Von wegen trocken Brot Von wegen trocken Brot: So hoch technologisiert ist die Gefängnisküche in Halle

Halle (Saale) - Hacksteak mit Möhren und Kartoffeln oder Kabeljau mit Speckkartoffelsalat. Und Weihnachten gibt es Wildgulasch mit Rotkohl und Klößen. Hört sich doch gar nicht schlecht an, oder? In der Gefängnisküche der halleschen Haftanstalten in der Frohen Zukunft werden keineswegs nur Wasser und Brot rationiert. Vielmehr kocht hier Jörg Bernstein als Küchenmeister zusammen mit acht Gefangenen täglich das Essen für die insgesamt rund 600 Häftlinge, die in der Anstalt in der Frohen Zukunft und im „Roten Ochsen“ am Kirchtor einsitzen.
In Halles Gefängnis wird gut gekocht
Auf gutes Essen wird in der halleschen Haftanstalt Wert gelegt. „1993 kam es in Thüringen mal fast zu einer Meuterei in einem Gefängnis, weil die Klöße zerkocht waren“, sagt Anstaltsleiter Hans-Jürgen Stach. Doch seitdem habe sich vieles in den Anstaltsküchen Deutschlands verändert. Auch in Halle.
Früher wiederholten sich die Speisen alle acht Wochen in einem festen Rhythmus, berichtet Bernstein. Heute sitzt der 45-jährige gelernte Koch am Rechner und bereitet einen Speiseplan vor, auf dem sich praktisch nichts mehr wiederholt. „Es gibt kaum noch Beschwerden“, freut er sich.
Gefängnisküche in Halle (Saale): Hier wird nichts dem Zufall überlassen
Schon morgens um 5 Uhr ist jeden Tag Dienstbeginn. Neben Bernstein, der für den Dienst im Gefängnis auch zusätzlich eine Ausbildung als Justizvollzugsbeamter absolviert hat, sind acht Gefangene und zwei bis drei Justizbedienstete zur Aufsicht in der hoch technologisierten Küche.
Hier wird nichts dem Zufall überlassen; Computer wachen über die Temperatur im Kühlhaus und berechnen die Mengen, die für die vielen Essen benötigt werden: 170 Kilo Weißkohl oder 100 Kilo Hackfleisch. Gewürzt und gesalzen wird nicht per Streuer, sondern mit großen Schippen. Sieben große Kühlräume gehören zu der rund 500 Quadratmeter großen Küche.
Gefängnisküche in Halle (Saale): Kochgerät für 25.000 Euro bereitet Gulasch auf Knopfdruck zu
Während die Küchenarbeiter für Arbeiten wie Schneiden oder Portionieren auf Maschinen zurückgreifen können, bedient Jörg Bernstein das „Vario Cooking Center“. Ein Traum von computergesteuerter Kochmaschine mit 150 Litern Fassungsvermögen für Hunderte Portionen Gulasch, Suppe oder Nudeln.
Bernstein muss nur die gewünschte Menge, etwa an Wasser, eingebenen, die gewünschte Kochtemperatur und die Kochzeit. Der Deckel öffnet sich auf Knopfdruck - und dann wieder, wenn alles gar ist. „Man kann auch über Nacht garen oder Druckgaren“, schwärmt der Küchenchef von dem Kochgerät, das rund 25.000 Euro kostet.
Gefängnisküche in Halle (Saale): Essen wird nur einmal am Tag ausgegeben
Bernstein und seine Mitarbeiter müssen früh am Morgen starten, weil die Essensversorgung im Gefängnis eine Besonderheit hat: Das Essen wird nur einmal pro Tag ausgegeben. Das Mittagessen wird in Wärmebehältern geliefert, und gleich dazu erhalten die Häftlinge ihr Abendbrot und das Frühstück. „Jeder Gefangene hat in seinem Haftraum einen Kühlschrank“, erläutert Stach das Prozedere, das freilich viel Arbeitszeit für die Bediensteten erspart.
Auch bei Frühstück und Abendessen ist der Speiseplan bunt: Mal gibt es Tomatenleberwurst, dann Frischkäse oder Jagdwurst; für Veganer wird Soja-Leberwurst ausgegeben und Moslems haben nach ihren religiösen Vorschriften einen eigenen Speiseplan.
Gefängnisküche in Halle (Saale): Warum der Gefängnisleiter täglich Testessen muss
Ganz klar, dass auch diese Kaltspeisen hygienetechnisch überwacht werden - und wie das Mittagessen täglich von Gefängnisleiter Hans-Jürgen Stach sowie dem Anstaltsarzt probegegessen werden. „Und zwar wird das Essen dafür aus demselben Behälter genommen, aus dem die Gefangenen versorgt werden“, beteuert Stach.
Das Ganze hat zwei Gründe: Zum einen, damit Stach auf dem Laufenden ist, ob es schmeckt und ob es wirklich abwechslungsreich ist - und zum anderen weil dieses Essensproben der Anstaltsleitung gesetzliche Vorschrift sind.
Gefängnisküche in Halle (Saale): Grießbrei und Sonntagsbraten stehen ganz oben auf der Liste
Was mögen die schweren Jungs eigentlich am liebsten? „Grießbrei und Milchreis sind immer sehr gefragt“, sagt Stach - und natürlich die Sonntagsbraten. Nebenbei: Der Speiseplan bis Ende 2018 steht bereits. Denn den stellt Jörg Bernstein gerne in Ruhe zusammen.
Erfahrungen hat der 45-Jährige schon viele Jahre mit dem Kochen von XXL-Portionen: In Restaurants und in Hotels, sogar auf Schiffen hat der Meister schon am Herd gestanden. 2002 wechselte er den Job. Ein Vorteil: Um 13 Uhr ist hier in der Küche meistens Feierabend, wenn alles saubergemacht und das Essen an die Gefangenen verteilt ist. (mz)