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Sportart Jugger Sportart Jugger: HFC-Physiotherapeut als Kettenmann

Von Ronny Banas 31.07.2014, 07:06
Hans Gottschalt, hauptberuflich Physiotherapeut beim HFC, schwingt beim Jugger die Kette.
Hans Gottschalt, hauptberuflich Physiotherapeut beim HFC, schwingt beim Jugger die Kette. Eckehard Schulz Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Das Gras auf der halleschen Ziegelwiese ist fast schon ein bisschen zu hoch, um die kleinen Hütchen richtig sehen zu können. Präzise schreitet Hans Gottschalt das Feld von 20 mal 40 Metern Größe ab und postiert die Hütchen an den Ecken.

Als er damit fertig ist, gibt er ein kurzes Kommando. Dann kann das Training beginnen. Ein gutes Dutzend Menschen mit Schilden, kurzen und langen Stöcken betritt das Feld. Gottschalt selbst schnappt sich eine 3,20 Meter lange Kette aus Kunststoff. Vorn dran baumelt eine Kugel. Vom Spielfeldrand erklingt ein Takt, ein Schlag alle 1,75 Sekunden, und dann kämpfen sie gegeneinander.

Jugger nennt sich die Sportart, die Gottschalt und seine Leute betrieben. Irgendwie eine Mischung aus Baseball, Handball und Fechten. Ziel ist es, einen Ball - den Jugg - in die Zone des Gegners zu bekommen. Dafür zuständig ist der Läufer, der einzige in der Mannschaft, der keine Waffe trägt. Wer vom Gegner mit der Kette oder dem Stock getroffen wird, muss sich hinhocken und für ein paar Takte aussetzen. So einfach sind die Regeln.

Weisheit der Pferde

Und so komplex der Sport, wie sie alle betonen. Teamgeist, Taktik und ein bisschen Geschick gehören dazu. Seit drei Jahren ist Gottschalt dabei und ist inzwischen eine feste Größe in der Mannschaft. Der 31-Jährige ist Trainer von „Anima Equorum“, übersetzt in etwa die Weisheit der Pferde, wie sich die Mannschaft nennt. Benannt haben sie sich nach der Pferdeskulptur an der halleschen Giebichensteinbrücke, eine Reminiszenz an ihre Heimatstadt.

Während des Trainings dirigiert Gottschalt seine Leute über das Spielfeld zwischen den roten Hütchen. Die anderen achten ihn als Trainer und Mitspieler. Denn im Spiel, das nur auf den ersten Blick martialisch anmutet, ist Gottschalt einer der zentralen Figuren. „Der Kettenmann ist so etwas wie die Dame im Schach“, erklärt er seine taktisch immens bedeutende Rolle. Große Reichweite, dadurch nicht so leicht aus dem Spiel zu nehmen, höhere Trefferquote. Ohne den Kettenmann sähe ein Jugger-Team recht bald alt aus.

Das kann man im Falle von Gottschalt auch von seinem Beruf sagen. Gottschalt ist einer der Physiotherapeuten bei den Profis Halleschen FC und dort so etwas wie die gute Seele. Obst in Stücke schneiden, für die richtige Wassertemperatur im Entmüdungsbecken in der Kabine sorgen und vor allem, sich um die kleinen und großen Wehwehchen der Profis kümmern. Seit 2008 ist er beim Drittligisten und hat dort seine Bestimmung gefunden. „Ich war schon immer ein sportlicher Mensch. Ich habe schon Basketball, Frisbee, Baseball ausprobiert, alles Mögliche. Von daher hat es gepasst, als sich die Gelegenheit bot“, sagt Gottschalt.

Eine der Hauptfiguren

HFC-Physiotherapeut Jens Neumann, bei dem Gottschalt angestellt ist, machte ihm das Angebot. Gottschalt schlug zu. Auch, weil er weiter denkt. „Es ist wichtig für meine berufliche Entwicklung, bei einer Profimannschaft zu arbeiten“, sagt er. Freizeit und Beruf unter einen Hut zu bringen, ist manchmal nicht leicht. Hin und wieder aber wird es sogar kritisch. Dann nämlich, wenn Gottschalt bei Punktspielen des HFC arbeiten muss und „Anima Equorum“ nicht helfen kann. „Das geht nun mal nicht anders. Ich kann mich ja nicht zerteilen“, sagt er lächelnd.

Zuletzt zeigte sich das am vergangenen Wochenende, als in Halle die Deutschen Meisterschaften stattfanden. Gottschalts Mannschaft verlor drei von neun Spielen. In allen fehlte ihnen mit Gottschalt der Kettenmann. Der war nämlich beim Spiel des HFC gegen Chemnitz im Einsatz. Ohne Kettenmann aber ist ein Team stark geschwächt, wie er sagt. „Da fehlt eine der Hauptfiguren. Das ist so, als nehme man einer Fußballmannschaft den Torwart weg.“

Einen anderen, der die Kette schwingt, haben sie noch nicht, sollten sich allerdings allmählich Ersatz suchen. Denn, dass er beim HFC aufhört, ist noch nicht abzusehen. Bleibt er für ewig? Gottschalt: „Naja, das wird sich erst noch zeigen.“ Später vielleicht wolle er wieder zurück in eine Praxis und nicht mehr nur den HFC betreuen. Dann wäre wieder mehr Zeit für Jugger.

Mehr zum Jugger in Halle gibt es im Internet unter www.animaequorum.de.