Nach der Sanierung So will die Marktkirche in Halle künftig mehr Touristen anlocken

Halle (Saale) - Es ist ein Labyrinth der anderen Art, ein beinahe undurchdringliches Gewirr von Metallstreben, das sich in die Höhe streckt. Das spätgotische Gotteshaus ist im Inneren bis zur Decke eingerüstet. Oben bietet sich ein Anblick, der selten ist: Die Deckenstreben der Marktkirche in Halle sind zum Greifen nahe.
Die Marktkirchen-Gemeinde hat sich viel vorgenommen. „Mit der Instandsetzung will die Kirche die Attraktivität erhöhen, ein offenes Fenster zur Stadt werden und mehr Besucher und Touristen anziehen“, sagt die stellvertretende Vorsitzende des Gemeindekirchenrates Christin Schulze-Gerlach. Das Ziel: Statt derzeit 60.000 sollen rund 100.000 Menschen jährlich die Kirche auf dem Marktplatz besuchen.
Und wie soll das funktionieren? Eine Besonderheit der Marktkirche sind zwölf von außen zugängliche Gebetsstübchen, wobei einige zugemauerte Betstübchen wieder geöffnet werden müssen. „Die wurden nach dem Dreißigjährigen Krieg nachträglich angebaut und an wohlhabende Bürger vermietet“, sagt Restaurator Peter Schöne. Er befasst sich als Mitglied einer Expertengruppe mit den planerischen Abläufen.
In einigen Stübchen soll es Präsentationen, beispielsweise zur Baugeschichte der Marktkirche und der friedlichen Revolution in Halle geben.
Luthers Totenmaske soll in Halle neu präsentiert werden
„Die historische Sakristei, der Raum in dem sich der Priester für die Messe umzieht und vorbereitet, wird für Besucher geöffnet. Ebenso gibt es eine neue Präsentation der Totenmaske von Martin Luther (1483-1546)“, sagt Schulze-Gerlach. Der Leichnam Luthers wurde im Februar 1546 in der Marktkirche aufgebahrt. Wenige Tage zuvor hatte der Reformator noch in der Marktkirche gepredigt.
Zudem gibt es dann im Kirchenraum ein Kirchencafé für Veranstaltungen. Ebenso gehört zum Konzept ein Informationstresen sowie Barrierefreiheit im Kirchenraum, dazu eine elektronisch gesteuerte Beleuchtungsanlage, Fußbodenheizung, Toilettenanlage mit behindertengerechtem WC, moderne Medientechnik mit Videowänden und WLAN.
EU unterstützt Renovierung der Marktkirche
Das Konzept überzeugte in einem Ideenwettbewerb im Rahmen der EU-Strukturfondsförderung zur nachhaltigen Nutzung des kulturellen Erbes. Der Preis: 3,2 Millionen Euro aus dem „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE). „Rund vier Millionen Euro kostet das Vorhaben“, sagt Ulrich Maurach vom Öffentlichkeitsausschuss der Marktkirche.
„Seit rund 50 Jahren ist es die erste umfangreiche denkmalpflegerische Sanierung und Restaurierung“, sagt Restaurator Schöne. „Das Problem ist, dass die beiden westlichen Kirchentürme sich aufgrund der Bodenbeschaffenheit Jahr um Jahr absenken. Das sind zwar nur Millimeter, aber das führt zu Rissen in der Kirchendecke.
Sanierung der Markkirche soll 2022 fertig sein
Dazu kommen Salzablagerungen in den Säulen. Der Bau wird nicht zusammenfallen, aber wir müssen darauf reagieren.“
Die Arbeiten sollen, je nachdem wie es mit Corona weiter geht, 2021 oder 2022 beendet sein. „Trotz der Einschränkungen ist das Gotteshaus weiterhin für Besucher geöffnet“, sagt Schulze-Gerlach.
Die Marktkirche als letzter spätgotischer Bau entstand inmitten der Reformation zwischen 1529 und 1554. Das Besondere sind ihre vier Türme. Ursprünglich gab es zwei hintereinanderstehende Kirchen. Kardinal Albrecht (1490-1546) ließ beide Kirchen, außer den Türmen, abreißen und dazwischen ein neues Kirchenschiff entstehen. (dpa)