Vermeintlicher Leichenfund in Halle Vermeintlicher Leichenfund in Halle: Sexpuppe landet auf dem Seziertisch

Halle (Saale) - An einen schrecklichen Fund glaubten zwei zehnjährige Kinder am Donnerstagnachmittag in Heide-Nord gegenüber eines Spielplatzes im Lunzbergring: Ein wenig versteckt entdeckten sie eine vermeintliche Frauenleiche. Zu sehen waren nach Angaben der Polizei nur Kopf und Brüste, „der restliche Körper war durch Schlamm, Gras und starke Verwitterung nicht erkennbar“, sagte Sprecherin Anja Koppsieker am Freitag. Erst nach einiger Zeit gab es Entwarnung: Es handelt sich um eine ziemlich verwitterte Silikonpuppe - die nun auf dem Seziertisch der halleschen Gerichtsmedizin liegt.
Woher kam die Puppe?
Was die Experten für Todesfälle damit machen sollen? Rüdiger Lessig, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin, und sein gesamtes Team sind amüsiert über den kuriosen Fall. „Was nun weiter mit der Puppe passieren soll, muss die Polizei entscheiden“, schmunzelt Lessig, „am Ende entsorgen wir sie wohl auch bloß.“ Seziert wird das sich in Auflösung befindende Etwas jedenfalls nicht - es liegt ja auch keine Straftat vor. „Einen Puppenfund hatten wir in der halleschen Rechtsmedizin noch nicht“, so Lessig.
Welchen Zweck die Silikonpuppe hatte, darüber kann auch der Rechtsmediziner nur spekulieren. Der Zustand sei einfach zu schlecht dafür. Der Klumpen Plastik, dessen Beine nur bis zum Knie gehen und dessen Arme schon mit dem Körper verschmolzen sind, ist mit einer dicken Schicht Erde, Laub und Gestrüpp bedeckt. Dem Anschein nach war die Puppe wohl keine Schaufensterpuppe, sondern eher ein Objekt der sexuellen Begierde. Wie lange sie schon im Gebüsch am Lunzberg-Spielplatz gelegen hat, kann Lessig nicht sagen. „Sehr lange, mindestens aber über den letzten Winter“, sagt er.
Notarzt ging von Todesfall aus
Aber auch der Rest der Geschichte rund um die aufregenden Entdeckung in Heide-Nord ist extrem kurios: Die Eltern der Kinder hatten die Polizei informiert, woraufhin ein Streifenwagen und ein Notarzt nach Heide-Nord geschickt wurden. Polizisten und der Notarzt, die den Körper am Fundort ebenfalls für eine Leiche hielten, forderten Kriminalpolizei und Gerichtsmedizin an. Das Waldstück wurde abgesperrt - schließlich sei auf den ersten Blick ein Verbrechen nicht auszuschließen gewesen und Spuren hätten gegebenenfalls gesichert werden müssen.
„Auch der Notarzt ging von einem Todesfall aus“, sagt Polizeisprecherin Anja Koppsieker. „Zu keiner Zeit war für die Beteiligten ersichtlich, dass es keine Leiche gab, da sowohl die Polizisten, als auch der Notarzt aufgrund der Situation die vermeintliche Leiche nicht berühren durften.“ Erst der Gerichtsmediziner stellte schließlich fest, dass es sich bei dem Fund nicht um eine Frauenleiche, sondern um eine Silikonpuppe handelt.
Verbrechen wurde nicht ausgeschlossen
Die Ermittlungen bei der Polizei wurden daraufhin eingestellt und die Gerichtsmediziner nahmen die Silikonpuppe eingepackt in einen Leichensack mit - schlichtweg, um sie vom vermeintlichen „Tatort“ wegzubringen, erklärt Gerichtsmediziner Rüdiger Lessig. Einen Vorwurf will er den Beamten und dem Notarzt nicht machen, obwohl die die Puppe nicht erkannten. Durch die Absperrung des Tatortes sei praktisch nur eine Ferndiagnose möglich gewesen. Im Polizeirevier will man sich auch keinen Vorwurf machen lassen. „Die Beamten haben richtigerweise eingeschätzt, dass hier ein Verbrechen nicht ausgeschlossen werden kann“, so Koppsieker. So hätten sie, „aufgrund einer sehr unklaren Auffindsituation“, vorschriftsmäßig entschieden, dass man die Gerichtsmedizin hinzuziehen müsse.
„Mit den Kindern ist inzwischen gesprochen worden“, sagt Koppsieker. Sie seien darüber informiert worden, dass es sich bei ihrem Fund nicht um eine Frauenleiche, sondern um eine Silikonpuppe gehandelt habe, „so dass sie keinen weiteren Schaden davongetragen haben.“
Bei der Polizei in Halle kann man sich an einen ähnlichen Fall nicht erinnern. „In einer morgendlichen Sitzung haben wir besprochen, dass dieser Ablauf aber immer wieder so geschehen könnte“, so Koppsieker. (mz)