Grün-Weiß Annaburg Bogenkönig in Rockerkluft
Martin Hinz führt Grün-Weiß Annaburg bisher erfolgreich durch die Pandemie. Der Vereinsvorsitzende hat aber sehr viele Hobbys.
Annaburg - „Fußball, Bogenschießen, American Football, Moped fahren“, zählt Martin Hinz auf und könnte noch eine ganze Weile so weitermachen. Seine Freizeit reicht kaum aus, um all seinen Hobbys nachgehen zu können. Der 36-Jährige ist gelernter Bäckermeister, arbeitet als Werkstechnologe in einer Wittenberger Großbäckerei und tüftelt in dieser Funktion mit seinen Kollegen regelmäßig an der Industrialisierung neuer Brotrezepte. Seine Hygiene-konforme Kleidung im Lebensmittelbetrieb, tauscht der gebürtige Annaburger nach Arbeit am liebsten mit seiner Rockerkluft aus und fährt – vielleicht auch nicht ganz so ernstzunehmend – gemeinsam mit einer Hand voller Kumpels mit dem Moped raus.
„Ich habe mir eine Schwalbe gekauft“, verweist er scherzend auf seine Lederjacke, auf der in weißen Buchstaben das Wort „Prospect“ prangt. Das Moped hatte ganze 18 Jahre in einer Scheune herumgestanden, und Hinz musste eigentlich anfangs nur den Vergaser austauschen, um es auf die Straße zu bekommen. Oft bastelt er stundenlang an seinem Gefährt und macht sich dabei am liebsten selbst die Finger dreckig.
Neue Mitglieder durch Fußball
„Hier in Annaburg sind wir fünf“, hält er die Finger der rechten Hand hoch. „Aber die Community wächst“, kommt er schmunzelnd ins Plaudern. Bei Simson-Treffen kamen in der Vergangenheit durchaus 50 bis 100 Gleichgesinnte zusammen, weiß er zu berichten. „Gemeinsam Campen, ein Bierchen trinken, Fachsimpeln. Das macht mir Spaß“, erklärt er.
Der kräftige, bärtige, junge Mann ist gern unter Freunden und genau deswegen war ihm ein Vereinsleben – welches derzeit durch die anhaltende Pandemie nach wie vor nahezu brach liegt – eigentlich schon immer wichtig. Seit Beginn des vergangenen Jahres engagiert er sich bei Grün-Weiß Annaburg als Vereinsvorsitzender und kann trotz der allgegenwärtigen Widrigkeiten gemeinsam mit seinem Team ein positives Fazit für das erste Jahr ziehen. So konnten mit Hilfe der Einführung einer Fußball-Bambinigruppe beispielsweise neue Mitglieder gewonnen werden (die MZ berichtete).
Als noch viel wichtiger aber empfindet der Vereinschef die geglückte Einführung der Spielgemeinschaft zwischen der zweiten Mannschaft Annaburgs und Lebien. „Personal für die unteren Ligen zu finden, wird immer schwerer“, kommt er ins Detail, „statt aufzulösen, konnten wir so unsere Spielerreserve erhalten.“ Und er traut der neu aufgestellten Truppe sogar einiges zu. Derzeit in der Kreisliga beheimatet, spricht er sogar von der Kreisoberliga.
Das wiederum ist in seinen Augen unbedingt nötig, um den Klassenverbleib des ersten Männerteams mittel- und langfristig in der Landesklasse zu gewährleisten. „Für uns in so einem kleinen Ort ist es schon ein Aushängeschild im Landesfußball mitzumischen“, betont er. Hinz spricht oft von „uns“ und „wir“. „Wir haben die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt“, berichtet er. Als Vereinschef verlässt er sich neben seinem Stellvertreter Thomas Mißbach, der gleichzeitig als Schatzmeister fungiert, auch sehr auf die Expertise seiner vier Abteilungsleiter.
Lob an die Vorgänger
„Wir haben ein paar vereinsinterne Abläufe und Strukturen etwas modernisiert“, sagt er. Allein könnte er die „Mammutaufgabe“ definitiv nicht stemmen, denn ihre beiden Vorgänger, Thomas Harm und Torsten Wolter, die über zehn Jahre lang die Geschicke der Annaburger führten, haben große Schuhabdrücke hinterlassen. „Wir haben den Verein in einem sehr guten Zustand übernommen“, nutzt er die Gelegenheit ein paar Blumen zu verteilen, „sowohl aus sportlicher als auch aus finanzieller Sicht.“ Trotz seiner vielen Helfer im Team aber musste zumindest ein Hobby unter seinem Engagement als Vereinsvorsitzender arg leiden. „Zum Bogenschießen komme ich kaum noch“, berichtet er.
Und das obwohl er 2018 am Ende eines traditionellen Wettbewerbs des Bürgerschützenvereins zum Bogenkönig gekürt wurde. Zum Fußball sei er eigentlich erst recht spät gekommen und dann hat er jahrelang in der Reserve mitgekickt. In seiner Kindheit viel auf dem Kunstrad unterwegs, hatte es ihn vorerst zu den Annaburger Radsportlern verschlagen. „Ich habe in meiner Jugend sogar sehr viel Radball gespielt“, so Hinz. Mittlerweile benutzt er das Fußballtraining und das regelmäßige Spiel bei den alten Herren, um sich halbwegs fit zu halten. Aber, wenn es darauf ankommt, würde der Vereinschef sich auch heute noch bei der zweiten Mannschaft für die letzten fünf Minuten einwechseln lassen. „Da wäre ich mir nicht zu Schade für“, lacht er. (mz/Andreas Hübner)