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Große Chance für Schloss und Stadt Einwohnertreffen in Annaburg diskutiert über Varianten für künftigen Verwaltungssitz

Zwei Varianten für den künftigen Verwaltungssitz in Annaburg werden diskutiert.

Von Frank Grommisch 01.10.2021, 11:53
Das Hinterschloss Annaburg
Das Hinterschloss Annaburg Frank Grommisch

Annaburg/MZ - Was soll aus dem Annaburger Hinterschloss werden, wenn es nicht zum Sitz der Stadtverwaltung umgebaut wird? Das ist eine entscheidende Frage, auf die in der laufenden Diskussion zum Annaburger Verwaltungssitz der Zukunft keiner eine Antwort hat. So war es auch in der Einwohnerversammlung im „Goldenen Ring“ in Annaburg am Mittwochabend. Es war die zweite Beratung zu diesem Schwerpunktthema. Die Auftaktveranstaltung hatte es in Groß Naundorf gegeben.

National bedeutsam

Dass sich ein Käufer für das historische Gebäude findet, ist in diesen Zeiten nicht zu erwarten. Aber die Stadt hätte weiterhin laufende Kosten zu tragen, um das Hinterschloss zu erhalten. Ohne Fördergeld ist das Projekt allerdings nicht zu realisieren. Jetzt muss ergründet werden, was machbar ist. Dazu gehören Bemühungen, informiert der Architekt Heinfried Struve, der sich mit der Sanierung historischer Bauten auskennt, dass dieses Objekt zu einem nationalen wertvollen Gebäude erklärt wird. Das könnte einiges erleichtern. Gespräche mit dem Landesamt für Denkmalpflege sind bereits vereinbart, fügt er an. Es müsse gelingen, Denkmalpfleger für dieses einzigartige Bauwerk zu begeistern, ebenso Politiker bis in den Bundestag hinein. Dass dies ein schwieriger Weg wird, ist den Teilnehmern der Einwohnerversammlung klar. Doch welche Alternative gibt es?

Neben dem Hinterschloss steht die Modernisierung des Standorts Rathaus in der Torgauer Straße zur Wahl. Hinter dem jetzigen Verwaltungssitz könnte ein großes Nebengebäude errichtet werden, in dem fast alle städtischen Bereiche, die jetzt noch auf mehrere Standorte in Annaburg und Prettin verteilt sind, unterkommen könnten, bis auf die Bibliothek und das Museum. Würde das Hinterschloss zum Verwaltungssitz hätten sie dort ihren Platz, erläutert Heinfried Stuve die derzeitigen Überlegungen, die er den Interessierten detailliert vorstellt, sowohl für eine Variante im und neben dem Rathaus als auch für das Hinterschloss.

Im „Goldenen Ring“ in Annaburg fanden sich am Mittwochabend etliche Interessierte ein, um zu hören, was  in Richtung moderner Verwaltungssitz in der Stadt möglich sein könnte.
Im „Goldenen Ring“ in Annaburg fanden sich am Mittwochabend etliche Interessierte ein, um zu hören, was in Richtung moderner Verwaltungssitz in der Stadt möglich sein könnte.
Fotos: Grommisch

Der Verein für Heimatgeschichte und Denkmalpflege würde die Schloss-Variante bevorzugen, sagt dessen Vorsitzender Wolfgang Donath. Er verspricht sich einiges davon, wenn wieder Leben in das Schloss kommt. Allerdings, dass der Planer vorgeschlagen hat, dass Schlossmuseum ins Erdgeschoss zu verlegen, ist nach seiner Ansicht noch diskussionswürdig. Denn der Ort für die Sammlung sei nicht zufällig gewählt worden. Er erwähnt neben anderem die wertvolle Fladerdecke und den besonderen Holzfußboden.

Die Nutzung des Hinterschlosses sei wünschenswert, aber könne sich das so eine kleine Stadt wie Annaburg leisten, fragte der frühere Annaburger Bürgermeister Erich Schmidt. Er hat Bedenken, dass dann aufgrund der möglichen finanziellen Lasten, die durch den Schlossumbau zu tragen wären, andere Aufgaben nicht mehr erfüllt werden können. Die Finanzierung sei der entscheidende Punkt. Die Wünsche müssten sich an der Tragfähigkeit des Konzeptes orientieren. Doch über die Höhe der Baukosten werde derzeit nicht gesprochen, erklärt Bürgermeister Stefan Schmidt (Freie Wählergemeinschaft) und das äußert auch Heinfried Stuve. Klar sei, dass die Kosten für das Hinterschloss höher ausfallen als für einen modernisierten Verwaltungssitz in der Torgauer Straße, erwähnt Heinfried Stuve noch. Was die Stadt allerdings stärker belasten würde, sei jetzt zu ermitteln. Denn für das Nebengebäude am Rathaus würde es wohl keine Fördermittel geben.

„Wir haben die einmalige Chance, das Schloss zu retten“, sagt Detlef Schulze, der ebenfalls dem Verein für Heimatgeschichte und Denkmalpflege angehört. „Verkauft bekommen wir es nicht.“ Die Chance, Fördermittel zu bekommen, sollte genutzt werden. Das Rathaus lasse sich verkaufen, ist er überzeugt. Die Hoffnung sollte nicht schon am Anfang aufgegeben werden. „Das ist das Schlimmste, was wir machen können. Das Schloss ist doch unser Wahrzeichen“, sagt er und Einwohner reagieren mit Beifall.

Architekt Heinfried Stuve
Architekt Heinfried Stuve
Frank Grommisch

Beschluss bis Jahresende

Das Ziel ist klar benannt. Möglichst bis zum Jahresende soll eine Entscheidung getroffen werden. Die Diskussion dazu laufe seit 2017, sagt Stefan Schmidt. „Wir müssen zu dem Punkt kommen, an dem wir entscheiden, wir machen das oder nicht.“ Der Verwaltungssitz, wie er jetzt ist, ist nicht zukunftsfähig, sagt Nadine Lehnert. Die Stadträtin, sie gehört der Fraktion der Freien Wählergemeinschaft an, berichtet, dass im Stadtrat ausführlich über die beiden Varianten gesprochen wurde. Jetzt sind Meinungen der Einwohner gefragt.

Es habe keinen Zweck, so Stefan Schmidt, das Thema weiter hinauszuschieben und immer wieder neues Geld in die Hand zu nehmen für Untersuchungen, wenn keine Entscheidung falle. Wichtig sei auch die Frage, was später aus den kommunalen Gebäuden werden soll, wenn sie mal leer sind. Reinhard Richter weist noch auf die Bauzeit des ganzen Schlosses hin, von 1572 bis 1575. Dass heutzutage ein Umbau in drei Jahren erledigt ist, kann wohl nicht angenommen werden.

Das Thema Verwaltungssitz wird weiter diskutiert. Am 5. Oktober, 18.30 Uhr, folgt eine Einwohnerversammlung im Gemeinschaftshaus in Prettin. Übrigens, in Annaburg gab es eine Premiere. Der Teil des Einwohnertreffens zum Verwaltungssitz wurde live auf Youtube übertragen. 24 Leute waren dabei. Es folgten später über 120 Aufrufe.