Nachforschungen Auf Spurensuche zum Wolf in Elster
Antje Weber vom Wolfskompetenzzentrum Iden vermisst am Elbufer in Elster Trittbilder und geht den Weg des Raubtiers nach. Was sie vermutet und sich wünscht.
Elster - Antje Weber nimmt jeden Zentimeter am Flussufer in Augenschein. Die Biologin, die im Wolfskompetenzzentrum Iden für das Monitoring in ganz Sachsen-Anhalt zuständig ist, holt einen kleinen Zollstock aus ihrer Tasche und vermisst Spuren. Nutrias, Hunde und Waschbären haben hier ihren Abdruck hinterlassen, ein Wolf lässt sich nicht einwandfrei zuordnen. Die erfahrene Expertin betont, dass sie das Video, das in Elster für Aufregung gesorgt hat, kennt.
Bei den Aufnahmen handelt es sich einwandfrei um einen Wolf. Der Hinterfuß des Tieres ist ohne Krallen 8,5 Zentimeter lang und 7,5 breit. Das gleiche Trittbild hinterlässt auch ein Weimaraner.
Trainierte Marathonläufer
Die Biologin geht aufgrund des Videos davon aus, dass es sich um ein Jungtier handelt, das sich bei seiner Wanderschaft verirrt hat. Nach elf Monaten sondern sich die Tiere vom Rudel ab, mit zwei Jahren sind sie geschlechtsreif und gründen eine eigene Familie. Warum er ausgerechnet am Elbufer gelandet ist, sei schwer einzuschätzen. Antje Weber vermutet, dass es ein Wolf aus dem Golmer Rudel ist. Dieses ist rund um Bad Schmiedeberg bis Bleddin aktiv und durchstreift ein Gebiet von schätzungsweise 250 bis 300 Quadratkilometern. Neben dem Monitoring dienen Urinstellen, Kothaufen und Speichel bei Rissen von Wild- und Nutztieren als einwandfreie Zuordnung.
Das Raubtier, das locker Distanzen bis 80 Kilometer zurücklegt, sei nicht nur ein Marathonläufer der Extraklasse, sondern auch ein guter Schwimmer. „Einmal durch die Elbe ist überhaupt kein Problem.“ Der 2018 in der Oranienbaumer Heide mit einem Sender versehene Wolf „Gustav“ lebt heute in der Nähe von Gdansk und hat auf seiner Wanderschaft durch die Uckermark bis Cuxhaven und zurück über 3.000 Kilometer abgespult.
Die Expertin läuft den Buhnenbereich hinter dem Bootshaus und der Sekundarschule weiter ab. Viele Spuren, sagt sie, sind von Hunden zerkratzt. Sie macht Fotos von den Abdrücken und der Umgebung, misst und bewertet. Das einjährige Wolfsmonitoring endet am 30. April. Danach wird der Bericht geschrieben, bebildert und veröffentlicht. Antje Weber betont, dass es wichtig sei, dass die Menschen bei Kontakten mit einem Wolf, Rissen, toten Welpen oder Spuren im Wolfskompetenzzentrum anrufen, damit der Bericht lückenlos und aussagekräftig erstellt werden kann. Ab 1. Mai beginnt das neue Monitoringjahr.
Keine Panikmache
Trotz des Videos warnt die Expertin vor Panikmache. Es kommt vor, wie schon in Magdeburg, dass sich ein junger Wolf aufgrund fehlender Ortskenntnisse verläuft und dann versucht, schnellstmöglich aus der für ihn unangenehmen Situation herauszukommen. Obwohl er ein Raubtier ist, hat der Wolf wenig Interesse, mit dem Menschen näher in Kontakt zu treten. Gefahr besteht nur, wenn Leute versuchen, dass Tier mit Futter anzulocken. Anja Weber erzählt, dass sie im Winter stets mit einer roten Mütze im Wald unterwegs ist. Doch bisher sei nichts passiert. Das Wolfskompetenzzentrum ist unter Telefon 03939/06481 oder 0162/3133949 zu erreichen. (mz/Thomas Tominski)