"Schwerer kultureller Verlust" "Schwerer kultureller Verlust": Händelfestspiele fallen wegen Corona-Pandemie aus

Halle (Saale) - Die Entscheidung überrascht wohl niemanden. Dennoch ist sie kulturell betrachtet ein schwerer Schlag für die Stadt Halle. Die Händelfestspiele, die pro Jahr rund 58.000 Besucher anziehen, müssen wegen der Corona-Pandemie ausfallen. Alle acht Mitglieder des Kuratoriums der Stiftung Händel-Haus haben sich für die Absage ausgesprochen. „Es ist ein schwerer kultureller Verlust. Allerdings führt kein Weg daran vorbei“, sagte Oberbürgermeister und Kuratoriumsvorsitzender Bernd Wiegand (parteilos) in einer Pressekonferenz am Donnerstag.
Händelfestspiele fallen aus: Risiko, die Krankheit zu verbreiten zu groß
Die Händelfestspiele, die vom 29. Mai bis 14. Juni in Halle stattfinden sollten, werden stets von vielen internationalen Künstlern geprägt. Zugleich sind etwa 60 Prozent der Zuschauer ebenfalls auswärtige Gäste. Laut Wiegand ist das Risiko, die Krankheit durch die vielen ausländischen Besucher zu verbreiten, zu groß.
Zudem bräuchten die Künstler genügend Zeit zum Proben. Aktuell ist das wegen der Kontaktsperre jedoch nicht möglich. „Die Entscheidung des Kuratoriums ist deshalb folgerichtig und wird von mir mitgetragen“, bekräftigte OB Wiegand.
Parallele lässt sich zum Hochwasser im Juni 2013 ziehen
Welche finanziellen Konsequenzen das im Detail für die Stiftung haben wird, ist im Moment noch unklar. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass auch hier das Prinzip der höheren Gewalt gilt, sodass die Organisatoren mit der Unterstützung von Stadt, Land und Bund rechnen können. Eine Parallele lässt sich zum Hochwasser im Juni 2013 ziehen. Auch damals wurden die Händelfestspiele abgesagt.
Es war nicht sicher, ob die Deiche der Flut standhalten. „Wir haben damals eine sehr große Solidarität erlebt“, sagt Intendant Clemens Birnbaum. Karteninhaber hätten die Tickets nicht zurückgegeben, sondern den Betrag der Stiftung gespendet. „Ich habe diese Gesten mit großer Demut betrachtet und als klaren Auftrag verstanden, die Zukunft der Händelfestspiele abzusichern“, berichtet Birnbaum.
„Die freie Musikszene wird erheblich geschädigt.“
Durch die breite Unterstützung habe die Stiftung keinen Schaden von dem Ausfall davongetragen. Um den Rückhalt aus der Bevölkerung und vom Staat macht sich der Intendant auch bei der jetzigen Absage keine Sorgen. Was aus den verkauften Karten wird, soll spätestens Ende April feststehen.
Birnbaum ist jedoch wegen der Künstler beunruhigt: „Die freie Musikszene wird erheblich geschädigt.“ Barockmusikkonzerte werden häufig von freischaffenden Musikern gespielt. Deren Existenz sei durch die nationale Krise sehr bedroht. Ihnen helfe auch kein Kredit, da ihre Gagen für eine längere Zeit ausbleiben. Viele Musiker hätten fest mit einem Honorar aus den Händelfestspielen gerechnet.
Festspiele zählen europaweit zu einem der renommiertesten Festivals barocker Musik
Um den berühmtesten Sohn der Stadt zu ehren, gab es bereits im 19. Jahrhundert die ersten Händel-Feste in Halle. Seit 1952 finden die Festspiele regelmäßig einmal pro Jahr statt und zählen europaweit zu einem der renommiertesten Festivals barocker Musik.
100 verschiedene Veranstaltungen standen auch in diesem Jahr unter dem Motto „Musikalische Malereien“ auf dem Programm. Ob das Publikum diese stattdessen 2021 erleben kann, ist völlig offen. (mz)