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Blech- und Technologiezentrum GmbH in Linda Blech- und Technologiezentrum GmbH in Linda: "Wir machen alles, was man aus Blech machen kann"

Von Evelyn Jochade 28.05.2015, 08:20
Interessiert lauschten die Lindaer Senioren den Ausführungen von Romy Harnapp.
Interessiert lauschten die Lindaer Senioren den Ausführungen von Romy Harnapp. E. Jochade Lizenz

Linda - Dass der Betrieb, für den sie steht, einen exzellenten Ruf hat, wissen die 23 Senioren, die auf Einladung der Inhaberin und Geschäftsführerin Romy Harnapp ihren Seniorennachmittag in der Firma verbringen.

Woher aber die Frau, die da in ihrer Betriebskantine über die Entwicklung der Blech- und Technologiezentrum GmbH spricht, während die Rentner sich Kaffee und Kuchen schmecken lassen, den Mut und die Kraft für all ihre Aktivitäten nimmt, ist kaum zu erklären. Die Besucher bewundern sie dafür.

Ein Kraftquell ist sicher die Familie, die hinter ihr steht. An diesem Tag ist es Tochter Isabell (14), die fleißig hilft, die Bedienung sowie den Abwasch übernommen hat. Die Gymnasiastin ist genauso stolz auf das, was ihre Mutter leistet, wie ihr Bruder Philipp (zwölf). „Den Kuchen“, so sagt sie, „hat Mutti selber gebacken“.

Mitarbeiter sind "erweiterte Familie"

Romy Harnapps „erweiterte Familie“ sind ihre Mitarbeiter. Denn, so betont die 39-Jährige, bei Entscheidungen lege sie Wert auf Teamarbeit. Seit sie 2005 die Firma, damals noch Preuss GmbH, übernahm, sich sozusagen zum 30. Geburtstag schenkte, fühlt sie sich verantwortlich nicht nur für das berufliche, sondern auch für das familiäre Umfeld der Kollegen. Qualifizierte Mitarbeiter möchte sie an den Betrieb binden.

Dafür bietet BlecTec ihnen Sozialleistungen, die man sogar in größeren Unternehmen vergeblich sucht. Geld, so die Chefin, sei nicht das Wichtigste. Das Rundum-Paket müsse stimmen. Angesichts des niedrigen Altersdurchschnitts der Belegschaft von 33 Jahren („Ich bin eine der Älteren“, so Harnapp) ist auch die Entscheidung, beim Hauskauf bzw. -bau zu helfen, eine Investition in die Zukunft. Wie die Übernahme der Lehrlinge. „Wir bilden nach unserem Bedarf aus und so können die jungen Leute, wenn sie Leistung bringen, sicher sein, dass hier ein Arbeitsplatz auf sie wartet. Das erhöht natürlich die Motivation.“

Von 35 auf 115 Mitarbeiter

Als ausgebildete Buchhalterin, die sich seit vielen Jahren mit den Zahlen des Betriebes beschäftigt, hat sie es geschafft, in kurzer Zeit nicht nur die Mitarbeiterzahl von 35 auf 115 zu erhöhen, sie hat auch den Umsatz von sechs (2006) auf heute elf Millionen Euro erhöht. „Alles, was man aus Blech machen kann, machen wir“, sagt sie stolz zu den Senioren, die staunend vor den riesigen Maschinen stehen und sich fragen, was dabei die Menschen noch tun müssen?

Bei der Laser-Stanze nicht viel. Sie arbeitet kameraüberwacht selbsttätig und bedient sich sogar beim bereitgestellten Material, so dass sie durchaus übers Wochenende produzieren kann. Sie ist mit 850.000 Euro eine der billigeren Maschinen, die hier stehen. Dennoch ist die Arbeit keine leichte. So beim Abkanten, dem Biegen schwerer Metallstücke, die zunächst einmal in die Maschine gehoben werden wollen. Da ist klar, „das können die jungen Männer nicht bis zur Rente machen“, erklärt die Geschäftsführerin. Aber es gibt ein Überstundenkonto, dessen Inhalt der Rente vorgeschaltet werden kann und künftig auch eine Rückenschule.

Mit der Umfirmierung zum 1. Januar 2009 zur Blech- und Technologiezentrum Linda GmbH bekannte sich die Firma definitiv zum Standort Linda. Doch hier, so Romy Harnapp, ist der Bauplatz ausgeschöpft. Jeder Quadratmeter wurde genutzt und nun sei die Kapazitätsgrenze erreicht. So mussten neue Lösungen her. In Purzien wurde eine bereits bestehende Halle erworben und jetzt sei man dabei, diese umzubauen und für eigene Zwecke herzurichten.

Ende 2015 feiert die Chefin ein Jubiläum. Zehn Jahre steht Romy Harnapp dann der Firma vor. Die Freude über das Erreichte wird sie sich nicht verderben lassen, auch wenn sie sich etwas mehr Unterstützung durch die Politik wünscht: „Schade, dass von unserer Regierung kein Wert auf das Handwerk gelegt wird. Man hört immer nur Industrie, Industrie. Dabei sind wir, die kleinen und mittleren Unternehmen, die Träger der hiesigen Wirtschaft.“

Speicher, Behälter und Gehäuse, beispielsweise für die Flaschenpfand-Automaten von Edeka oder die Rewe-Backöfen, Schaltkästen für die ICE und Interregio, Teile für die in Elster von EMPL gebauten Feuerwehren und viele andere Dinge entstehen in Linda. Schwenkgrills und Feuerschalen auch. Es sei gut, meint die Chefin, viele Standbeine zu haben, falls eine Branche kriselt. Erstmals haben sie einen Alu-Schmelzofen hergestellt, der geht nun nach Stuttgart, wo er ausgekleidet wird. Die Senioren wirken winzig neben dem 4,50 Meter hohen und drei Meter breiten Stahlmonster, welches künftig 14 Tonnen wiegen wird.

Nicht eben groß erscheint das Firmengelände vor den Toren Lindas. „Wenn man vorbei fährt, denkt man, ach so ’ne kleine Halle. Aber was da alles drin steht“, Regina Ziebell ist, wie alle Besucher, beeindruckt von dem, was sie zu sehen und noch mehr von dem, was sie zu hören bekommt. „Da muss man den Hut ziehen.“ Elfriede Geyer, deren Enkelsohn Marcel selbst eine Stahlbaufirma in Stolzenhain leitet, weiß das. „Es ist als Frau nicht so einfach, sich in diesem Metier auszukennen und bei den Männern durchzusetzen.“ Wie die Chefin das alles schafft? Manchmal, so verrät sie, gönne sie sich donnerstags eine Massage im Betrieb. Auch die bietet die Firma ihren Beschäftigten. (mz)