Vom Krankenpfleger zum Puppenspieler Puppentheater in Halle: Warum Puppenspieler Sebastian Günther auf Kasper schwört

Halle (Saale) - Gleich zu Beginn sorgt der Star für klare Verhältnisse: „Ohne mich würdest du hier mit leeren Händen dastehen“, sagt der Kasper auf der Hand von Sebastian Günther. Doch der Puppenspieler verzichtet, höflich lächelnd, auf den möglichen Konter - darauf, zu sagen, was der Kasper denn ohne ihn wäre. Schließlich ist Günther Kaspers Kompagnon, sein Kamerad und bei Kaspers Streichen sogar sein Komplize: Alles in einer Person - und nicht nur das.
Wenn der 47-Jährige in dem wunderschönen Figurentheater „Märchenteppich“ in der Kleinen Ulrichstraße 11 eine Vorstellung vor bis zu 40 Zuschauern gibt, dann ist er ein hoch effektives Ein-Mann-Unternehmen, das vom Einlass über die Technik alles allein macht. Und allein spielt - mit Puppen, die er fast alle selbst kreiert und in einer Ausstattung, die er selbst gebaut hat.
Puppenspieler in Halle: Ausbildungen zum Krankenpfleger und Ergotherapeuten
Der gebürtige Rostocker hat nach Ausbildungen zum Krankenpfleger und Ergotherapeuten fast sein Leben lang Kunst betrieben: Als Kind bereits in der Werkstatt seines Vaters (und jetzigen Kollegen) Horst Günther, später in Bands und Zirkustruppen - bis er sich vor 13 Jahren ganz fürs Puppenspiel entschied.
Dabei profitiert er aber weiterhin auch von den zuvor trainierten anderen Bühnenkünsten und zirzensischen Fertigkeiten. Aber er profitiert auch von der Familientradition, einerseits - und von einer Familie, um die es in seinem Lieblingsstück geht, von der Kaspertheaterfamilie nämlich.
Puppenspieler in Halle: Kasper ist „auch ein bisschen Anarchist, aber empathisch - ein Guter eben“
Auf sie, von der sich viele andere Figurenspieler längst abgewendet haben, schwört Sebastian Günther weiterhin. Und warum? Da muss der Puppenspieler sich gar nicht erst mit einer Antwort herumplagen, denn die gibt sein Publikum schon vom ersten Augenblick der Vorstellung an, der die (möglichst) über Vierjährigen gleichermaßen temperamentvoll und in schier atemloser Spannung folgen, weil ...? Tja, weil es hier irgendwie auch um sie geht. Der eigenwillig Kasper, der sich jedem Tag wie einem Abenteuer stellt, ist ... ja im Grunde des Kindes überzeichnetes Ebenbild.
Sein Kasper sei „auch ein bisschen Anarchist, aber empathisch - ein Guter eben“, sagt Sebastian Günther über die Hauptfigur, auf die sich die ganze traditionelle Kaspertheaterfamilie bezieht. Über die kann der Puppenspieler lange reden.
Puppenspieler in Halle: Großmutter ist die ordnende Instanz
Die Großmutter sei die ordnende Instanz und müsse als solche gelegentlich vom Polizisten unterstützt werden, während Räuber und Krokodil auch das Egoistische und Maßlose repräsentierten - Impulse also, die auch dem Kasper wie dem Kind nicht fremd sind, die es aber beherrschen zu lernen gelte.
Insgesamt sind es sieben Stücke, die Sebastian Günther aktuell im Repertoire hat. Damit und mit den Stücken seiner „Märchenteppich“-Mitstreiter Susa Ahrens und Horst Günther ergibt sich ein dicht gefüllter Spielplan in diesem für Halle so unersetzlichen freien Theater, das - nun endlich - auch von der Stadt finanziell unterstützt wird. (mz)