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Von Beruf Badgestalter Von Beruf Badgestalter: Familie Herrmann betreibt seit 1933 ein Sanitärgeschäft

Von Doreen Hoyer 17.11.2014, 09:34
Noch führt Lutz Herrmann (links) die Geschäfte. Schwester Annette Draheim und Sohn Steffen helfen dabei. Sie zeigen Fotos von Firmengründer Willy Herrmann (Bild links) und dessen Sohn Konrad.
Noch führt Lutz Herrmann (links) die Geschäfte. Schwester Annette Draheim und Sohn Steffen helfen dabei. Sie zeigen Fotos von Firmengründer Willy Herrmann (Bild links) und dessen Sohn Konrad. Repros: Jens Schlüter Lizenz

Halle (Saale) - Der erste April 1913 muss ein ganz besonderer Tag für Willy Herrmann gewesen sein, denn er bekam seinen Lehrbrief von der Klempner- und Installateurinnung überreicht. „Mein Opa tat zur Feier des Tages etwas ganz Anrüchiges: Er ging in ein Lokal mit Damenbedienung“, erzählt Lutz Herrmann schmunzelnd. Er führt heute den Betrieb seines Großvaters in dritter Generation, die vierte steht schon in den Startlöchern.

Doch von vorn: Gut zwanzig Jahre nach dem denkwürdigen Abend mit der Damenbedienung gründete Willy Herrmann seine eigene Klempnerei - allerdings nicht ganz freiwillig. „Mein Opa arbeitete eigentlich im Röhrenwerk. Er wurde entlassen, weil er eine große Klappe hatte und sich für die Arbeiter einsetzte“, erzählt Lutz Herrmann.

Teile aus der BRD beschafft

Die Herrmannsche Klempnerei war zunächst in Passendorf. In den 30er Jahren waren die sanitären Einrichtungen in den Wohnungen freilich viel bescheidener als heute: Ein Ofen für das Bad, eine Spüle für die Küche - das sei die normale Ausstattung gewesen, erzählt Lutz Herrmann. Zusätzlich habe sein Großvater noch Blechdächer und Dachrinnen gebaut.

Im Jahr 1951 stand in der Klempnerei der erste Generationswechsel an. Willys Sohn Konrad übernahm die Geschäfte. „Mein Vater hatte mit der Mangelwirtschaft in der DDR ganz schön zu kämpfen. Wenn es bei der Materialzuteilung hieß: Du bekommst für das ganze Jahr nur fünf Mischbatterien für Waschbecken, dann war das eben so“, erinnert sich Lutz Herrmann. Deshalb habe die Kundschaft erfinderisch sein müssen.

Viele Leute hätten sich die nötigen Teile aus der BRD selbst beschafft, Konrad Herrmann habe sie dann eingebaut. Da er nie Angestellte hatte, musste sein Sohn Lutz früh im Betrieb mithelfen. „Ich habe schon als Zwölfjähriger mit Boiler aufgehängt. Das war eine gute Übung und mir war schon als Kind klar: Ich übernehme später die Firma“, erzählt der heute 59-Jährige. Dabei habe sein Vater Konrad gar nicht gewollt, dass er in seine Fußstapfen trete.

Wie der studierte Kraftwerkstechniker Lutz Herrmann dazu kam, den väterlichen Betrieb zu übernehmen, lesen Sie auf Sete 2.

Tatsächlich studierte Lutz Herrmann Kraftwerkstechnik und arbeitete als Ingenieur. Dann kam die Kehrtwende. 1987, mit 32 Jahren, habe er „alles hingeschmissen und bei Vater im Betrieb angefangen“, erinnert er sich. Eigentlich hätte Herrmann in der Kombinatsleitung arbeiten sollen, aber das wollte er nicht: „Es war eine staubtrockene Arbeit. Ich konnte meinen Kindern nicht mal erklären, was genau ich den ganzen Tag mache“, erinnert er sich.

„So konnte es nicht weiter gehen“

Schließlich übernahm Lutz Herrmann 1991 den Klempner-Betrieb von seinem Vater. Fünf Jahre später zog die Firma in die Eislebener Straße, wo sie auch heute noch ihren Sitz hat. Herrmann wird von seiner Schwester Annette Draheim unterstützt, die sich um die Buchhaltung kümmert. Nach und nach konnten die Geschwister Mitarbeiter einstellen. „Aber Ende 90er hatten wir ein schlechtes Jahr. So konnte es nicht weiter gehen“, erinnert er sich. Deshalb habe er einen neuen Schwerpunkt für sein Unternehmen gesucht: die Badgestaltung.

Seitdem richtet Herrmann hauptsächlich Badezimmer für seine Kunden ein, auch wenn andere Klempnerarbeiten nach wie vor zum Programm gehören. „Der Geschmack der Leute hat sich in den vergangenen 15 Jahren sehr verändert“, erzählt er. Hätten die Kunden Ende der neunziger noch kleine Fliesen und simple Armaturen gewollt, so stehe heute das Design im Vordergrund.

Das bestätigt auch sein Sohn Steffen. Der 28-Jährige hat im vergangenen Jahr seinen Meister gemacht und will den Betrieb von Vater Lutz übernehmen. Stichtag ist der erste Januar 2016. Er habe nie einen anderen Beruf in Betracht gezogen, erzählt Steffen Herrmann. „Wie mein Vater auch habe ich schon als Kind im Betrieb mitgeholfen.“ Lutz Herrmann schätzt sich glücklich, einen Nachfolger zu haben. „Ich kann mich dann beruhigt zurückziehen, weil die Firma in guten Händen ist.“ (mz)

Willy Herrmann (links) bei Dacharbeiten in den 40er Jahren
Willy Herrmann (links) bei Dacharbeiten in den 40er Jahren
Schlüter/Repro Lizenz