Schausteller in Halle Schausteller in Halle: Weniger Rummel

HALLE (Saale)/MZ - Werner Meyer sitzt im Kassenwagen seines Autoscooters. Sämtliche Autos stehen still, denn nur wenige Besucher verlieren sich am Freitagnachmittag zwischen den Fahrgeschäften. Kein Wunder: Zum ersten Mal seit 1971 findet der hallesche Oster- oder auch Frühlingsjahrmarkt nicht an der Eissporthalle statt. Die Fahrgeschäfte stehen am Thüringer Bahnhof. Das aber wissen offenbar nicht sehr viele Hallenser. Der neue Rummelplatz ist kaum bekannt in der Stadt. Und auch das Wetter ist wenig einladend.
Der hallesche Schausteller Meyer, der mit Jochen Neutzsch den Frühlingsjahrmarkt am Thüringer Bahnhof veranstaltet, bemüht indes eine alte Schausteller-Weisheit, wie er sagt. „Lieber leiern statt feiern! Das bedeutet: Auch wenn nur wenig Leute kommen, ist es besser, die Fahrgeschäfte laufen zu lassen. Wer stattdessen zu Hause feiert, verdient gar nichts“, so der Vorsitzende des Schaustellerverbandes Sachsen-Anhalt.
"Deichbau scheint ja noch lange nicht zu beginnen"
Seit Januar sei klar gewesen, dass man den gewohnten Platz vor der Eissporthalle nicht bekommen könne. Die Stadtverwaltung hatte mitgeteilt, dass ab April der Festplatz an das Landeshochwasserschutzamt übergeben werde. Die benötige diesen Platz für den geplanten Bau des neuen Gimritzer Dammes. „Aber der Deichbau scheint ja noch lange nicht zu beginnen. Hätte man nicht noch zwei Wochen warten können?“, fragt Meyer.
Vor allem das Neustädter Publikum, das in den vergangenen Jahren das Gros der 40 000 bis 50 000 Besucher stellte, fehlt auf der Wiese am Thüringer Bahnhof. „Immerhin, am vergangenen Eröffnungswochenende, bei schönem Wetter, sind rund 3 000 Gäste gekommen“, sagt Meyer. „Und viele finden die Atmosphäre auch ganz schön. Auf der Wiese, alles etwas kleiner und ruhiger.“
Gewöhnlich würden sich am alljährlichen Frühjahrsrummel vor der Eissporthalle 40 bis 50 Geschäfte beteiligen. Am Thüringer Bahnhof gebe es lediglich Platz für rund 20 Unternehmen. Der neue Standort sei keine Dauerlösung. Man habe beispielsweise 700 Meter Kabel verlegen müssen. Die Betriebskosten lägen bei rund 40 000 Euro, so Meyer.
Der Schausteller macht der Stadt keinen Vorwurf wegen der Verbannung von der Eissporthalle. „Der Damm muss ja gebaut werden. Zudem ist uns die Stadt entgegengekommen. Wir zahlen am Thüringer Bahnhof keine Standgebühr!“ Die Alternative wäre gewesen, die mehr als 100 Jahre alte Tradition des halleschen Oster-Rummels ausfallen zu lassen. Das wollten Meyer und Neutzsch jedoch nicht. „So lange ich denken kann, beginnt unsere Familie die Saison immer in Halle“, sagt der 64-Jährige.
Der hallesche Frühlings-Jahrmarkt hat bis 23. April täglich ab 14 Uhr geöffnet.