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21.000 Tonnen Steine auf 18.000 Quadratmetern Steinschüttungen am Saaleufer: Mehrere Stadträte in Halle gestehen Mitschuld an mutmaßlichen Umweltdesaster

Bei einer aktuellen Stunde zu den umstrittenen Maßnahmen am Saaleufer ging es im Stadtrat hoch her.

Von Jonas Nayda 25.11.2021, 12:00
Die Plenumssitzung des Stadtrates fand am Mittwoch in der Ulrichskirche statt. Eine lange Debatte gab es zu den Steinschüttungen.
Die Plenumssitzung des Stadtrates fand am Mittwoch in der Ulrichskirche statt. Eine lange Debatte gab es zu den Steinschüttungen. Foto: Steffen Schellhorn

Halle (Saale)/MZ - Wohl kaum ein Thema hat in den vergangenen Wochen in der Stadtgesellschaft für mehr Aufregung gesorgt als die umstrittenen Steinschüttungen am Saaleufer. Wissenschaftler schlugen Alarm, die Umweltverbände Bund und Nabu haben mit Anwälten einen sofortigen Baustopp erwirkt. Im Stadtrat hat es am Mittwoch eine aktuelle Stunde zu dem Thema gegeben, bei der es hoch her ging.

Professor dreht Spieß um und bezeichnet Schüttungen für „ökologisch komplett unsinnig“

Zuerst war es Sven Thomas (Hauptsache Halle), der die Stadtverwaltung kritisierte. Sie habe den Rat schlecht informiert, bevor der im Frühjahr 2019 die Baumaßnahme an der Uferböschung beschlossen hatte. Laut Thomas seien auch die angeblichen Schäden am Ufer nicht ordentlich festgestellt worden.

Professor Helge Bruelheide vom Institut für Biologie und Geobotanik der Martin-Luther-Universität, der als Sachverständiger eingeladen war, bezeichnete die Steinschüttungen als „ökologisch komplett unsinnig“. Er drehte den Spieß allerdings auch teilweise um und wandte sich an die Stadträte, die in dem Beschlusstext von 2019 sogar exakte Zahlen zur Dimension der Schüttungen vorliegen hatten. „21.000 Tonnen Steine auf 18.000 Quadratmetern - das muss Ihnen doch aufgefallen sein.“

Blick auf die Schüttungen am Ufer auf Höhe des Amselgrunds.
Blick auf die Schüttungen am Ufer auf Höhe des Amselgrunds.
Foto: Silvio Kison

Der Verantwortung stellen und daraus lernen

So gestanden schließlich auch mehrere Räte von Grünen- und von der Linksfraktion ein, dass der Stadtrat mindestens eine Mitschuld an dem mutmaßlichen Umweltdesaster trägt. „Wir sind an dem Punkt, an dem wir sagen sollten, sch*ße, da ist uns ein Fehler unterlaufen“, sagte Wolfgang Aldag (Die Grünen).

Man müsse sich jetzt der Verantwortung stellen und schauen, wie man daraus lernen könne. Zuvor hatten Aldag und andere Räte in der Öffentlichkeit stets die Position vertreten, dass die Stadtverwaltung weit über den Beschluss des Rates aus dem Jahr 2019 hinaus gegangen wäre und somit mehr Natur zerstört hätte, als geplant gewesen sei.

Gerichtsverfahren noch offen

René Rebenstorf, Beigeordneter für Stadtentwicklung und Umwelt, versprach, prüfen zu wollen, welche Konsequenzen sich aus der Klage der Umweltverbände ergeben könnten. Wie lange das Verfahren sich noch hinzieht, ist unklar. Die Umweltschützer fordern einen Rückbau, der für die Stadt allerdings sehr teuer werden würde.

Alle Beteiligten waren sich am Mittwoch im Stadtrat zumindest darüber einig, dass die Schüttungen vor allem im geschützten Bereich des Ufers nicht fortgesetzt werden dürfen. Laut Professor Bruelheide entsprächen derartige Maßnahmen auch nicht mehr dem Stand der heutigen Technik, man könne einen Schäden am Ufer auch auf biologische Art und Weise beheben.