Bundeswehr Bundeswehr : Stets bereit wenig gefordert

Holzdorf - Immer dann, wenn „SAR Hamburg 71“ zum Einsatz gerufen wurde, stiegen beim ZDF die Einschaltquoten. Doch sowohl die beliebte ZDF-Fernsehserie als auch die Flüge von „Anneliese“, wie die Besatzung den Helikopter nannte, sind Geschichte. In Holzdorf hingegen steht eine Bell UH 1D für den Such- und Rettungsdienst bereit. Noch. Als eine der letzten ihrer Art wird auch sie bald in Rente gehen.
Zwischen ihr und dem Nachfolgemodell liegt ein halbes Jahrhundert, technisch trennt sie jedoch mehr. Von der Bell UH-1D zur H145 ist es ein Quantensprung. Genau den vollzieht der Such- und Rettungsdienst der Bundeswehr in den kommenden zwei Jahren. Seit Anfang Februar wird im Airbus-Werk in Donauwörth die erste von insgesamt sieben Maschinen des Typs H145 für den SAR-Dienst gefertigt.
Ziel ist es, sie spätestens im November an die Truppe zu liefern, um sie dann zur Pilotenausbildung einsetzen zu können. „Im Herbst 2020 sollen alle Maschinen ausgeliefert und die zur Staffel gehörenden 50 Piloten des SAR-Dienstes umgeschult sein“, erläutert Staffelkapitän Major Marcus Preuß.
Modernste Technik
Beim Blick in die Zukunft kommt Preuß schon mal ins Schwärmen. Der H145 werde der modernste Helikopter sein, mit dem ein SAR-Dienst unterwegs ist. Auch zivile Dienstleister wie der ADAC hätten so etwas aktuell nicht zu bieten. Während die Bell UH-1D ohne GPS und mit nur einem Triebwerk unterwegs sei, kann das neue Luftfahrzeug alle Facetten eines modernen Rettungshubschraubers aufbieten. Handyortung, Wärmebildkamera oder Notsenderlokalisierung sind nur einige davon.
Den fließenden Übergang von einem System auf das andere bezeichnete Preuß als „OP am offenen Herzen“. Zumal die Piloten ebenso wie die 24 Luftrettungsmeister während der Umschulung auf das neue Modell den laufenden Dienstbetrieb aufrecht erhalten müssen. Stationiert sind die SAR-Hubschrauber, die unter Vollverantwortung des Heeres stehen und zum Transporthubschrauberregiment 30 in Niederstetten gehören, bundesweit an drei Standorten: Niederstetten, Nörvenich und Holzdorf.
Noch bis ins Jahr 2000, ergänzt Hauptmann Marc Höllerer, habe es in ganz Deutschland 18 SAR-Kommandos gegeben. Mehr fliegen dürfen die verbleibenden Maschinen nach dem vollzogenen Streichkonzept trotzdem nicht. Im Gegenteil. Auf gerade einmal 168 Einsätze und 273 Flugstunden kam die Staffel 2018. Ein Vielfaches mehr absolvierten zivile Maschinen.
Die Bundesländer legen ihre Rettungsdienste selbst fest. Doch oft findet die Bundeswehr dabei keine Berücksichtigung. Lediglich bei längeren Wegstrecken, Nachtflügen oder dem Transport schwergewichtiger Personen kommen Anfragen an die Bundeswehr, den Patienten zu übernehmen. Für die Besatzungen eine äußerst unbefriedigende Situation. Erstklassig ausgebildet und bald mit modernstem Gerät ausgerüstet, werden ihre Dienste nicht wie erhofft in Anspruch genommen.
Täglich mindestens ein Einsatz, das allein wäre schon hilfreich, um die trainierten Fähigkeiten immer wieder zu festigen. Das gilt für Piloten wie medizinisches Personal gleichermaßen. „Rettet den Rettungsdienst“ lautet daher eine ernst gemeinte Forderung der Soldaten.
Drei Schwerpunktaufgaben stehen auf der Agenda des SAR-Dienstes. Die Suche und Rettung verletzter Soldaten, die Unterstützung bei zivilen Luftfahrtunfällen sowie dringende Eilhilfe für zivile Patienten. Im Unterschied zu den zivilen Luftrettern haben die Bundeswehrmaschinen - anders als in der eingangs erwähnten TV-Serie - keinen eigenen Arzt dabei, können zivile Mediziner bei Bedarf aber aufnehmen, was im Bedarfsfall auch geschieht.
Eine Woche in Bereitschaft
Von Montag bis Montag, also eine Woche, dauert die Bereitschaft der Besatzungen. Vor wenigen Tagen setzte sich die Holzdorfer Crew aus den Piloten Major Preuß und Hauptmann Höllerer sowie Rettungsmeisterin Stabsfeldwebel Constance Edinger zusammen. Gemeinsam verbrachten sie die Tage am Stützpunkt des Holzdorfer SAR, etwas abseits der Start- und Landebahn des Fliegerhorstes gelegen. Lesen und das Üben wichtiger Verfahrensabläufe füllen den Hauptteil der Zeit. Der Rest ist Warten auf einen Anruf der Leitstelle Münster, von wo die Einsätze koordiniert werden. Nur wenige Minuten bleiben der Besatzung dann, um den Hubschrauber in die Luft zu bringen.
Nicht selten wird der SAR gerufen, wenn in der Leitstelle der Funk-Notruf eines Notfunksenders eingeht. Jedes Luftfahrzeug führt solch einen bei sich, zum Teil auch Schiffe. Selbst Wanderer greifen inzwischen auf diese frei verkäufliche Variante der Rettungssuche zurück. „Die Sender werden zumeist irrtümlich ausgelöst, wobei die Besitzer erst merken, was passiert ist, wenn unsere Maschine über ihnen schwebt“, betont Preuß.
Am Silvesterabend 2020 sollen alle verbliebenen Bell UH-1D, deren markantes Rotorgeräusch die Maschine schon von weitem ankündigt, außer Dienst gestellt sein. Die Holzdorfer Maschine ist dann fast 53 Jahre alt. Die Holzdorfer wünschen sich, dass ihr Nachfolger mehr gefordert wird und Maschine und Besatzung ihre Fähigkeiten so voll entfalten können.
(mz)