Angler aus Großörner in Thailand Angler aus Großörner in Thailand: Als der Rochen Gift spritzte

Grossörner/Bangkok - Norman Reisser, der aus Großörner stammt, ist ein leidenschaftlicher Angler. Seit drei Jahren reist er um die Welt auf der Suche nach den größten und exotischsten Süßwasserfischen unserer Erde. Diesmal berichtet er über seine Abenteuer auf dem Mekong in Südostasien. Hier Auszüge aus seinem Bericht für die MZ:
Dieses Jahr führte mich meine Reise nach Thailand, wo drei der größten Süßwasserfische der Welt leben: der Siamesische Karpfen, der Mekong Riesenwels und der Große Süßwasser-Stachelrochen. Alle drei Arten sind auf Grund von Überfischung und dem Bau von Dämmen vom Aussterben bedroht. Das Angeln nach diesen Karpfen und Welsen ist in ganz Südostasien verboten und nur noch in privaten Seen in Thailand möglich.
Wels war keine Herausforderung
Dies ist normalerweise nicht meine Art zu angeln. Wenn ich jedoch eine dieser zwei Fischarten sehen wollte, war dies meine einzige Möglichkeit. So machte ich mich gleich auf den Weg zum „Bungsamran“-Angelsee in Bangkok. Innerhalb von 14 Stunden fing ich acht dieser Welse. Der größte war 92 Zentimeter lang und wog 32 Kilogramm. Es ist keine große Herausforderung, einen dieser Fische dort an den Haken zu bekommen, jedoch kann der Kampf lange und kraftaufwendig werden.
Viele Thailänder behaupten, er sei der kampfstärkste Süßwasserfisch der Welt. Na ja, wahrscheinlich nicht der stärkste, aber auf jeden Fall ein Muskelpaket. Siamesischen Karpfen bekam ich nicht an die Angel, Die Wassertemperaturen waren zu hoch und die Karpfen nicht hungrig genug. Danach reiste ich mit einem alten Transport-Zug rund 100 Kilometer weiter westlich in die Stadt Samut Songkhram, wo ich dann eine unglaubliche Geschichte erleben sollte.
Dort wollte ich den wahrscheinlich am seltsam aussehendsten Süßwasserfisch sehen und fangen: den Riesen Süßwasser-Stachelrochen. Diese Fische leben nur in drei Flüssen Thailands. Anfangs dachte ich, sie wären schon ausgestorben. Ich angelte fünf Tage lang vom Boot aus auf diesen Fisch, ohne ein Zeichen von ihm zu bekommen. Doch dann kam mir ein unglaublicher Zufall zu Hilfe. Nachdem ich am fünften Tag mal wieder ohne Erfolg vom Bootssteg zurück zu meinem Zimmer lief, hörte ich jemanden Deutsch sprechen. Es stellte sich heraus, dass es eine ältere Frau war. Ihr Name war Deng und sie besaß einen kleinen Blumenladen in einer der Seitenstraßen, welche zum Fluss führten.
Sie hatte mit einem Mann fast 20 Jahre in Deutschland gelebt, ehe die Beziehung endete und sie nach Thailand zurückkehrte. Sie erzählte mir von ihrem Bruder Lumpiak, einem einheimischen Fischer, der etwas abgelegen auf der anderen Seite des Maeklong lebte, und mir gerne eine Unterkunft geben würde und mir zeigen wollte, wie man hier fischt. Er war 56 Jahre alt, rund 1,70 Meter groß und wog rund 50 Kilogramm. Er war ein dünner, aber drahtiger Kerl. Er erzählte mir, dass es schwierig sei, mit einer Angel einen dieser Stachelrochen zu fangen. Wir bauten sechs Angel-Bojen zusammen. Sie bestanden aus einer Zwei-Liter-Flasche als Boje, 30 Meter 180 Pfund Monofiler Schnurr, einem ein Kilogramm schweren Gewicht, um den Köder am Boden zu halten, und einen großen Circle Haken. Die Tage vergingen ohne Erfolg. Dafür freundete ich mich mit dem Fischer und seiner Familie an. Wir fischten, aßen, tranken und lachten jeden Tag miteinander und meine Besessenheit, dieser Fisch zu fangen, fing langsam an zu verschwinden. Nach zwei Wochen war es mir egal, ob ich einen fangen würde. Doch es sollte anders kommen.
An einem Donnerstag schlug das Schicksal zu. Ein Rochen hatte angebissen. Als wir den Fisch fast im Boot hatten, passierte das Unglück: Der Rochen hatte Lumpiak beim Festhalten des gefährlichen Schwanzes am Unterarm erwischt und einen ordentlichen Schnitt hinterlassen. Das Gift eines Stachelrochens war vergleichbar mit dem einer Klapperschlange. Er ging sofort ins Krankenhaus. Der gefangene Rochen hatte einen Durchmesser von 82 Zentimeter und ein Gewicht von 23 Kilogramm. Die Gesamtlänge mit Schwanz betrug 1,78 Meter. Wir machten einige Fotos und ließen ihn dann wieder zurück in den Fluss, wo er dann im dunklen Wasser des Maeklongs verschwand.
Haut verfärbt sich schwarz
An dem Morgen bissen noch zwei weitere Rochen an, doch unsere Gedanken waren bei Lumpiak. Mehrer Stunden vergingen, bis er endlich zurückkehrte. Sein Arm war geschwollen. Rund um die Wunde färbte sich die Haut schwarz. Er hatte starke Schmerzen. Stunden später lächelte er mich wieder an. Nun wusste ich, es ging ihm wirklich langsam besser.
Am nächsten Tag kamen Experten und Forscher von der Universität Chulalongkorn, um sich die Sache anzuschauen. Sie untersuchten die Wunde. Als sie erfuhren, dass ich alles auf Video hatte, fragten sie, ob sie es für Forschungszwecke haben könnten. Natürlich gab ich ihnen den Film. Am nächsten Tag kam noch Tucksaom Bhumnakasikara, die weltweit führend in der Forschung über diesen Süßwasserfisch ist. Sie hatte eine Überraschung für mich parat: Ich durfte mit zu ihrem Fish Siam Team.
Es hatte gerade ein Weibchen mit rund 300 bis 400 Kilogramm erwischt. Der Rochen, den ich wenig später sah, schien von einem anderen Planeten zu stammen. Er hatte einen Durchmesser von 2,40 Meter und eine Gesamtlänge von 4,27 Meter und war dazu noch schwanger mit zwei Babys im Bauch. Das Alter wurde auf 40 Jahre geschätzt. (mz)
Mehr über Norman Reissers Touren auf www.strange-waters.com

