Stadtmarketing Stadtmarketing: Märchenhaftes Halle
Halle (Saale)/MZ. - Wie gut kennt der Hallenser Halle? So mancher Saalestädter wird zum großen Schulterzucker, wenn ihn der kecke Tourist nach mehr als drei Sehenswürdigkeiten fragt. Peinlicher wird's für Einheimische allemal, wenn sie jetzt hören, dass eine Chinesin den Touristen die Saalestadt aus dem Effeff erklären kann.
Ying Cui aus Peking arbeitet seit kurzem in der Stadtinfo im Marktschlösschen - und sie ist eigentlich "nur" Praktikantin. Die 22-Jährige, die an der Peking International University Personalmanagement studiert, wollte bei ihrem Auslandsaufenthalt ihre Deutschkenntnisse verbessern. Nun hat sie aber - wohlgemerkt mit jenem Ehrgeiz, für den die Chinesen bekannt sind - das komplette hallesche Tourismus-Programm in nur einem Vierteljahr gelernt, berichtet Marlies Gröger, Mitarbeiterin der Touristinfo. Egal ob es um Straßennamen, um die Geschichte, Sehenswürdigkeiten oder Veranstaltungen geht: Ying Cui beantwortet im hervorragendem Deutsch akkurat alle Fragen von Touristen.
Und sie schwärmt von Halle. Es gefalle ihr hier wunderbar, sagt Ying. "Genauso stellen sich alle Chinesen Deutschland vor", sagt die Studentin. Wie das? Es sind die historischen Häuser, welche die Chinesen so märchenhaft schön finden, erklärt Ying. Und so dürfte vor allem auch der Direktor der Franckeschen Stiftungen, Thomas Müller-Bahlke, aufhorchen, wenn Ying erzählt, dass es ihr besonders das Waisenhaus angetan hat. Ganz ohne Kitsch: Beim Rundgang hätte das Haus auf sie so eine starke Magie ausgeübt, dass sie sich in die Zeit von Harry Porter zurückversetzt gefühlt habe. Als großer Fan der Romanfigur hat sie alle Bände gelesen, auf Chinesisch, Englisch und Deutsch. "Auch dadurch habe ich so gut Deutsch sprechen gelernt", sagt die junge Frau, die mit anderen Studenten in einer WG lebt und von ihrem Fenster genau auf die Stiftungen schauen kann.
Ying weiß, was sie an Halle schätzt. Die Stadt sei klein und wirke familiär. Gegenüber der 15-Millionen-Metropole Peking habe hier die Redensart, dass man sich immer zwei Mal im Leben sieht, wirklich seine Berechtigung, sagt die Tourismusberaterin, die ihre Lieblings-Sehenswürdigkeit gefunden hat: die Schokoladenfabrik. "Ich liebe Schokolade", sagt Ying und strahlt über beide Ohren. In China gebe es nicht annähernd so viele Sorten. Auch weil die Nachfrage nach Süßigkeiten gering sei. "Die Chinesen achten sehr auf ihre schlanke Figur", meint die Pekingerin, die hierzulande das chinesische Essen vermisst und auch höflich kritisiert, dass kein einziges China-Restaurant in Halle den Geschmack ihrer Heimat treffe. Das liege wohl auch daran, dass sich die Gastronomen dem deutschen Gaumen angepasst haben.
Zum ersten Mal hat Ying Cui in Halle auch einen Weihnachtsmarkt kennen gelernt und vom Glühwein probiert. "Herrlich. Daheim kennen alle nur den Nürnberger Weihnachtsmarkt - das werde ich aber ändern", sagt Ying, die im nächsten April nach Peking zurückkehrt, um ihr Studium abzuschließen. "Wo ai Halle", sagt sie. Und das heißt so viel wie "Ich liebe Halle".