Fünfter Raub in vier Tagen Überfall in Halle: Juwelier wurde Opfer - "...dann hat er einen Stock und ein Messer gezogen"

Halle (Saale) - Sollte es einen Zusammenhang zwischen den Überfällen geben, dann haben die Täter diesmal weniger Skrupel als bei ihren letzten Coups gezeigt. Es ist Mittwoch, kurz nach 8 Uhr morgens, als die Goldschmiedemeisterin die Tür zu ihrem Laden in der Rannischen Straße öffnet. Ihren Namen will die Geschäftsinhaberin aus Angst vor dem Täter nicht in der Zeitung lesen.
Kurz bevor die Tür ins Schloss fällt und damit nur noch von innen zu öffnen gewesen wäre, beginnt es: „Der Mann ist hinter mir reingesprungen, hat sich weggedreht und maskiert, dann hat er einen Stock und ein Messer gezogen“, erzählt sie.
Überfall auf Juwelier: Inhaberin gefesselt, Räuber räumt Panzerschrank leer
Das sei ein Überfall und kein Scherz, ruft er. Wo ist das Geld? Doch die Juwelierin hat kein Geld, die letzten Kunden hatten alle mit Karte bezahlt. Den maskierten Mann, etwa 1,70 Meter groß, mit einem schwarzen Mantel und hellblauen Jeans bekleidet, interessiert das nicht. Die 55-Jährige muss sich hinknien und wird gefesselt.
Mit einem Kabel drückt der Täter ihr die Luft ab. Dann geht er in der Tresorraum, wo die Handwerkerin ihre und die wertvollen Stücke der Kunden aufbewahrt. „Der Safe war bereits offen, weil ich Gold zum Schmelzen herausnehmen wollte“, sagt sie. So hat der Täter leichtes Spiel und kann den Panzerschrank leerräumen.
Überfall auf Juwelier: Auch Schmuck von Kunden und deren Adressen sind weg
Fast noch schlimmer: Er nimmt auch mehrere Tüten mit, in denen die Goldschmiedin Schmuck aufbewahrt, den Kunden zur Reparatur zu ihr gebracht haben. Auf den Tüten stehen die Adressen der Kunden. „Eine Katastrophe, sollten sie jetzt auch noch Probleme bekommen!“
Der Überfall ist damit noch nicht vorbei. Der Täter, den die 55-Jährige als ärmlich aussehend beschreibt, sperrt sie in ein Hinterzimmer ein und flüchtet aus dem Geschäft. Sein Opfer schafft es, mit dem Ellenbogen einen Riegel wegzuschieben und sich so zu befreien. „Im Treppenhaus habe ich eine Nachbarin getroffen und gesagt, sie soll sofort die Polizei rufen“, erinnert sie sich im Gespräch mit der MZ. Die Beamten seien auch schnell gekommen.
Gibt es einen Zusammenhang zu den Überfällen der vergangenen Tage?
„Die eingeleiteten polizeilichen Fahndungsmaßnahmen, auch unter Einsatz eines Fährtenhundes, führten bisher nicht zum Erfolg“, sagt am Nachmittag Maik Kuschert vom Polizeirevier Halle. Die Polizei habe umfangreiche Ermittlungen eingeleitet und bereits Zeugen befragt sowie Spuren gesichert.
Ob es einen Zusammenhang zwischen den vier anderen Überfällen der vergangenen Tage gibt, ist bislang offen. Begonnen hatte die Serie am Freitagabend in Braunsbedra, als zwei Täter eine Kassiererin eines Supermarktes mit einer Brechstange bedrohten und die Kasse aufhebelten. Am Montagvormittag hatte dann ein Täter ein Wettbüro am Rannischen Platz überfallen. Am Nachmittag um 15.45 Uhr schlug derselbe oder ein anderer Täter dann wieder in einem Wettbüro in Merseburg zu. Der maskierte und mit einer Pistole bewaffnete Mann, der 1,70 Meter groß gewesen sein soll, forderte Geld von einem Angestellten und flüchtete danach.
Dienstagabend traf es einen Supermarkt am halleschen Birkhahnweg. Ein Mann, der dieses Mal auf 1,80 Meter geschätzt wurde, bedrohte um 18.35 Uhr eine Kassiererin mit einer Pistole und forderte Geld. Eine Suche nach dem dunkel gekleideten Mann verlief ohne Ergebnis. Ist der Überfall auf die Juwelierin von denselben Tätern verübt worden, obwohl sich Waffen und Art der Tatbegehung zum Teil unterscheiden? Dazu äußerte sich die Polizei am Mittwoch nicht.
Für die Goldschmiedin spielt das auch kaum eine Rolle. Sie will die Kunden anrufen, deren Reparatur-Stücke gestohlen wurde. Die Schlösser an ihren Türen hat sie schon austauschen lassen. Der Täter hatte auch ihren Schlüsselbund mitgenommen.
››Hinweise nimmt die Polizei unter Tel.: 0345/ 224 22 00 entgegen.
(mz)