Medien-Projekt Klasse 2.0 Schluss mit Hotel Mama?
Kamilo hat von seinem künftigen Leben schon eine genaue Vorstellung. Bankkaufmann oder Immobilienmakler will er werden und für die Ausbildung zu Hause ausziehen, auf eigenen Füßen stehen. „So lernt man doch am besten, selbstständig zu sein“, sagt der Neuntklässler.
Halle (Saale). In Wahrheit steht das „Hotel Mama“ freilich bei der Jugend hoch im Kurs, auch in Kamilos Klasse ist das nicht anders. Durchschnittlich ziehen Mädchen erst mit knapp 23 Jahren in die eigenen vier Wände. Junge Männer lassen sich eineinhalb Jahre länger Zeit.
Zahlen zum Thema Wohnungssuche
Die Zahlen zum Thema Wohnungssuche hat Paul Hoffmann zusammengestellt, dualer Student im Firmenkundenbereich bei der Commerzbank in Leipzig. Im Rahmen des Klasse-Projektes hat das Kreditinstitut den 21-Jährigen an die Heinrich-Heine-Schule in die Neustadt geschickt. Hoffmann, gebürtiger Bayer, war mit 19 Jahren zu Hause ausgezogen. „Ich kann aus meiner Erfahrung allen nur raten, diesen Mut aufzubringen. Mir hat es einen Pusch gegeben, plötzlich selbstständig sein.“
Doch bevor junge Menschen ihre Koffer packen und im „Hotel Mama“ auschecken, sollten sie sich vor allem über Kosten, Mietverträge aber auch Versicherungen informieren, rät er. In Halle etwa wird für eine 60 Quadratmeter große Wohnung im Durchschnitt eine Kaltmiete von 5,51 Euro pro Quadratmeter verlangt. In München sind es zum Vergleich 19,85 Euro. Da wird der Traum vom eigenen Leben schnell zum Albtraum.
„Medienprojekte wie Klasse 2.0 sind wichtig“
Das weiß natürlich auch Lehrer Robert Fritzsche. „Medienprojekte wie Klasse 2.0 sind wichtig, weil die Schüler tatsächlich etwas fürs Leben lernen“, sagt er. Zweimal pro Woche beschäftigen sich die 15-Jährigen mit der MZ. Fritzsche setzt dabei auf viel Freiarbeit. Die Neuntklässler sollen sich Kompetenzen in Medienfragen aneignen, „die sie bislang nicht besitzen“.
Zwar sind die Schüler gut vernetzt und wissen sehr wohl, wie sie Informationen austauschen - vor allem über den hippen Kanal Instagram. „Allerdings können sie nicht einschätzen, welche dieser Quellen vertrauenswürdig sind“, sagt Fritzsche. Ein Problem, das auch Erwachsene haben.
„Mein Vater gibt mir die Tipps.“
Maximilian liest deshalb auch zu Hause Zeitung, „wenn die Artikel interessant sind“. Und wer entscheidet, was interessant ist und was nicht? „Mein Vater gibt mir die Tipps.“ Justin wiederum schaut früh im Fernsehen Nachrichten, bevor er zur Schule geht.
Apropos TV und Radio: Dass in einer eigenen Bude auch 17,50 Euro GEZ-Gebühren geblecht werden müssen, haben viele junge Leute nicht auf dem Zettel - auch nicht die Kosten für Strom und Internet. Ansonsten darf man nach einem Auszug durchaus auch Fehler machen, sagt Student Paul Hoffmann. „Wichtig ist, aus ihnen zu lernen.“