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Umgang mit der Corona-Krise Umgang mit der Corona-Krise: So denkt Hauptsache-Halle über die Arbeit der Stadt

13.08.2020, 11:30
Für das MZ-Sommerinterview ist Andreas Wels auf die Hausmannstürme gestiegen.
Für das MZ-Sommerinterview ist Andreas Wels auf die Hausmannstürme gestiegen. Andreas Rohrbach

Halle (Saale) - Durch die Corona-Krise stand die Kommunalpolitik seit März Kopf. Nachdem Sitzungen des Stadtrats und der Fachausschüsse zunächst ausfallen mussten, konnte die Arbeit in den Gremien nur schrittweise und in verkürzter Form wieder aufgenommen werden.

Wie ist die Stadtspitze aus Sicht der Lokalpolitiker mit der Pandemie umgegangen und welche Schwerpunkte müssen nach der Sommerpause gesetzt werden? Die MZ interviewt dazu die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrats. Das Gespräch führte Jonas Nayda mit Hauptsache-Halle-Fraktionschef Andreas Wels.

Warum haben Sie die Hausmannstürme als Ort für das Interview ausgewählt?

Andreas Wels: Ich habe mir darüber Gedanken gemacht. Genauso beschwerlich wie die vielen Stufen hier hoch waren, so war es auch für unsere Fraktion in unserem ersten Jahr nicht leicht. Es ist ein beschwerlicher Weg, um Mehrheiten zu kämpfen und gescheite Anträgen zu machen, die das Stadtleben voranbringen. Außerdem liebe ich als ehemaliger Turmspringer die luftige Höhe. Da haben die Gedanken freien Lauf und man kann diese wunderbare Stadt von oben genießen.

Was war für Ihre Fraktion der bisherige Höhepunkt im politischen Sinne?

Für uns war das die Wassergewöhnung in städtischen Kitas, die wir gemeinsam mit anderen Beteiligten durchgesetzt haben und die im September startet. Wir möchten, dass alle Kinder so früh wie möglich schwimmen lernen, weil in Deutschland immer wieder vermeidbare Badeunfälle passieren. Jeder vierte Grundschulabsolvent kann nicht richtig schwimmen. Das muss nicht sein. Wir haben dieses Thema zu einer Zeit auf die Agenda gebracht, als niemand darüber gesprochen hat, weil Winter war. Das hat es schwierig gemacht, aber deshalb ist es auch ein so großer Erfolg für uns.

Ihr Antrag dazu wurde allerdings abgelehnt. Die Wassergewöhnung wird jetzt nur eingeführt, weil die Stadtverwaltung das freiwillig macht, ohne einen Stadtratsbeschluss.

Ja, wir haben das Thema über einen langen Prozess immer wieder platziert und durch eine vernünftige Argumentation viele viele Menschen sensibilisiert. Darauf haben wir durchweg positives Feedback bekommen. Das Schlimme war, dass man auf Seiten einiger anderer Fraktionen das Thema ohne Gegenargumente weggedrückt hat. Man wollte prüfen, ob das wirklich so sei mit den Badetoten, aber die Studien dazu sind längst bekannt. Und manchmal gehört eben auch ein Quäntchen Glück dazu, deshalb haben wir trotzdem gewonnen.

Die Fraktion Hauptsache Halle ist hervorgegangen aus dem Verein Hauptsache Halle, der 2011 gegründet worden war und Bernd Wiegand (parteilos) 2012 und 2019 in seinen erfolgreichen Wahlkämpfen zum Oberbürgermeister unterstützte. Bei der Kommunalwahl im Mai 2019 ist der Verein erstmals mit einer eigenen Wählergruppe angetreten und hat knapp 6,9 Prozent der Stimmen bekommen. Am stärksten schnitt die Vereinigung im Wahlbereich 4 ab, zu dem unter anderem die Altstadt, die südliche Innenstadt und der Lutherplatz gehören. Mit vier Abgeordneten sitzt Hauptsache Halle seitdem im halleschen Stadtrat.

Der 45-jährige Andreas Wels ist Fraktionsvorsitzender. Der ehemalige Profi-Turmspringer (unter anderem viermal Europameister, Olympia-Silber) hat 2008 seine aktive Karriere beendet und arbeitet heute als Lehrer. Seit seiner Kindheit lebt der gebürtige Schönebecker (Salzlandkreis) in Halle.

Kritiker bezeichnen Sie als die Fraktion des Oberbürgermeisters. Wie nahe stehen Sie denn dem OB Bernd Wiegand (parteilos)?

Ich kannte den OB schon, da war er noch gar kein OB. Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm, aber kein übermäßig enges Verhältnis. Ich finde ihn als OB sehr gut. Er fasst Themen unkompliziert an und versucht, mit seinen Impulsen die Stadt voran zu bringen. Dass Kritik kommt, damit muss man immer leben, das ist normal. Aber wir als Fraktion sind nicht der OB.

Ich sitze nicht drüben in seinem Büro und stimme Themen ab. Wir haben unser Wahlprogramm und arbeiten unsere Themen ab. Wir sind nur den Wählern verpflichtet und auch wir mussten schon erleben, dass unsere Themen von der Stadtverwaltung abgelehnt wurden. Dass es eine Nähe gibt, ist nicht von der Hand zu weisen, aber wir machen unser eigenes Ding. Wir haben übrigens viel mehr Kontakt mit den anderen Fraktionen als mit der Rathausspitze.

Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit im Stadtrat?

Aus unserer Perspektive kann es nur im Miteinander funktionieren. Es hat auch an einigen Beispielen fraktionsübergreifend gut funktioniert. Etwa bei den neuen Hundewiesen, die wir gemeinsam mit der CDU vorgeschlagen haben. Dann führt das Miteinander zur Verbesserung der Lebensqualität in Halle. Gut ist, wenn man sich von Argumenten überzeugen lässt.

Das kommt bei uns auch immer wieder vor, dass wir während einer Diskussion bemerken, dass man Dinge auch ganz anders betrachten kann und dass unser Antrag vielleicht noch verbessert werden kann. Wir unterliegen keinem Fraktionszwang, wir können auch mal den Linken oder den Grünen zustimmen.

Und manchmal stimmen auch innerhalb unserer Fraktion Stadträte dagegen und andere dafür. Das ist auch in Ordnung so, deswegen wird bei uns niemand aus der Fraktion rausgeschmissen.

Gibt es eine Stadtratsfraktion, in deren Nähe Sie Hauptsache Halle sehen?

Schwierig. Eigentlich befinden wir uns in der Mitte. Wir können uns sehr gut mit den Argumenten der Grünen arrangieren, wenn es um das Thema Klima geht. Immer wieder machen wir auch themenbezogen mit der SPD gemeinsame Anträge. Aber manchmal auch mit der CDU. Unsere Devise ist, dass wir mit allen Fraktionen immer im Gespräch bleiben.

Auch mit der AfD?

Wenn es um einfache, unpolitische Dinge geht, wie beispielsweise die Beleuchtung in einer Straße und wir feststellen, dass tatsächlich ein Bedarf besteht, dann ist das ein Thema, das die Lebensqualität der Hallenser verbessert und dann stellen wir uns auch nicht in den Weg.

Da sehe ich auch kein Problem, es dem Bürger nicht zugutekommen zu lassen. Ideologisch geben wir keinen Millimeter nach. Da distanzieren wir uns in jeglicher Hinsicht. Halle ist Stadt der Vielfalt.

Hat Corona die Arbeit im Stadtrat behindert?

Ja. Als der Shutdown kam, hingen wir kurzzeitig in der Luft. Aber das Krisenmanagement der Stadt war gut. Man hat sehr frühzeitig die Schotten dicht gemacht. Wir Fraktionsvorsitzenden haben uns über Videokonferenzen beraten, aber natürlich lagen die meisten Anträge erstmal auf Eis.

Die dann folgenden Sitzungen mit Maske und anderen Einschränkungen waren beschwerlich und wir konnten nur die Themen behandeln, die unaufschiebbar waren. Das hat bedeutet, dass auch von uns manche Anträge liegen geblieben sind, die vielleicht gut gewesen wären. Aber das ging jedem Stadtrat so. Die Sitzung im Stadion war ein fulminanter Abschluss. Nach der Sommerpause sollten wir aber wieder zurück zur Normalität kommen.

Welches Thema ist Ihnen für die Zukunft besonders wichtig?

Wir werden uns unter anderem natürlich für den Breitensport einsetzen, beispielsweise für die Sanierung von Sportstätten, denn Sport ist für mich eine Voraussetzung für ein gesundes, vernünftiges Leben. Wir werden die Änderung der Baumschutzsatzung sowie auch die Sanierung des historischen Stadtbades vorantreiben. Die Entwicklung eines „Star Park II“ zusammen mit dem Saalekreis steht ebenfalls auf unserer Agenda. Gern nehmen wir immer auch noch Themen aus der Bevölkerung auf. (mz)