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Eisenbahnbrücke "Blaue Wunder" Eisenbahnbrücke "Blaue Wunder": Präzision mit Backofenspray

Von Klaus Adam 28.10.2013, 20:07
„Alles, was rot ist“, sind Einrichtungen der holländischen Spezialfirma, die den Transport bewerkstelligt.
„Alles, was rot ist“, sind Einrichtungen der holländischen Spezialfirma, die den Transport bewerkstelligt. Thomas Christel Lizenz

Premsendorf/MZ - Und sie bewegt sich doch. Trotz fast 700 Tonnen Gewichts, trotz ihrer 112 Meter Länge und 8,20 Meter Breite. Zentimeter für Zentimeter ziehen die beiden hydraulischen Zylinder, die dafür mit 40 Tonnen Zugkraft vergleichsweise wenig Anstrengung aufbieten müssen, die neue Eisenbahnbrücke an jeweils drei Stahllitzen auf jeder Seite über die Schwarze Elster bei Premsendorf. Gestern Nachmittag ist das technische Meisterwerk fast gelungen. Hat das in den vergangenen reichlich vier Monaten 300 Meter neben dem Flusslauf zusammengeschweißte neue „Blaue Wunder“ das gegenüberliegende Widerlager fast erreicht. Nur wenige Meter fehlen vor Einbruch der Dunkelheit.

Bauleiter Marcel Wolter vom Leipziger Unternehmen Industriemontagen (imo) beobachtet die Arbeit des niederländischen Spezialunternehmens ohne große Emotion, wie er gesteht. Für den erfahrenen Metallbauer ist das Routine. An Ingenieuren mangelt es nicht auf der Baustelle in diesen Tagen seit Freitag. Der Gesamtverantwortliche des Vorhabens, Torsten Generlich vom DB-Projektbau ist genauso vor Ort, wie ein Beobachter des Eisenbahn-Bundesamtes und viele mehr.

Bis zum ersten Widerlager, auf dem die Brücke nun künftig ruhen wird, wurde sie von zwei Lafetten-Komplexen mit zahlreichen in jede Richtung lenkbaren Rädern gefahren. Sobald sie auf dem ersten Gleitlager lag, wurde die Brücke erneut hydraulisch angehoben und die erste Lafette darunter hervorgeholt. Jetzt reicht noch eine „Räderbatterie“ am Ende der Brücke aus, dem Bauwerk auf seinem Weg zum gegenüberliegenden Ufer die richtige Ausrichtung zu geben. Auf Teflonplatten rutscht die schwere Metallkonstruktion voran. Als Schmiermittel dient handelsüblicher Backofenreiniger, erzählt Marcel Wolter mit einem Schmunzeln.

Die erste Eisenbahnbrücke, berichtet der Premsendorfer Friedhelm Schlunk, sei im Jahr 1904 errichtet worden - ebenfalls eine Rundbogenbrücke. Die war jedoch nicht geschweißt, wie heute, sondern genietet und habe zunächst Fuchsbrücke geheißen.

Zu den Beobachtern am Rande des Geschehens gehört auch der Holzdorfer Dieter Uhde. „Ich war 17 Jahre auf Montage und habe für den Starkstromanlagenbau Leipzig viel mit ,imo‘ zusammengearbeitet“, berichtet er. Für ihn ist der Brückentransport über die Elster damit auch ein Stück Reminiszenz ans eigene Arbeitsleben.

Während des Wochenendes war die Stahlkonstruktion bis ans Elsterufer geschoben worden. Montagmorgen startete ihr an einem Ende freischwebender Weg zu einer extra in Flussmitte errichteten Konstruktion mit zwei Gleitlagern. Noch vor dem Mittag hat das Bauwerk diesen Punkt erreicht. Nach kurzem Stopp geht es weiter.