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Interview mit Hans-Jürgen Radam Interview mit Hans-Jürgen Radam: Trommler für das Lutherland

20.08.2016, 11:00
Liedermacher Hans-Jürgen Radam trommelt voller Inbrunst auf der Spitze der Brosowski-Halde, im Hintergrund der Thälmannschacht.
Liedermacher Hans-Jürgen Radam trommelt voller Inbrunst auf der Spitze der Brosowski-Halde, im Hintergrund der Thälmannschacht. Catrin Sinclair

Mansfeld - Rockpoet Heinz Rudolf Kunze hat am Freitagabend den Start zum 1. Mansfelder Song- und Slam-Festivals vollzogen. Kulisse ist das Schloss Mansfeld. Der Liedermacher Hans-Jürgen Radam, der früher das Mansfeld-Museum in Hettstedt geleitet hat, ist der Initiator des Festivals. MZ-Mitarbeiterin Grit-Beate Eisenberg sprach mit dem 62-jährigen Musiker.

Was erwartet die Besucher?

Hans-Jürgen Radam: Es wird eine richtig gute Musik gespielt mit Texten, die unter die Haut gehen. Der Ort hat soviel Charakter und Geschichte. Es ist ein Festival des deutschsprachigen Liedes und es gibt ja noch eine zweite Seite: Poetry-Slam, also deutschsprachige Dichtkunst in Wettbewerbsform, die in Deutschland mittlerweile einen hohen Stellenwert genießt.

Was und wen wollen Sie mit dem für die Region doch eher ungewöhnlichen Festival erreichen?

Radam: Anliegen ist es, eine weitere Facette Martin Luthers zu zeigen. Für mich war es ein regelrechtes „Aha-Erlebnis“, dass Luther im Prinzip der erste deutschsprachige Liedermacher war. Er wollte in seiner Gemeinde in Wittenberg, wo er regelmäßig predigte, mit den Besuchern des Gottesdienstes singen. Also schrieb er selber deutsche Kirchenlieder. Was viele nicht wissen: Bis zur Reformation gab es das nicht. In den Kirchen der damaligen Zeit wurden nur von den Priestern die Liturgien und Ähnliches auf Latein gesungen. Luther war das ein Dorn im Auge. Er begann, Texte und Musik zu schreiben. Im Laufe der Jahre hat er 38 Choräle verfasst. Der bekannteste ist sicher „Ein feste Burg ist unser Gott“ und das Weihnachtslied „Vom Himmel hoch da komm' ich her“. Luther hat das Singen in der Kirche organisiert und belebt. Wir wollen mit dem Festival die Rolle Luthers als erster deutschsprachiger Liedermacher würdigen. Und wer kann das besser als moderne Liedermacher unserer Zeit?

Und daraus ist die Idee für das Festival in Mansfeld entstanden?

Radam: Ja. Mit diesem Gedanken bin ich losgegangen und habe zwei Jahre lang die Türklinken geputzt. Ich habe Menschen damit konfrontiert, denen das neu war. Die aber auch sehr schnell der Meinung waren: Wenn wir das würdigen, dann hier im Mansfelder Land, weil es hierher gehört. Ich finde, der Landstrich hat es verdient, ein Festival zu kreieren, das in Deutschland eine Hausnummer wird.

Mit Ihrem Projekt haben Sie für einigen Wirbel gesorgt. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn ein Hubschraubereinsatz über dem Eisleber Marktplatz hatte ja auch mit Ihnen zu tun. Wie kam es dazu?

Radam: Der Einsatz des Hubschraubers lief über den MDR. In Vorbereitung auf das Reformationsjubiläum 2017 will der Sender einen Film mit dem Arbeitstitel „Mitteldeutschland - Luthers Land“ machen. Er soll zum Reformationstag am 31. Oktober dieses Jahres gesendet werden. Der Film ist so aufgebaut, dass er aus der Vogelperspektive Luthers Land zeigt und dann wie ein Vogel zu Persönlichkeiten heruntergeht, die im Zusammenhang mit Luther etwas Besonderes gemacht haben. Dazu gehören beispielsweise eine Nachfahrin Luthers, die in Zeitz lebt; ein Architekt, der ein ganz besonderes Projekt mit Luther organisiert hat und andere. Einer der Protagonisten bin ich. Ich erzähle, wie ich das Projekt des Slam-Festivals in Mansfeld entwickelt habe. Und dafür musste ich auch auf die Halde des früheren Brosowski-Schachtes bei Gerbstedt steigen.

Und warum mussten Sie dafür eine schwere Trommel mitnehmen?

Radam: Leute, die auf der Bühne stehen, tragen in sich einen sogenannten „inneren Trommler“. Es gibt ein sehr schönes Lied von Hermann van Veen, da lautet der Refrain: „Hörst du denn nicht den Trommler, der beharrlich in dir schlägt? Der dich bei aller Gegenwehr auch durch Feindeslager führt. Hör’ auf ihn, er sagt dir was. Wenn du ihn nicht mehr hörst, ist das ein Zeichen dafür, dass sich gar nichts mehr bewegt.“ Die Idee war, den inneren Trommler zu illustrieren. Das war ein sagenhaftes Erlebnis. Ich hab’ da oben gestanden, die Trommel geschlagen und der Hubschrauber flog drumherum.

Und wie geht es nach dem Festival am Wochenende dann weiter?

Radam: Die Mansfelder stimmen durch ihr Erscheinen darüber ab, ob es dieses einzigartige Festival auf dem Schloss weiter geben wird. Ich hoffe, es bleibt keine Eintagsfliege. (mz)