Steinzeit-Fund Steinzeit-Fund: Der Krimi von Salzmünde
Halle (Saale)/salzmünde/MZ. - Geheimnisvoll und faszinierend - so ist bis heute die Geschichte unserer Vorfahren, die vor rund 5 000 Jahren auf einem Siedlungsplatz oberhalb der Saale - nahe dem heutigen Salzmünde - gelebt haben.
Als eine Gruppe von neun Archäologen, einer Anthropologin und zahlreichen Helfern und Technikern 2005 das monumentalste Grabungsfeld Deutschlands dort erschloss, wurde schnell sichtbar: Hier passiert Außergewöhnliches genau vor unserer Haustür.
Wenn das Landesmuseum für Vorgeschichte in Kooperation mit dem Landesamt für Archäologie jetzt erwägt, 2013 eine Sonderausstellung dem steinzeitlichen Erdwerk Salzmünde zu widmen, dann spricht das für dessen wissenschaftliche Bedeutung.
Die spannende Archäologie hat rund zwei Jahre lang Tausende Menschen vor die Tore der Stadt Halle gelockt. Sie wollten sehen, was da unter der Erde verborgen liegt, wie die Steinzeitler gelebt, geliebt und gearbeitet haben. Eine so große Ausgrabung hat etwas Einmaliges. Und sie war nur möglich, weil der Bundesverkehrswegeplan den Bau des letzten Teilstückes der A 143 gerade dort vorsieht. Und bevor gebaut wird, muss gegraben werden.
Der Archäologie-Pionier Heinrich Schliemann schrieb in einem seiner Tagebücher: "Stich einen Spaten in die Erde und du wirst fündig werden." Genauso hat es sich in Salzmünde zugetragen. Beinahe täglich kamen Funde ans Licht, die Rätsel aufgaben wegen ihrer Einmaligkeit.
Und die auch dazu führten, dass die beteiligten Wissenschaftler bis zum Ende der Ausgrabungen diskutierten und fachsimpelten, ob es sich bei dem Erdwerk sowohl um eine Bestattungsstätte als auch um einen Siedlungsplatz oder ausschließlich um eine Nekropole, eine Totenstadt, gehandelt hat. Eine Frage, die bis heute noch nicht schlüssig beantwortet werden kann.
Und so schließt sich vorläufig ein Kreis. Wie der Sprecher des Landesmuseums Alfred Reichenberger sagt, gebe es noch kein vollständiges Konzept für die 2013 geplante Sonderausstellung. "An der Auswertung der Funde wird derzeit gearbeitet. Vor allem die Anthropologen sind dabei gefragt."
Und es gilt, unendlich viele Fragen zu beantworten. Woran sind die vier Frauen und ihre Kinder gestorben, die zusammen mit einem Baby gefunden wurden? Ihre Verbrennungen weisen auf einen Hausbrand hin - bisher ist diese Annahme reine Spekulation. Bisher. Für die Klärung werden vielleicht auch forensische Untersuchungen stattfinden.
Die Aufmerksamkeit der Forscher verdient eine weitere Skelettgruppe: ein junges Mädchen, das ein kleineres liebevoll im Arm hält, während ein noch jüngerer Knabe etwas abseits bestattet war. An dieser Fundlage hatten sich die Debatten der Archäologen ebenfalls entzündet.
Mord, Opferbestattung, Tod durch eine Seuche? Ein Steinzeit-Krimi. Bis heute ist er ungelöst. Ebenso verhält es sich mit dem Skelett eines wahren Prachtburschen: breite Schultern, mindestens 1,80 Meter groß und Arbeitsspuren an den Schneidezähnen. Das Besondere: Seine linke Hand wurde amputiert und ihm wohl als Zeichen der großen Wertschätzung, die in der Jungsteinzeit Handwerkern zuteilwurde, auf den Bauch gelegt.
Mit ihm bestattet wurden auch seine Werkzeuge. Die Schnittspuren der Amputation verrieten schon bei der Ausgrabung, dass die Medizinmänner vor 4 000 Jahren bereits medizinische Kenntnisse besaßen, die sie zu chirurgischen Eingriffen befähigten. Woran genau dieser Prachtkerl aus der Jungsteinzeit gestorben ist, bleibt vorerst noch sein Geheimnis. Nur seine Knochen könnten es verraten.
Bei einem guten Krimi hält die Spannung bis zum Schluss. So ist es auch am Tatort Salzmünde. Man darf gespannt sein auf die Sonderausstellung im Landesmuseum.