Steintor-Varieté Steintor-Varieté: Solange die Puste noch reicht
Halle/MZ. - Menuett, Walzer, Charleston - klar, das alles darf nicht fehlen, wenn sich die Ehemaligen der Hesse-Revue nach vielen Jahren erstmals wieder treffen. Tänzer, Musiker und Techniker aus mehreren Generationen kamen im Steintor-Varieté zusammen, um sich zu erinnern, um zu tanzen, um sich einfach wiederzusehen.
Denn im Steintor begann vor 55 Jahren die aufregende Geschichte der Hesse-Revue: Friedel und Rob Hesse gründeten sie 1949 mit sechs Paaren und sechs Musikern. "Tanz im Wandel der Zeiten" hieß das Konzept. Und die Idee, in einer Show auch mal ein Menuett und andere historische Tänze zu zeigen, stieß auf große Begeisterung.
Am Samstagabend waren denn auch einige Aktive der ersten Stunde dabei. Die Hallenserin Christel Richter, die von 1949 bis 1970 mittanzte, hatte das Treffen der Hesse-Generationen organisiert. Dias auf Großleinwand, beispielsweise von einer Tournee 1970 nach Moskau, lösten einige Emotionen im Saal aus: "Das bin ja ich!" oder "Dieses Kleid, o nein!".
Natürlich wurde im Steintor-Varieté auch ein kleiner Teil der Hesse-Revue getanzt: "Solange die Puste noch reicht", sagte der Hallenser Ulrich Conrad, der bis 1988 dabei war, und: "Hör ich die die Musik, ist alles wieder da!" Der 63-jährige gelernte Postvertriebsfacharbeiter ging nach der Ausbildung noch zur Ballettschule, die er aber nicht beendete. Dennoch wurde er, als er 1961 den Hesses vortanzte, in die Profitruppe engagiert, der er über 26 Jahre treu blieb.
In der Hesse-Revue zu sein, hieß vor allem Reisen, so Ulrich Conrad: Großtourneen von drei Monaten durch die ehemalige Sowjetunion, acht Monate durch Polen und 34 Reisen in die Tschechoslowakei. Das wurde zum Lebensgefühl. "Wenn ich zwei Tage zu Hause war, schielte ich schon wieder nach dem Koffer." Conrad tanzt immer noch, zu Hause, jeden Tag, so hält er sich fit. Und er lädt sich Gäste ein, zum "Russenabend", zum "Teeabend" oder zum "Lumpenball". Conrad lässt sich gern etwas einfallen. Auf vielen Gebieten: Die Kostüme für das Menuett hat er selbst genäht.
Überhaupt spielen die Kostüme eine große Rolle, kennzeichnen sie doch die Zeit, aus der der Tanz stammt. Für einige Kleider hat die Initiatorin des Abends, Christel Richter, ihren Kleiderschrank geplündert, und Siegrid Niebisch hat aus den langen Röcken ihrer Freundin die Kostüme genäht. "Früher hatten wir manchmal drei Kostüme übereinander an, weil wir uns für jeden Tanz umziehen mussten", erinnert sich Christel Richter. Als sie aus der Hesse-Revue 1970 ausschied, war das nicht einfach: "Immer, wenn ich Musik hörte, zuckten meine Beine". Sie lernte dann Kosmetikerin und leitete zwei Salons. Und blieb immer in Bewegung. Bis heute treibt die Rentnerin Sport.
Die Hesse-Revue noch einmal aufleben zu lassen, war ihr großer Traum. Und vielleicht hat das Steintor-Varieté den "Tanz im Wandel der Zeiten" nicht zum letzten Mal gesehen.