Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Als Experte in der ganzen Welt gefragt
grossörner/MZ. - Die Hochseefischerei und das Mansfelder Land - wie passt denn das zusammen? Im allgemeinen natürlich gar nicht, im speziellen aber bestens - wenn es nämlich um Walter Ranke geht. Ranke, der heute in Großörner seinen 80. Geburtstag feiert, ist bis vor wenigen Jahren als weltweit anerkannter Fischerei-Experte in internationalen Gremien tätig gewesen, zuletzt zum Beispiel 14 Jahre lang im Büro der Ostseefischerei-Kommission in Warschau. "Bis einen Monat vor meinem 74. Geburtstag habe ich gearbeitet", sagt Ranke, der seitdem wieder in seinem Elternhaus in Großörner lebt. Und sich hier sehr wohl fühlt. "Reisen muss ich jedenfalls nicht mehr, ich bin ja mein ganzes Leben in der Welt unterwegs gewesen."
Der ungewöhnliche Berufsweg Rankes hat mit einem Geografie-Studium an der Universität Halle begonnen. Zuvor hatte der Sohn eines Bergmanns und einer Hausfrau - die übrigens gerade erst kurz vor ihrem 101. Geburtstag gestorben ist - an der Oberschule in Hettstedt das Abitur abgelegt. Während des Studiums hörte Ranke auch Vorlesungen in Ozeanographie. Und als der Dozent, Dr. Rudolf Schemainda vom Institut für Hochseefischerei und Fischverarbeitung in Rostock, von Forschungsfahrten berichtete, fragte Ranke ihn kurzerhand, ob er da nicht mal mitfahren könne. Es klappte - und der Student Ranke ging auf seine erste große Fahrt in die Barentsee (Nordatlantik). "Ich bin ganz schrecklich seekrank geworden und habe mir geschworen, nie wieder zur See zu fahren", erzählt Ranke. Im Laufe der mehrwöchigen Fahrt überwand er jedoch die Seekrankheit - "und ich habe nie wieder Probleme gehabt". Sein wissenschaftliches Interesse war damit geweckt, und das Thema ließ es ihn nicht wieder los. Dabei ging es immer um den Zusammenhang von Umweltbedingungen und Fischvorkommen.
"Die DDR hatte eine sehr hoch entwickelte Fischerei-Forschung. Damals konnte man noch überall frei fischen. Wir haben zum Beispiel viel in der Antarktis gefischt, vor der Ostküste der USA und vor Westafrika." Nach seinem Studium und der Promotion in Halle fing Ranke 1959 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an dem Rostocker Institut an. Gleich in den ersten Jahren entstand dort unter seiner Verantwortung ein Fischerei-Atlas, der die Fangplätze im Nordatlantik zeigte. "Das war weltweit der erste Atlas dieser Art", so Ranke. "Bis dahin hatten die Kapitäne nur nach Erfahrungswerten gefischt." Durch diesen Fischerei-Atlas, der sich auch im westlichen Ausland gut verkaufte, machte sich Ranke erstmals international einen Namen. Was schließlich dazu führte, dass er ab 1968 an internationalen Fischerei- und Meeresforschungs-Tagungen teilnahm. 1972 erhielt Ranke eine Einladung zu einer Konferenz in Washington. Das Kuriose: "Ich war persönlich eingeladen und nicht als DDR-Vertreter. Die DDR war damals noch nicht vom Westen anerkannt." Sein US-Visum musste er deshalb in Westberlin beantragen. Schließlich konnte Ranke in die US-Hauptstadt reisen, wo die Konferenz im Außenministerium stattfand. "Ich bin der erste Ostdeutsche im amerikanischen Außenministerium gewesen", so Ranke. Nach der diplomatischen Anerkennung der DDR wurde er dann offizieller Vertreter in zahlreichen internationalen Organisationen. So nahm er unter anderem von 1974 bis 1982 an der 3. UNO-Seerechtskonferenz teil und war Präsident der Nordatlantik-Fischerei-Kommission. Nach der Volkskammerwahl 1990 wurde er Abteilungsleiter im Landwirtschaftsministerium, 1991 trat er auf Vorschlag der EU sein Amt in Warschau an. "Es war ein großes Glück für mich, dass ich so lange arbeiten konnte", sagt Ranke.
Nur zur See ist er nach seiner zehnjährigen Forschungstätigkeit später nie wieder gefahren.