geschäftsführer seine Intuition. Vielmehr meine er ein Geben und Nehmen, aus dem etwas Kostbares hervorgeht, im Fall der Heporö-Gemeinschaft die Abstinenz der alkoholkranken Menschen. "Bedingung ist, sich Zeit füreinander zu nehmen. Heute haben wir Zeit, miteinander zu sprechen, zu feiern, uns zu vergnügen." Das Zurückliegende dürfe man nicht vergessen, aber dennoch heiße es, vorwärts zu gehen in eine neue Zeit, mit Freude im Herzen und Zuversicht.

Das Übergangswohnheim für Suchtkranke in Zemnick war wieder einmal Treffpunkt für ehemalige und derzeitige Bewohner (auch vom Meltendorfer Rösenhof), Einwohner von Zemnick, Beschäftigte der Heporö-Einrichtungen und Gäste aus nah und fern. Die weiteste Anreise hatte übrigens Doris Bader. Einst Ergotherapeutin in Zemnick, kam sie jetzt aus München eigens zu dem Jahrestreffen. Dafür wurde sie von Friedhelm Röse mit Blumen bedacht.

Ebenfalls einen blühenden Strauß bekam Martina Konrad, die just Geburtstag hatte. Sie habe mit ihrem Mann ein neues Zuhause in Wittenberg gefunden, sagte der Heporö-Chef. Er freue sich immer, wenn er Frau Konrad zufällig treffe, sie sei trocken in ein neues Leben aufgebrochen (vor zehn Jahren hatte sie einen Platz im Zemnicker Heim). Das reflektierend, bekräftigte er: "Trotz aller Probleme auf dem Weg in die Abstinenz darf dieser Weg nicht aufgegeben werden." Friedhelm Röse schob ein Zitat Friedrich von Bodelschwinghs nach, in dem dieser mit Hochachtung von einem trockenen Alkoholiker als einem Helden, einem Menschen erster Klasse spricht. Und Röse hatte zudem eine Musik des Tages parat: Peter Alexanders "Hier ist ein Mensch" wurde eingespielt. Der Redner bemerkte dazu: "Öffne die Tür, dein Herz - nehmen wir einfach an, Peter Alexander hat das damals für uns aufgenommen."

Bevor dann der traditionelle Hausfestbaum gepflanzt wurde, Besucher die zahlreichen Spiele-Stationen ansteuerten und die Gulaschkanone, die mit deftigem Essen lockte, oder zu einer Haus- und Stallbesichtigung aufbrachen, sorgte die Heporö-Theatergruppe im großen Zelt im Garten für äußerst kurzweilige Unterhaltung. Diesmal hatten die Akteure um "Regisseur" Wilfried Poßner ein Programm mit Gereimtem von Heinz Erhardt vorbereitet. "Heinz Erhardt wäre in diesem Jahr 99 geworden", führte der Dozent für Kommunikation in den Darbietungsreigen ein. "Seine stärke war das Spiel mit dem Wort. Wir haben heute einige seiner unvergessenen Gedichte ausgewählt, um damit ein bisschen zu spielen, denn nachmachen kann man ihn nicht."

Dann wurde das Zwerchfell des Publikums mit Versen "traktiert", gleich zu Beginn unter dem Thema Jahreszeiten. Zum Sommeranfang bemerkte Heinz Erhardt einst: "Der Tag nimmt zu, die Oma auch." Worauf er den Winteranfang folgen ließ, mit den Worten: "Der Tag nimmt ab, die Oma nicht." Heiterkeit bescherten auch Erhardts Abwandlungen von Klassiker-Vorlagen - zum Beispiel "König Erl" mit dem finalen Satz: "Der Knabe lebt, das Pferd ist tot." Oder seine Mittelalter-Balladen wie die vom Ritter Fips, der von der Brüstung stürzte: "Er verlor sein Leben, an dem er so sehr hing, der Blechschaden war nur gering."