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Ex-König am Marterpfahl

Von H.-Dieter Kunze 23.06.2008, 15:15

Seyda/MZ. - Nach dem Programm in der Kirche am Donnerstag und dem Familiennachmittag am Freitag (die MZ berichtete jeweils) begann am Abend die "heiße Phase" der tollen Tage in dem Flämingort. Mit dem Seydaer Spielmannszug vorneweg zogen allerdings nur relativ wenige im Umzug mit. Der endete auf dem Festplatz am Schützenhaus. Dort hatte die Schaustellerfamilie Sperlich ihren Vergnügungspark aufgebaut. Traditionell entzündeten die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Seyda ein Lagerfeuer.

Die Mitglieder der Schützengilde Seyda 1589 e.V. ließen sich kurzzeitig auch blicken, zogen sich dann jedoch noch einmal zu einer gründlichen Auswertung ins nahe gelegene Vereinsheim zurück. Im Mittelpunkt stand dabei der frisch gekürte Schützenkönig. Er heißt Erich Letz und kommt aus Lüttchenseyda. In der bereits vor einer Woche ausgetragenen Qualifikationsrunde war er mit neun weiteren Gildemitgliedern unter die besten Zehn gekommen. Beim alles entscheidenden Schuss am Freitag landete sein Treffer dem Ziel auf der Ehrenscheibe am nächsten.

Die Scheibe ist ein Unikat, Schützenschwester Karolin Dehne hatte sie auf einem Holzteller künstlerisch gestaltet. Erich Letz löst den bisher residierenden König Fred Schob aus Seyda ab. Wie er wird auch sein Nachfolger nicht um eine zünftige Krönungsfeier in Lüttchenseyda umhinkommen. Erster Ritter im neuen Hofstaat wurde Gerd Hintersdorf, zweiter Torsten Letz aus Lüttchenseyda, und dritter Ritter darf sich Edelhard Hilse aus Naundorf nennen. Karolin Dehne kann nicht nur gut malen, die 16-jährige Schülerin hat auch eine ruhige Hand und ein zielsicheres Auge bewiesen. So wurde sie unter fünf Mitbewerbern Jugendschützenkönigin, gefolgt von den Rittern Erik Käßner und Cindy Huth, alle drei sind aus Seyda.

Während auf der Wiese im Park das Bandfestival seinen Lauf nahm, sorgte im Saal vom Schützenhaus die Diskothek "Schall und Rauch" für Stimmung.

Mit etwas Verspätung gab es zu vorgerückter Stunde eine Programmeinlage der besonderen Art - die tanzenden Hirsche aus Seyda zogen ein. Sechs Mann, die zunächst als Bettelmönche verkleidet würdevoll bei mystischen Klängen der Henry-Maske-Hymne "Conquest of Paradise" einzogen. Die frommen Brüder entpuppten sich jedoch nach dem Gebet als schlimme Gesellen, sprich wilde Cowboys. "Komm hol das Lasso raus" ließen sie sich nicht zweimal sagen, schwangen es und wirbelten auf wilden, hölzernen Mustangs durch den Saal.

Keinerlei Achtung zeigten sie vor einer Majestät im Ruhestand. Ausgerechnet der arme Ex-Schützenkönig Fred Schob musste dran glauben und wurde an den Marterpfahl gefesselt. Das Publikum tobte, Fred Schob wurde schließlich unversehrt wieder freigelassen. Diese Einlage hatte den Gästen so gut gefallen, dass die Mönchs-Cowboys ihren Auftritt komplett wiederholen mussten.

Der Samstag begann mit dem traditionellen Wecken. Der Seydaer Spielmannszug erledigte diese Aufgabe wie immer mit Bravour. Auch noch einmal am Sonntag, da jedoch etwas später. Zum Frühschoppen waren jedenfalls alle pünktlich erschienen.

Höhepunkt des 119. Schul- und Heimatfestes war zweifelsfrei der Umzug mit Start an der Schule. Durch die Triftstraße über den Markt und die Jüterboger Straße ging es zum Tierpark. Es war ein farbenfroher und fröhlicher Zug, der sich durch den Ort bewegte. Eingebracht in die Gestaltung hatten sich die Seydaer Vereine, für die entsprechende Marschmusik sorgten abwechselnd die Musiker vom Seydaer und vom Jessener Spielmannszug.

Zu sehen waren unter anderem die kleinen und großen Mitglieder der Trachtengruppe, die Sportler des SV Rot-Weiß - wobei die Frauen der Gymnastikgruppe als Chearleader ihre roten und weißen Federbüschel schwenkten. Die Schüler der Grundschule nahmen soviel Trubel relativ gelassen hin, aufgeregter waren da schon die Kinder aus der Tagesstätte "Spatzennest". Einige durften sogar im Tanklöschfahrzeug mitfahren und waren natürlich mächtig stolz. Die Angler hatten ihre Plätze am Wasser extra für eine Teilnahme am Festzug eingetauscht. Auch die Mitglieder der Schützengilde 1589 Seyda waren dabei. Im Zug verhielten sie sich äußerst ruhig, waren aber kurz darauf beim Salut-Schießen am Festplatz nicht zu überhören.

Im Karree nahmen alle Teilnehmer schließlich im Tierpark Aufstellung. Bürgermeister Dietmar Brettschneider, der im Festzug an der Spitze marschierte, würdigte das Engagement des Stadtteilbeirates bei der Vorbereitung des Schul- und Heimatfestes. Zum guten Miteinander im Jessener Stadtteil Seyda trage auch die aktive Tätigkeit der verschiedensten Vereine bei. Eines habe ihn besonders beeindruckt, die Spendenbereitschaft der Bürger im Vorfeld zur Mitfinanzierung des Festes.

Es folgte ein buntes Programm. Die "Spatzennest"-Kinder luden noch einmal zur Vogelhochzeit ein. Mit dem Programm hatten sie schon bei der Feier zum zehnten Jahrestag der Namensgebung begeistert (die MZ berichtete). Schön anzuschauen auch das anschließende Bild der Trachtengruppe. Die Frauen sowie die Mädchen und Jungen der Kindertanzgruppe hatten keine Probleme, ihre Tänze statt auf dem Parkett auf dem Rasen aufzuführen. In den strahlenden Sommerhimmel stieg schließlich ein großer Schwarm Tauben auf.

Beim Tanz wurde geschwoft bis in den Sonntagmorgen. Es spielte die Band "Sunshine Team". Für Unterhaltung beim sonntäglichen Frühschoppen sorgten die "Lustigen Seydaer Blasmusikanten". Zu gleicher Zeit zelebrierte Pfarrer Thomas Meinhof in der Kirche den traditionellen Gottesdienst. Am Nachmittag wurden die besten Schützen und Kegler ermittelt, bis das 119. Schul- und Heimatfest dann in den Abendstunden ausklang.