Weihnachtssingen bei Piraten
Halle/MZ. - Und nachdem er mit Brechts Seeräuberballade auf den Lippen von der Saaldecke eingeschwebt war, machte er den Gästen die verlockende Zusage, dass sie am Ende der Reise auf die Weihnachtsinseln auf dem Sklavenmarkt verkauft werden.
Um die Zeit bis dahin vergnüglich zu füllen, führte Brock durch eine Show, bei der das Piratentum natürlich auch Programm war. Schließlich enterten die reichlich zwei Dutzend Sänger eindrucksvoll die Hits der Hitparaden aus mehreren Jahrzehnten. Und die Bandmusiker schwor Brock aufs maritime Thema ein, indem er sie etwa in den Meeresgott Poseidon oder den Seefahrer Sindbad verwandelte oder sie - wie eine der Backgroundsängerinnen - mit der Legende einer singenden Sirene versah. "Sie war es", so der Moderator, "die als erste das Ei des Kolumbus kraulte".
Es waren sängerisch und imitatorisch begabte Leute aus der halleschen Szene, die - phantastisch ausstaffiert (Maske und Kostüme: Susanne Schaub) - in die Rollen von Mega-Stars schlüpften. "Es sollten vor allem Leute sein, die sonst nicht auf der Bühne stehen", erläutert Matthias "Meff" Schimetzek, Schlagzeuger und Organisator des Weihnachtssingens, das Konzept.
Dass genau diese Sänger die große Steintor-Bühne für die Dauer von mindestens einem Titel zur allgemeinen Gaudi und ohne musikalische Peinlichkeit füllen können, zeigten alle eindrucksvoll. So doubelte die Studentin Steffi Wagner Janis Joplin, Anja Ziegler - die hallesche Stimme von "Radio SAW" - legte sich als Vroni Fischer "Auf der Wiese" mit wasserstoffblonder Perücke toll ins Zeug, der Koch Falk Schmiedeknecht ließ als Herbert Dreilich hochkarätigen "Gewitterregen" auf sein Publikum prasseln und Gregorio Hernandez war als Ray Charles sogar einer der Höhepunkte der Nacht.
Auch die als Mitarbeiterin einer Bio-Tech-Firma und als Malerin und Fotografin erfolgreiche Ute Vincens, der Germanistik-Student Felix Heklau, der Informatiker Falk Huth und der Computerfachmann Uwe Bohley hatten als Musiker große Auftritte beim Weihnachtssingen. Doch natürlich ließen sich auch einige gestandene Bandmusiker den Auftritt beim Fest der "Objekt 5"-Großfamilie nicht nehmen. Jens Thorun von den Bluesbrothers, der gemeinsam mit Keyboarder Thomas Aderhold das MDR-1-Comedy-Duo Öhlke und Öhmisch bildet, glänzte als Tony Christie. Frank Bär von den "Two Riders" sang mit seinem Sohn ebenso im Duett wie zwei der besten halleschen Bandmusiker: Christian Sorge und Carsten Rottweiler.
Ihnen allen gab das souveräne Quintett mit Aderhold, Schimetzek, Bassist Kay Büttner, Gitarrist, Christian Stephan und Keyboarder Steffen Thomas den nötigen musikalischen Rückhalt. Doch zum großen Erlebnis wurden die liebevoll vorbereiteten Nummern wohl erst durch die skurrilen Geschichten, die Peter Brock aus und mit alledem spann. Und so fragt man sich unwillkürlich, warum man einen Entertainer wie ihn in dieser Eigenschaft fast nur beim Weihnachtssingen erleben darf.