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2.000 Dosen geliefert So lief der Impftag an Interessenten ohne Termin in Halle

Am Freitag führt die Stadt zum zweiten Mal Immunisierungen für alle und ohne vorherige Anmeldung durch. Wie groß ist der Andrang?

Von Phillip Kampert Aktualisiert: 29.06.2021, 08:36
 Kurz nach acht Uhr stehen die Impfwilligen noch Schlange in der Heinrich-Pera-Straße. Kurz darauf aber entzerrt sich die Situation.
Kurz nach acht Uhr stehen die Impfwilligen noch Schlange in der Heinrich-Pera-Straße. Kurz darauf aber entzerrt sich die Situation. Fotos: Silvio Kison

Halle (Saale) - Halb acht an einem grauen Freitagmorgen in der südlichen Innenstadt. Es ist kühl, immer wieder lassen einen frische Windböen den Kragen hochziehen. Um acht Uhr, in einer halben Stunde, öffnet das Impfzentrum in der Heinrich-Pera-Straße seine Tore, davor hat sich eine knapp 20-köpfige Schlange gebildet. Heute bietet die Stadt zum zweiten Mal Impfungen ohne vorherige Terminvergabe für alle an.

Hallenser dankbar um das Impf-Angebot

Seit sechs Uhr morgens wartet Finn, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, auf einer Bank neben dem Eingang der umfunktionierten Sporthalle. Er ist der Erste in der Warteschlange, will unbedingt eine der Impfungen ergattern. Sein Blick ist etwas glasig, seine Lederjacke bis unters Kinn hochgezogen. „Es hieß, entweder früh aufzustehen oder die Nacht durchzumachen“, sagt er. Die Entscheidung für Letzteres scheint Finn dabei selbstverständlich.

Der 20-Jährige freut sich über das offene Angebot der Stadt: „Ich weiß nicht, wie ich sonst an eine Impfung gekommen wäre.“ Der Weg, immer wieder die halleschen Arztpraxen abzutelefonieren, sei nichts für ihn: „Ich telefoniere nicht gerne.“ Angesichts eines baldigen Heimatbesuchs bei den Eltern komme die Impfung ohne Termin nun aber genau richtig.

2.000 Dosen Astrazeneca: Impftag an Interessenten ohne Termin

Um kurz vor acht wird Finn ins Impfzentrum eingelassen, mittlerweile warten etwa 30 Menschen. An einem der sechs Anmeldeschalter gibt er seine Daten an und zeigt seine Krankenkassenkarte, bevor er eine Wartenummer bekommt und in den Wartebereich geleitet wird. Wie im Amt sitzt er und harrt aus, bis seine Nummer auf einem großen Bildschirm aufgerufen wird, dann geht es in eine der 14 Impfkabinen. Ein Dokumentationshelfer und ein Arzt warten dort auf ihn.

Finn bekommt den Impfstoff von Astrazeneca in den Arm gespritzt, die erste von maximal 2.000 Dosen, die am offenen Impftag an Interessenten ohne Termin verabreicht werden. Diejenigen, die im Terminvergabesystem einen Platz reservieren konnten, bekommen an diesem Freitag dagegen das Vakzin von Biontech. Verantwortlich für die Organisation des Impfzentrums in der Heinrich-Pera-Straße ist Brandoberrat Daniel Schöppe. Auf seinen Vorschlag hin entschied der Pandemiestab, die letzte Astrazeneca-Lieferung für einen offenen Impftag zu verwenden.

 Finn wartete zwei Stunden vor dem Impfzentrum, um die erste Astrazeneca-Dosis des Tages verabreicht zu bekommen.
Finn wartete zwei Stunden vor dem Impfzentrum, um die erste Astrazeneca-Dosis des Tages verabreicht zu bekommen.
(Foto: Silvio Kison)

Gutes Betriebsklima im halleschen Impfzentrum

„Jede Impfung hilft, die Pandemie einzudämmen“, sagt Schöppe. Nicht zuletzt, da derzeit eine sinkende Nachfrage nach Immunisierungen zu beobachten sei, habe er das niedrigschwellige Impfangebot initiiert. „Es wird mit Sicherheit noch weitere offene Tage geben“, sagt er - allerdings ließe die Versorgungs- und Liefersituation an dieser Stelle noch keine langfristige Planung zu. Auch das offene Impfangebot sei erst am Dienstag geplant worden, nachdem die 2.000 Astrazeneca-Dosen geliefert worden waren.

Eine Besonderheit des halleschen Impfzentrums, die Schöppe hervorhebt, ist, dass es komplett städtisch organisiert sei. Das Land teile zwar die Dosen zu, das operative Geschäft sei aber Sache Halles. Stolz ist der Brandoberrat auf das Betriebsklima in der umgebauten Sporthalle. „Uns allen macht es Spaß und Freude, hier zu arbeiten“, sagt er. Damit meint er neben dem Organisations-Team und den Ärzten das Personal vom Deutschen Roten Kreuz, dem Arbeiter Samariter Bund und der Bundeswehr, das sich zum Beispiel um Anmeldung, Betreuung und Ausgabe der Impfzertifikate kümmert.

Nach morgendlichen Andrang, kaum Schlangenbildung

Nach der Spritze nimmt Finn im Ruhebereich Platz. Zwei große Fernseher sorgen für etwas visuelle Abwechslung, während aus einem Lautsprecher Tanz-Popmusik läuft. Nach der vorgeschriebenen Wartezeit wird Finn zu einem der Entlassungs-Schalter vorgerufen. Dort wird er nach Symptomen gefragt, die auf eine Unverträglichkeit des Impfstoffs hindeuten könnten - Finn hat keine. Er bekommt sein digitales Impfzertifikat und würde eigentlich einen Termin für die Zweitimpfung erhalten. „Aber weil ich schon Covid hatte, gilt das heute gleich als Zweitimpfung“, erklärt er. Um halb neun verlässt Finn das Impfzentrum. Er ist glücklich und müde. „Ich gehe erst einmal schlafen“, sagt er .

Im weiteren Tagesverlauf zeigt sich, dass Finns Bereitschaft, für die Spritze stundenlang zu warten, nicht nötig gewesen wäre. Nach einem ersten morgendlichen Andrang ist kaum Schlangenbildung zu beobachten. Als Laufkunde kann man in der Regel direkt zur Anmeldung durchgehen. Zur Mittagszeit wird die 100. Astra-Dosis verabreicht, Impfzentrumsleiter Schöppe prognostiziert, damit etwa die Hälfte der terminlosen Impfungen des Tages erreicht zu haben. (mz)