Stars auf Weihnachtsmarkt aber am Goldberg allein Weihnachtsmarkt Halle: Vergisst die Stadt ihre Rentiere?

Halle (Saale) - Wenn am Dienstag der hallesche Weihnachtsmarkt beginnt, lachen sie die Gäste wieder von überall her an. Ob auf Glühweinbechern, dem Halloren-Adventskalender, Broschüren oder Postern - die Rentiere Rudi und Finni sind in Halle zur Weihnachtszeit omnipräsent. Was viele Hallenser nicht wissen: Rudi und Finni gibt es wirklich. Sie leben mit ihren drei Jungen zwischen der B100 und Froher Zukunft auf dem Goldberg.
Von dort kommt nun allerdings Kritik vom Leiter der Einrichtung, Sebastian Werner. Er vermisst ausreichende Werbung von der Stadt, Interesse der Hallenser und hat auch noch mit Vandalismus zu kämpfen. Eine erste Spitze setzte er bei einer Bürgerversammlung vor einem halben Monat im Beisein von Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos). Er frage sich, ob die Stadt ihre Rentiere auf dem Goldberg vergessen habe, sagte der 41-Jährige, der die Einrichtung der Paritätischen Wohlfahrtshilfe seit Anfang des Jahres leitet.
Werbung in Halle vermisst: Auf den Goldberg kommen relativ wenige Hallenser
Im Gespräch mit der MZ legte er noch einmal nach. „Die Stadt kümmert sich zwar, bezahlt Futter und Tierarzt. Aber auf den Goldberg kommen relativ wenige Hallenser. Rudi und Finni sind ja schon fast die Wappentiere der Stadt, deshalb würde ich mir wünschen, dass sie im Rathaus mehr wahrgenommen und beworben werden.“ Rudi und Finni seien das Aushängeschild des Weihnachtsmarktes. „Die Stadt verdient mit ihnen viel Geld, was auch in Ordnung ist. Aber es ist keine Win-Win-Situation“, so Werner.
Er wünsche sich, dass Wiegand wenigstens einmal im Jahr öffentlichkeitswirksam ein Foto mit den Rentieren macht oder im Stadtmarketing Touristen der Goldberg schmackhaft gemacht wird. Immerhin seien die Tiergehege 365 Tage im Jahr 24 Stunden täglich zugänglich. Wenn Touristen nach Tipps für Ausflüge fragen würden, könnte man ihnen ruhig auch mal den Goldberg empfehlen, meint Werner.
Halles Tierfriedhof mit 350 Gräbern auf dem Goldberg
Das Gelände ist dauerhaft geöffnet, weil Halles Tierfriedhof mit 350 Gräbern auf dem Goldberg immer begehbar sein soll. Das birgt auch Probleme: „Alle 14 Tage wird etwas kaputtgemacht. Es wurden dieses Jahr schon zehn Feuerlöscher geleert und viermal Grabsteine umgeworfen“, sagt Werner. Im Sommer erwischte er zwei Jugendliche, die einen Schafstall anzünden wollten. Es ist keine einfache Situation für den Sozialpädagogen, der mehrere Dutzend Langzeitarbeitslose auf dem Goldberg beschäftigt und diesen zu einem beliebten Ausflugsziel machen will.
Die Rentiere sind dafür wie gemacht, findet er. Finni und Rudi waren im Jahr 2008 ohne viel Vorbereitung aus Finnland nach Halle gebracht worden. „Halle kam zu ihnen wie die Jungfrau zum Kinde“, so Werner. Mit Finnen aus der Stadt Oulu, zu der eine Städtepartnerschaft besteht, gibt es seit längerem eine Kooperation. „Die Tiere, heißt es, seien damals im Auto hergefahren worden. Der Zoo wollte sie nicht, der Goldberg hat sich nicht um sie gerissen, sie aber doch genommen.“ Anfangs standen Rudi und Finni noch in einem Streichelgehege, aber seit einiger Zeit wird ihnen der Lärm und Trubel erspart.
Rentiere vom Goldberg: Sehnsucht nach den Tieren scheint sich bei den Hallensern in Grenzen zu halten
Doch die Sehnsucht nach den Tieren scheint sich bei den Hallensern in Grenzen zu halten, bedauert Werner. „Den Goldberg kennen relativ wenige.“ Dabei gibt er sich seit seinem Amtseintritt im Januar alle Mühe, das Gelände aufzuhübschen. „Wir haben neue Tiere, haben alle Gehege renoviert, wir bewerben Tierpatenschaften und vermieten Bungalows“, zählt er auf.
Die Stadt hingegen kann die Vorwürfe nicht ganz nachvollziehen. Das Stadtmarketing Halle werbe mit „Finni und Rudi“ für den halleschen Weihnachtsmarkt, und in der Broschüre werde seit vielen Jahren kostenlos ein Ausflugstipp zur Rentierfamilie gegeben, so Stadtmarketing-Chef Steffen Kohlert. Seit 2008 werde von Stadt und Stadtmarketing aktiv für den Goldberg geworben, 2013 hatte die Stadt angeboten, auf der Internetseite der Stadt auf Verein, Nutztiergarten und die Rentiere hinzuweisen - auch überregional.
„Und in der Adventszeit gibt es seit Jahren einen Pressetermin mit den Rentieren, die dann Polarmoos direkt aus Finnland bekommen“, so Kohlert. Anfang Dezember wollen nun Vertreter der Stadt mit dem Leiter der Zukunftswerkstatt im Ratshof über die Entwicklung am Goldberg sprechen. (mz)