Freiwilligendienst in Auschwitz Freiwilligendienst in Auschwitz: 18-Jährige auf Abschiedstour

Hettstedt/MZ - Schnitzel mit Kroketten und Kohlrabi-Paprikagemüse stand am Freitag bei Familie Illmer in Hettstedt auf dem Mittagstisch. Verantwortlich für dieses Gericht war ihre Enkelin Claudia Spengler. „Es gibt Wunschessen“, sagt Edith Illmer. Es war auch gleichzeitig ein Abschiedsessen, denn die 18-Jährige aus Sylda reist am Sonntag nach Polen, wo sie ein aufregendes Freiwilligenjahr in Auschwitz verbringen wird.
Claudia Spengler wird in der geschichtsträchtigen Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers im Zentrum für Dialog und Gebet arbeiten und unter anderem Reisegruppen betreuen. In den vergangenen zwei Wochen war sie dafür zu einem Vorbereitungsseminar in Belgien. „Dort wurden uns Höflichkeitsformen vermittelt und was typisch für das Land ist“, sagt sie. Aber auch wie zu reagieren ist, wenn man überfallen wird, sei ein Thema im Seminar gewesen. „Ich bin also auf das Schlimmste vorbereitet“, meint sie und lacht.
Wie ihr Opa Harald Illmer sagt, habe die Familie auch ein wenig Herzklopfen, dass alles gut geht. Das Vorhaben ihrer Enkelin, ins Ausland zu gehen, finden die Großeltern aber gut. „Es ist schön, wenn sich junge Leute solche Ziele setzen und diese Wege gehen“, meint der Hettstedter und fügt lachend an: „Und Polen ist ja nicht so weit wie Australien.“ Die Großeltern haben sich vorgenommen, sie zu besuchen. „Am liebsten in Krakau, das soll eine schöne Stadt sein“, meint Edith Illmer. Dort, in Krakau, weilt ihre Enkelin die nächsten zwei Wochen, bis die Arbeit in Auschwitz am 23. August beginnt. In Krakau will sie Polnisch lernen. „Weil ich noch nicht wirklich Polnisch kann“, begründet sie. An diesem Sonntag geht es mit dem Zug nach Berlin und ab da weiter mit dem Bus in die polnische Stadt.
Am Freitag begann ihre Abschiedstour - eine Party mit Freunden, gemütliche Stunden mit den Eltern und Großeltern. Doch wird sie da nicht nur Adieu, sondern auch Danke sagen. Denn die Verwandten, Freunde und Bekannten haben es möglich gemacht, dass sie das Freiwilligenjahr absolvieren kann. Die 18-Jährige musste rund 2 000 Euro aufbringen, aber nicht für sich, sondern für ihren Nachfolger im nächsten Jahr. „Es läuft wie ein Spendenkreis“, erklärt sie. Ihr Vorgänger sammelte Geld für sie und sie für den Nächsten. Dank vieler Unterstützer - unter anderem Mitglieder des Arnsteiner Stadtrates und die Landrätin Angelika Klein (Die Linke) - hat sie das Geld zusammenbekommen. „Es ist zum Teil für Unterbringung und Verpflegung“, sagt sie. Wunschessen wie bei den Großeltern wird es dort voraussichtlich nicht geben.