Vom Club an die Fritteuse Wie Studenten in Halle mit weggefallenen Minijobs umgehen
Als das Veranstaltungs- und Gastrogewerbe schließen musste, haben auch viele Minijobber ihre Anstellung verloren. Betroffen sind vor allem auch Studierende.

Hlle (Saale) - Seit Angelina Brinkmann vor fünf Jahren zum Studieren nach Halle gekommen ist, hat sie immer in der Gastronomie gearbeitet. Die heute 23-Jährige war schon Kellnerin in der Bar Hayley an der Kleinen Ulrichstraße, hat hinter der Bar im Clubs „Charles Bronson“ gearbeitet und außerdem in der Kantine der halleschen Oper ausgeholfen. Die Nebenjobs braucht sie, um die Miete zu zahlen, den Kühlschrank zu füllen und das Studium zu finanzieren.
Außerdem mache ihr die Arbeit Spaß, sagt sie. Doch dann kam die Pandemie und mit ihr geschlossene Bars, Clubs und Kantinen. Angelina Brinkmann musste sich einen neuen Nebenverdienst suchen und hat einen in der Branche gefunden, die vom Lockdown profitiert hat: die Lieferdienste. Doch am liebsten würde sie wieder zurück in ihren alten Job.
„Den ersten Lockdown haben wir noch ziemlich gut rumgekriegt“, sagt Angelina Brinkmann. Als die „erste Welle“ überstanden war, hätten viele Gastro-Besitzer noch nach Alternativen gesucht, um das Angebot - und damit auch die Minijob-Stellen - aufrechtzuerhalten. So habe sie zum Beispiel noch im Sommer bei einem provisorischen Biergarten an der Peißnitz-Fontäne arbeiten können. Doch spätestens im Oktober wurde es eng. Als schließlich auch noch ein Messe-Job weggebrochen war, wurde das Geld knapp.
Geburtstagsgeld für die Miete
„In dieser Zeit haben mir meine Eltern viel unter die Arme gegriffen“, sagt Angelina Brinkmann. Wegen der vorhandenen finanziellen Unterstützung ihrer Eltern kamen die Überbrückungshilfen für Studierende für sie nicht infrage. Stattdessen wurden Geschenke geopfert: „Es war gut, dass ich schon im ersten Lockdown Geburtstag hatte. Von dem Geburtstagsgeld konnte ich dann leben. Groß etwas kaufen ging dann natürlich nicht.“
Seit Juni gibt es vom Bund Überbrückungshilfen für Studierende. Allerdings nur, wenn eine pandemiebedingte Notlage nachgewiesen werden kann. „In 90?Prozent der Fälle ist der Nachweis der Verlust eines Nebenjobs“, sagt Thomas Faust vom Studentenwerk Halle. In zehn Prozent der Fälle gehe es um Eltern, deren Einkommen pandemiebedingt teilweise oder ganz weggefallen ist, und die deswegen ihre Kinder nicht mehr unterstützen können. „Inzwischen wird der Pandemiebezug in erster Linie durch die Dokumentation von Bemühungen auf der vergeblichen Nebenjobsuche nachgewiesen.“,
Klamotten für die Fritteuse
Denn wie Zahlen der Minijob-Zentrale zeigen, wird die Suche nach Nebenjobs in der Pandemie zur besonderen Herausforderung. Schon die erste Corona-Welle im Frühjahr hat Tausende Minijobs im Land vernichtet. Jeder achte 450-Euro-Job in Sachsen-Anhalt ist verschwunden. Im Sommer gab es 11.000 Minijobs weniger also im Vorjahr. Mit Abstand am meisten Minijobs sind in der Gastronomie verschwunden. Dort gab es im Sommer rund 4.000 Minijobs weniger als ein Jahr zuvor. Inzwischen habe sich die Lage etwas entspannt, sagt Thomas Faust. Einige der typischen Nebenjobs würden wegen Corona aber weiterhin fehlen, etwa auf Messen, Veranstaltungen oder Festivals.
Auch die Bar-Kollegen von Angelina Brinkmann hätten sich nach neuen Jobs umschauen müssen, sagt sie. „Viele haben zum Beispiel in Supermärkten angefangen oder im Büro bei einem Steuerberater.“ Auch sie hat seit November wieder einen Nebenjob und ist froh, so zumindest finanziell wieder auf den Beinen zu stehen. Doch ihr neuer Job beim Burger-Lieferdienst „Brot &Rind“ ist eine Umstellung: „Früher, in der Bar oder im Club, war es nur der Rauchgeruch. Den konnte man loswerden. Seitdem ich brate und frittiere habe ich eigene Klamotten dafür.“ (mz)