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Stadtteil Johannesviertel Stadtteil Johannesviertel: Kirche gab den Namen und prägt das Zusammenleben

Von Katja Pausch 19.12.2017, 06:00
Besonderheit im Johannesviertel: Hauskreis bei Familie Ritter
Besonderheit im Johannesviertel: Hauskreis bei Familie Ritter Andreas Stedtler

Halle (Saale) - Um die Kirche kommt man im Johannesviertel nicht herum. Das ist gleich im doppelten Sinne gemeint. Zum einen, weil das von Architekt Hermann Frede entworfene westliche Ensemble - der Johannesplatz bis hin zur Südstraße und Pfännerhöhe und damit ein wesentlicher Teil des Johannesviertels - architektonisch von der namensgebenden Kirche bestimmt wird. Zum anderen aber auch, weil der Zusammenhalt vieler Johannesviertel-Bewohner sehr eng mit der Kirche verbunden ist - in der Gemeinschaft der Kirchengemeinde selbst natürlich, aber auch nach außen hin.

Halle hat mehr als 60 Stadtteile, Viertel und Stadtquartiere. Wir stellen alle
vor: hier Johannesviertel.

Entstanden ist das Viertel um die Jahrhundertwende - mit der imposanten Kirche im Mittelpunkt. Die wurde 1892/93 nach Plänen von Friedrich Fahro errichtet; später, ab 1910, wurde der Rand des umliegenden Platzes, der ovalen Form folgend, mit genossenschaftlichen Wohngebäuden erbaut - geschlossene drei- bis viergeschossige Häuser. Architekt des Areals war Hermann Frede, 1883 in Bochum geboren und 1965 in Halle gestorben. Zehn Gebäude sind nach seine Plänen entstanden, mit insgesamt 322 Wohnungen. Das gesamte Ensemble am Johannesplatz ist ein geschlossener Denkmalbereich.

Dreigeschossige, schlichte Putzbauten mit Turmerkern an den Ecken

„Dreigeschossige, schlichte Putzbauten mit Turmerkern an den Ecken, über ovalem Grundriss, städtebaulich beherrscht von der Johanneskirche, sowie dreigeschossige, schlichte Putzbauten, um Innenhöfe gruppiert“, so hält das Denkmalsverzeichnis der Stadt fest. Und in der Tat: Viele Häuser, mit Rundtürmen samt Spitzhelmen wie das in der Beyschlagstraße, sind architektonische Kostbarkeiten - und mit der „originellen Verwendung des Backsteins an Hof- und Hauseingängen“ auch ein bemerkenswertes Beispiel für den Massenwohnungsbau der Weimarer Republik.

Es wohnt sich auch heute gut im Viertel, das eine architektonische Besonderheit vorweisen kann: die Großgarage Süd. Zwischen 1927 und 1929 errichtet, zählt die fünfgeschossige Hochgarage mit ihrem Aufzug für Autos und drei Schiebebühnen zu den bedeutendsten Hochgaragen in Deutschland in der Zeit zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg.

Garage bot auf vier Etagen Platz für 150 bis 160 Fahrzeuge

Walter Tutenberg, Bauunternehmer und Ingenieur, ließ die Garage in der Liebenauer Straße Ecke Pfännerhöhe errichten. Auf vier Etagen bot sie Platz für 150 bis 160 Fahrzeuge. Zwischen 2007 und 2012 aufwendig saniert, steht die Hochgarage, deren Eigentümer - wie auch der meisten Wohnungen im Viertel - der Bauverein Halle und Leuna ist, unter Denkmalschutz.

Eine weitere Besonderheit im Viertel - allerdings ganz anderer Art - hat nun wieder mit der Johanneskirche zu tun. Denn einige ihrer Gemeindemitglieder treffen sich in einem der selten gewordenen Hauskreise. Maßgebliche Initiatoren dieses jeweils abendlichen Treffens zu gemeinsamem Essen und Gespräch sind Alexandra und Michael Ritter, beide 36. „Unser Hauskreis besteht seit acht Jahren“, so Michael Ritter, Professor für Grundschuldidaktik am Institut für Schulpädagogik der halleschen Universität.

Reihum treffen sich die sieben Mitglieder des Hauskreises

Reihum treffen sich die sieben Mitglieder des Hauskreises, der der urchristlichen Tradition entstammt und Gemeindearbeit auch im wöchentlichen Alltag, zwischen den sonntäglichen Gottesdiensten, lebendig praktiziert. „Im Hauskreis besprechen wir religiöse Themen, aber auch, was den Einzelnen gerade beschäftigt“, so Michael Ritter, der an diesem Abend gemeinsam mit Ehefrau Alexandra Gastgeber für Sara Hähnel und Annika Werner ist.

Beim gemeinsamen Abendbrot wird mit Gleichgesinnten, die die unterschiedlichsten Berufe vertreten - darunter eine Biologin, eine Juristin, ein Mediziner -, auf einer noch persönlicheren Ebene geredet, als es bei den Gottesdiensten in der Kirche möglich ist. Sara Hähnel, 24 Jahre jung und 2013 zum Studieren nach Halle gekommen, und Annika Werner, 21, engagieren sich in der Jugendarbeit an der Johanneskirche und schätzen das Zusammengehörigkeitsgefühl.

„Im Hauskreis ist man füreinander da, weit über das wöchentliche Treffen hinaus“, so Alexandra Ritter. Füreinander da sein - das gilt aber auch übergemeindlich: bei Sommerfesten, dem Martinsumzug und zu Weihnachten, wenn sich die Nachbarn im Johannesviertel begegnen.