1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Wege aus der Schuldenfalle

Wege aus der Schuldenfalle

Von Heidi Pohle 21.12.2007, 16:47

Halle/MZ. - Klaus-Helmut Rintz weiß, wovon er spricht. Der Chef des Vereins "Nothilfe ohne Tabu" kümmert sich mit einer Hand voll Mitstreiter seit drei Jahren darum, Menschen aus der Schuldenfalle zu befreien, ohne eine offizielle Schuldnerberatungsstelle zu sein.

Rund 350 von ihnen, darunter viele junge Leute, hat der Verein bereits betreut und Pläne erarbeitet, wie sie wieder auf die Beine kommen. Manchmal gehe das nicht ohne ein privates Insolvenzverfahren, wie Reiner Schock als Anwalt und stellvertretender Vereins-Chef erklärt.

Einer, der bereits Hilfe erhalten hat, ist ein junger Mann, der aus mehreren Handy-Verträgen rund 7 000 Euro Schulden angehäuft hatte, so Rintz. Er sei ein typisches Beispiel dafür, dass die meisten Jugendlichen nicht mit Geld umgehen könnten. Was sicherlich auch schwer sei angesichts der oft aggressiv werbenden Konsum-Branchen, aber durchaus erlernbar.

Deshalb versteht Rintz nicht, warum eine eigentlich gute Präventionsmöglichkeit, die der Verein mit der "Aktion Mensch" anbietet, kaum angenommen wird. Denn fast alle Bemühungen, mit Experten in Schulen und Berufsschulen zu gehen, um über das Thema Schulden und Umgang mit Geld zu sprechen, liefen bislang ins Leere. "Wir haben kaum ein Echo auf unsere kostenlosen Angebote erhalten", sagt er enttäuscht und blättert in Materialien, die zum Beispiel auf leicht verständliche Weise das Thema Kredite behandeln.

Klaus-Helmut Rintz wird bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit mit vielen Problemen konfrontiert, zumal sich der Verein auch um Menschen kümmert, die sonst kaum eine Lobby haben: jugendliche Strafgefangene, Drogenabhängige sowie psychisch Kranke, wie er erzählt. Prinzip sei stets eine aktive Beteiligung der Schuldner, die "mit sanftem Druck" dahin gebracht werden, dass sie sich selbst helfen können. "Wir machen ihnen Mut, angesichts all der unbezahlten Rechnungen und Mahnbescheide nicht zu verzweifeln, sondern einen Schritt nach dem anderen zu tun, um eines Tages schuldenfrei zu sein", erzählt Rintz (66), der bis zu seiner Pensionierung eine private Fachschule für Sozialwesen in Brandenburg geleitet hat.

Und nicht selten gibt er über das Thema Geld hinaus Hilfe, damit der Alltag bewältigt werden kann oder ein beruflicher Neuanfang gelingt. Da die Zahl der Menschen in Not nicht kleiner, sondern größer werde, seien ehrenamtliche Helfer willkommen - bis jetzt arbeiteten zwölf mit, darunter Ärzte, Hochschullehrer und Juristen. Unterstützt werden sie von zwei Ein-Euro-Jobbern. Denn über die Schuldnerbetreuung hinaus erstellen die Vereinsmitglieder auch Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen. "Zudem loten wir für Patienten die Chancen aus, ob sich bei ärztlichen Kunstfehlern der Gang vors Gericht lohnt", so Rintz.

Der Verein ist zu erreichen in der Hanoier Straße 70, Telefon-Nummer 0345 / 681 1822.