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Jobs für Schwerbehinderte Jobs für Schwerbehinderte: Experten diskutierten in Hettstedt über Integrationsbetriebe

Von Beate Thomashausen 18.03.2017, 15:00
Eine Fachtagung zum Thema Integration gab es im Kolpingwerk.
Eine Fachtagung zum Thema Integration gab es im Kolpingwerk. Maik Schumann

Sangerhausen/Hettstedt - Ein schöner Zufall: Der „Kolibri“ feiert seinen fünften Geburtstag genau an dem Tag, an dem sich eine Fachtagung im Hettstedter Kolping-Berufsbildungswerk den Integrationsbetrieben zuwendet. Die Hettstedter Kolibri-Integration Service GmbH ist einer der 14 Integrationsbetriebe und -abteilungen, die es bisher im Land Sachsen-Anhalt. Die Betriebe sind in den unterschiedlichsten Branchen angesiedelt. Das Hettstedter Unternehmen ist ein Gebäudeservice, aber es haben sich beispielsweise auch Tischlereien, gastronomische Einrichtungen, Garten- und Landschaftsbaubetriebe und Gesundheitsdienstleister etabliert.

Und es sollen noch mehr Integrationsbetriebe werden. Das ist das erklärte Ziel aller 160 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Bei der Tagung geht es darum, welche Voraussetzungen zu schaffen sind, wenn man einen Integrationsbetrieb gründen will. Zwischen einem Viertel bis zur Hälfte der Beschäftigten müssen Schwerbehinderte sein, damit die Firma ein Integrationsbetrieb ist. Die Idee zu der Veranstaltung hatte Beate Bröcker, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration. Der Bedarf an Integrationsbetrieben sei groß. 5.000 schwerbehinderte Menschen seien derzeit im Land Sachsen-Anhalt ohne Arbeit. 166 Menschen, die durch ihr Handicap eine besondere Unterstützung benötigen, sind bislang in den 14 Integrationsbetrieben beschäftigt.

Wen genau sie da eingestellt haben, darüber berichteten Firmenchefs vor den Teilnehmern der Fachtagung. Immer allgegenwärtig im öffentlichen Bewusstsein: der Rollstuhlfahrer. Kerstin Krause, Regionalleiterin im Bildungswerk Works Aschersleben, erzählte von der Mitarbeiterin, die durch eine Krebserkrankung schwerbehindert ist. Und ein Vertreter des Augustinuswerks berichtete über einen Diplomingenieur, der durch einen Zeckenbiss an Borreliose erkrankte. Schwerbehinderung hat viele Gesichter. Bröcker sagt: „Deshalb wollen wir viele Akteure mobilisieren, die mehr Arbeitsplätze in diesem Sektor schaffen.“

Integrationsbetriebe eröffnen Menschen mit Behinderung die Chance, wieder im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Sie sind jedoch keine Werkstatt für behinderte Menschen, sondern Unternehmen, die ganz normal auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt agieren und sich auch dem Wettbewerb mit anderen Firmen stellen. So wie die Salus gGmbH beispielsweise, die 2 400 Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen, Altenheimen und Arztpraxen beschäftigt, so Geschäftsführer Hans-Joachim Fietz-Mahlow. Als Betriebswirt lege er neben allen sozialen Aspekten auch Wert darauf, dass bei Salus wirtschaftlich gearbeitet werde. „Die neuen Integrationsarbeitsplätze, die wir geschaffen haben, sind absolut gleichberechtigt gegenüber allen anderen anzusehen“, sagte er. „Gerade die behinderten Mitarbeiter engagieren sich überdurchschnittlich und zeichnen sich durch große Empathie aus.“

Das bescheinigte auch Markus Feußner, Geschäftsführer des Kolping-Berufsbildungswerkes, den „Kolibri“-Mitarbeitern. Er beschrieb die Intention, vor fünf Jahren mit sieben Mitarbeitern den „Kolibri“ auf die Reise zu schicken: „Im Berufsbildungswerk bilden wir junge Leute aus, um sie in die Gesellschaft zu integrieren. Aber einige bleiben doch auf der Strecke. Wenn sie nicht gebraucht werden, fallen sie in ein Loch und ihr Selbstwertgefühl leidet.“ In Integrationsbetrieben könnten sie eine Perspektive finden. (mz)