Es gibt Legenden, die sterben einfach nie
Kurzlipsdorf/Schadewalde/MZ. - Die Traktorlegende mit vier gleich großen Rädern wurde nach englischer Lizenz in den sechziger Jahren im Dutra-Werk in der ungarischen Hauptstadt Budapest produziert. Der monströse und rund zwölf Tonnen schwere Traktor kam nur in geringen Stückzahlen in der DDR-Landwirtschaft zum Einsatz. Es gab zwei nicht unbedingt üppige Motorisierungsvarianten, die aber trotzdem dank der großen Räder zum Durchziehen besonders auf schweren Böden reichten. Einen Vierzylinder mit 60 PS und einen Sechszylinder mit acht Litern Hubraum und 90 PS. Die Motoren stammten ebenfalls aus ungarischer Produktion und wurden hauptsächlich in Ikarus-Bussen verwendet.
Der Traum fast jedes Traktoristen war es damals, einmal solch einen allradgetriebenen Koloss steuern zu dürfen. Auch im ehemaligen Kreis Jessen waren D 4K im Einsatz. Abgelöst wurde der ungarische Schlepper später vom noch größeren "Bruder" K 700 aus sowjetischer Produktion. Einige davon sind noch heute im Einsatz, beispielsweise bei Seydaland.
"Die Idee, solch ein Teil zu holen, kam eigentlich von meinem Vater Frank. Er ist gelernter Schlosser", erklärt Roland Niendorf. "Ein Jahr lang haben wir nach einem D 4K gesucht und waren fast am Verzweifeln." Nach Annoncen und unzähligen Telefonaten klappte es endlich. Die Niendorfs wurden im sachsen-anhaltischen Merseburg fündig und holten sich dort schleunigst die Rarität ab. Dann begann die Hauptarbeit. "Ich musste viel improvisieren, oftmals halfen nur Schweißbrenner oder Vorschlaghammer", erzählt lachend der Traktor-Fanatiker. Ersatzteile sind rar, aber man kann sich ja Ersatzlösungen einfallen lassen.
In einem schmucken Stahlblau, fast so wie das Original, startete der D 4K mit einem Anhänger im Schlepp zu seiner ersten öffentlichen Ausfahrt im Umzug zum Erntefest in Seehausen (die MZ berichtete). Der "ungarische Gigant" mit der "unendlich langen Schnauze" ist nicht das einzige Fahrzeug in der Sammlung der Niendorfs aus Kurzlipsdorf. Da gibt es noch einen Traktor ZT 303 mit zusätzlich angetriebenem Frontfahrwerk, vor etwa einem Vierteljahrhundert produziert im VEB Traktorenwerk Schönebeck und ebenfalls wieder originalgetreu hergerichtet. Und da Roland Niendorf familiär noch ungebunden ist, werkelt er gegenwärtig an einem Lkw vom Typ Hanomag SS 20, Baujahr 1939. Eine Menge Arbeit also, damit es zum Feierabend nicht langweilig wird. Der SS 20 - nicht zu verwechseln mit der russischen Rakete aus der Zeit des Kalten Krieges - soll aber längst nicht das letzte Sammelstück sein. "Ich suche weiter nach alten Lkw und Traktoren. Aber da ranzukommen, das wird immer schwieriger", bedauert Roland Niendorf.
Gut kann sich Hartwig Schüler aus Schadewalde bei Seyda noch an seine Zeit als Traktorist bei der LPG Vereinte Kraft, später Karl Marx, in Seyda erinnern. Von 1967 bis 1971 steuerte er in der Abteilung Technik ein schweres ungarisches Zugpferd mit Landmaschinen im Schlepp über die Felder, pflügte und bearbeitete die Böden. Der D 4K war überhaupt nicht mit heutigen modernen Traktoren zu vergleichen. Klimatisierte Kabine, luftgefederter Fahrersitz oder Servolenkung - damals alles Fehlanzeige. "Der Traktor war ein elender Stauker. Nach der Schicht sah ich aus wie ein Schwein, alles voller Staub, der ins Fahrerhaus wehte. Das Ding zu lenken, war reine Knochenarbeit. Nach fünf Jahren ging ich zum Arzt, weil die Gelenke immer mehr schmerzten und ich Probleme mit der Wirbelsäule bekam. Sofort absteigen, riet mir der Doktor. Ich tat es und wechselte in einen Stall bei der Tierproduktion. Danach ging es wieder", erinnert sich Hartwig Schüler.