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Flüchtlinge beim FC Hettstedt Flüchtlinge beim FC Hettstedt: Fußball als Türöffner

Von Anke Losack 03.12.2015, 14:55
Der Vorstandsvorsitzende des FC Hettstedt, Bernd Kühne (2.v.l), mit den syrischen Flüchtlingen Murad Bengin (2.v.r) und den beiden Spielern Mesud (l.) und Hussein (r.). Bengin trainiert auch das Integrationsteam.
Der Vorstandsvorsitzende des FC Hettstedt, Bernd Kühne (2.v.l), mit den syrischen Flüchtlingen Murad Bengin (2.v.r) und den beiden Spielern Mesud (l.) und Hussein (r.). Bengin trainiert auch das Integrationsteam. Klaus Winterfeld Lizenz

Hettstedt - Wenn am Donnerstagabend gegen 18.30 Uhr das Flutlicht auf dem Hartplatz im Sportforum am Hettstedter Kirschweg brennt, trudeln nach und nach Spieler ein. Mit ihren Straßen- oder Turnschuhen, der ein oder andere hat statt Trainingskleidung Jeanshose und Winterjacke an, gehen sie auf den Fußballplatz und haben nur eins im Sinn: Kicken. Unterdessen stellt einer der jungen Männer am Rand des Spielfelds Hütchen auf, baut einen Parcours. Murad Bengin heißt der Mann, er ist 32 Jahre. Er ist Syrer, so wie viele derer, die am Abend auf dem Fußballplatz stehen. Bengin bereitet das Training vor. Seit kurzem ist er für die Integrationsmannschaft beim FC Hettstedt verantwortlich.

Rund 20 Flüchtlinge, die in Hettstedt in Unterkünften leben, treffen sich zweimal in der Woche zum gemeinsamen Fußballspielen auf den Platz im Sportforum. Auch bei Murad Bengin hat es so angefangen. Zusammen mit anderen war er auf dem sogenannten Gummiplatz kicken. „Wir sind auf die jungen Männer aufmerksam geworden und haben sie angesprochen“, sagt Bernd Kühne, Vorstandsvorsitzender des FC Hettstedt.

Der Verein, der nach der Insolvenz des FSV Hettstedt den Weggang zahlreicher Spieler hinnehmen musste und einen Neuanfang gestartet hat, hat die Gunst der Stunde genutzt. „Wir haben so etwas wie ein Sichtungstraining gemacht“, so Kühne. Drei Spieler für die Kreisklasse-Männermannschaft, die noch einen sehr kleinen Kader hat, wurden dabei ausgesucht. Darunter auch Murad Bengin. Mittlerweile hat der Syrer einen Spielerpass des Landes-Fußballverbandes und wurde bei den Hettstedtern schon in einigen Punktspielen eingesetzt.

Hilfe bei Krankenkasse, Arbeitsamt, Bewerbung

Der Verein hat ihm Fußballschuhe und Schienbeinschützer besorgt. Um ein ordentliches Training mit der Integrationsmannschaft durchführen zu können, wurde er mit Trillerpfeife und Stoppuhr ausgestattet und für Trainingsutensilien wie Hütchen und Laibchen hat er einen eigenen Schrank im Vereinsheim und die Schlüssel dazu. Murad Bengin ist im Fußballverein integriert. Doch gehen die Integrationsbemühungen des FC Hettstedt um ein Vielfaches darüber hinaus.

„Wir haben ihm bei sämtlichen Wegen geholfen: Krankenkasse, Arbeitsamt, Bewerbung“, sagt Kühne. Einer der Fußballspieler des Vereins erzählte davon, dass im Kinderheim in Sandersleben ein Betreuer für Flüchtlingskinder gesucht wurde. Auf die Stelle hat sich der 32-Jährige beworben und sie bekommen. Wie Kühne sagt, sei sein Asylantrag genehmigt worden, so dass er auch eine Arbeitserlaubnis hat. Zudem hat sich der Verein auf die Suche nach einer Wohnung für Murad Bengin gemacht. Dank der Unterstützung von Wohnungsunternehmen und bei vielen Angelegenheiten in enger Zusammenarbeit mit dem Hettstedter Streetworker Christoph Altmann, hat auch das geklappt. „Darüber sind wir sehr froh“, sagt Kühne, dem der junge Mann mit der freundlichen und ruhigen Art ans Herz gewachsen sei.

Bengin will in Hettstedt bleiben, wie er sagt. Das sei fast ein Einzelfall, weiß Kühne. „Viele bleiben nicht lange, die wollen hier wieder weg.“ Der 32-Jährige aber nicht. Sein Wunsch: Dass er seine Familie - er hat Frau und zwei kleine Mädchen - bald wiedersieht und sie mit nach Hettstedt kommt. Solange sind die Fußballer des FC wie eine Familie für ihn. (mz)