Bestatter-Ehepaar aus Stangerode Bestatter-Ehepaar aus Stangerode: Der schwierige Umgang mit Trauer an Weihnachten

Stangerode - Weihnachten ist für viele Menschen, vor allem die Kinder, das schönste Fest im ganzen Jahr. Dann gibt es zur Bescherung die lange herbei gesehnten Geschenke. Auch sonst zählt Heiligabend besonders für Christen zu den freudigen Ereignissen. Schließlich ist nach ihrem Glauben am 24. Dezember vor über 2.000 Jahren Jesus von Nazareth als Heiland geboren worden.
Was kaum einer an diesem Tag so richtig wahr haben will: Es wird über Weihnachten auch gestorben. „Das ist dann für die Angehörigen am schlimmsten“, weiß Gunter Nordmann, der Inhaber des Bestattungshauses „Eine-Wipper-Selketal“ aus Stangerode. Vor acht Jahren hat sich der gelernte Schlosser selbstständig gemacht, nachdem er zuvor in einigen Bestattungsunternehmen der Region gearbeitet hat.
In all dieser Zeit gab es kein Weihnachten, an dem er nicht unterwegs war, um Verstorbene abzuholen. Auch in diesem Jahr werden der 56-jährige Bestattungsfachangestellte und seine Frau Rita über die Feiertage wieder einen oder mehrere Anrufe erhalten, obwohl sie nicht darauf warten. Da sind sich beide ziemlich sicher. Und da hat auch ihre 31-jährige Tochter, die zu Besuch kommt, Verständnis, wenn es Heiligabend klingelt.
Besonders ältere Leute, die schon länger krank oder pflegebedürftig sind, würden oft zu Weihnachten Abschied vom Leben nehmen, sagt Gunter Nordmann aus Erfahrung. Sie haben dann ihre Familie noch einmal um sich versammelt oder jemanden nach langer Zeit wiedergesehen, den sie gern haben. Dann scheint der Zeitpunkt gekommen, um loszulassen. „Oft entdecke ich dann ein sanftes Lächeln auf dem Gesicht des oder der Verstorbenen“, so der Bestatter.
Wenn Weihnachten jemand zu Hause stirbt, fährt er immer gemeinsam mit seiner Frau dorthin. „Dann brauche auch ich etwas Beistand“, meint Nordmann und seine Frau nickt. Schon beim Anruf spüre er, wie die Stimmung bei den Angehörigen nach dem unerwarteten Todesfall ist. Er beschränkt sich in diesem Moment ohnehin nur auf ein paar Fragen.
Plüschteddy für die Oma
Wenn die Nordmanns am Ort, zu dem sie gerufen wurden, sind, beginnt die schwierigste Phase. Die Angehörigen stehen oft regelrecht unter Schock. Sie bräuchten dann vom Bestatter zuerst Worte des Trostes und der Zuwendung, erzählt Nordmann. Er und seine Frau bahren dann das verstorbene Familienmitglied immer auf, damit alle in gewohnter Umgebung schon Abschied nehmen können. Sie schmücken den Leichnam mit Blumen und legen leise Musik auf.
Dabei spielen sich manchmal ganz rührige Szenen ab, erinnert sich der Bestatter aus dem Einetal. Einmal habe ein siebenjähriges Mädchen, dessen Oma am Heiligabend starb, ihren Plüschteddy, den sie gerade geschenkt bekommen hatte, unterm Weihnachtsbaum weggenommen und der toten Frau zum Abschied in die Hände gelegt. „Damit sie dann nicht so allein ist“, sagte das Mädchen. Auch solche Momente sind es, warum Gunter Nordmann und seine Frau die Sterbefälle über Weihnachten emotional am stärksten berühren.
Es dauert dann auch schon mal zwei bis drei Stunden, ehe die Angehörigen nach der plötzlichen Konfrontation mit dem Tod eines Angehörigen allmählich zur Besinnung gekommen sind und sie den Sarg zum Abtransport fertig machen können. Erst Tage später können sie dann über die Trauerfeier und das Begräbnis sprechen. Das sei ein völlig normales menschliches Verhalten, sagt Nordmann.
Immer mehr wollen allerdings ihren Angehörigen die ganzen Formalitäten nach ihrem Ableben ersparen. Bei Nordmann haben schon mehr als 200 Leute einen Bestattungsvertrag abgeschlossen, in dem bis hin zum Lied und zur Trauerrede alles geregelt ist. „Und die meisten davon haben sich auch schon ihren Sarg beziehungsweise ihre Urne ausgesucht“, so der Bestatter, der lange leben möchte. (mz)