Schriftsteller-Förderkreis Schriftsteller-Förderkreis: Neuer Chef hat ein Projekt zur Klimt-Schau initiiert

Halle (Saale) - Bis nach Aschersleben hat’s Heinrich Heine nicht geschafft, vor fast 200 Jahren. Hätte er’s geschafft, würde seine „Harzreise“ jetzt womöglich „Vorharzreise“ heißen und wäre einen Tick weniger berühmt. Aus Aschersleben stammt ein aktueller Zunftkollege Heines namens Michael Spyra, der aus diesem seinem Geburtsort allerdings vor mehr als einem Dutzend Jahren abgereist ist, was für seinen beginnenden Ruhm wohl ebenfalls nötig war.
Der 35-jährige Dichter ist, wie Heine, ein Liebhaber - und schon Meister - jener Art Lyrik, die Freunde wie Verächter solchen Dichtens „Gereimtes“ nennen. Es sind strenge aber nie angestrengte Formen, schwingende aber nie bloß beschwingte, leichte, aber nie leichtfertige oder gar leichtgewichtige Verse, die Spyra schreibt.
Und - nun die abschließende Parallele zu Heine: Auch Michael Spyra reist, um zu dichten. Wohin und mit welchen Resultaten, das lässt sich in der jüngsten Ausgabe der Halleschen Autorenhefte nachlesen.
Neuer Chef des „Förderkreises der Schriftsteller in Sachsen-Anhalt“
„Kolonialsprachwaren“, heißt das Heft und ist die Nummer 66 einer Reihe, die auf unvergleichliche Weise die reiche hallesche Literaturszene der letzten Jahrzehnte dokumentiert. Herausgegeben und betreut wird diese Reihe von einem Verein, der sich um eben diese Szene kümmert, was - mit Blick auf deren Größe - auch eine große Aufgabe genannt werden muss. Und diese große Aufgabe wird durchaus auch gefürchtet, zumindest was den Chef-Posten des besagten „Förderkreises der Schriftsteller in Sachsen-Anhalt“ betrifft.
Dennoch hat Michael Spyra dieses Ehrenamt jüngst von seinem langjährigen, verdienstvollen Vorgänger Ronald W. Gruner übernommen: Eine Aufgabe mehr für den umtriebigen Sprechwissenschaftler, der einst auch am Leipziger Literaturinstitut studiert hat. Doch wie für die meisten Dichter gilt es auch für Michael Spyra, seiner Berufung zwecks Lebensunterhalts-Beschaffung noch einen Brotberuf beizugesellen. Spyra ist - ganz seiner Ausbildung gemäß - sprecherzieherisch in einer Kindertagesstätte tätig, was sein Sprachverständnis zu vertiefen scheint und seine Sprachlust noch merklich anregt.
„Spyras Gedichte sind, als hätte Robert Gernhardt Pate gestanden.“
Dergleichen muss auch dem Kritiker der Badischen Zeitung bei einer Lesung des Dichters aufgefallen sein, ehe er notierte: „Spyras Gedichte sind, als hätte Robert Gernhardt Pate gestanden.“
Dieser Anklang hat neben dem Spielerischen von Spyras Sprache wohl auch mit seiner Fähigkeit zum Galligen zu tun - etwa beim Blick auf den Zustand des Kulturellen. „Die Muse wandelt sich zur Natter“, bemerkt ein Spyra-Vers trocken - doch sein Autor schickt sich bereits an, als ein Macher im Kulturbetrieb hier auch gegenzusteuern. So hat Spyra für die international sehr beachtete hallesche Gustav-Klimt-Ausstellung ein aufwändiges Literaturprojekt initiiert. Und er ist auch sonst beständig auf der Suche nach Rendezvous der Literatur mit ihren Lesern und Hörern. Wie dabei ein Happy End aussehen könnte, skizziert ein Vers aus einer „Morgen“-Ballade in Spyras Zyklus „Fuldatal“-Reise: „Wir gehen“, schreibt er, „Hand in Hand aus dem Gedicht.“
››„Schattenlesung“ (Michael Spyra mit Dorothée Leipoldt und Akki Schulz), 6. Dezember, 20 Uhr, in Goldenen Pflug, Alter Markt 27 (mz)