Protest gegen Liebich-Demo Protest gegen Liebich-Demo: "Omas gegen Rechts" störte Kundgebung mit Trillerpfeifen

Halle (Saale) - Am Samstag haben auf dem Marktplatz Hunderte Menschen gegen die Kundgebung des rechtsextremen Sven Liebich protestiert. Dazu hatte das Bündnis „Halle gegen Rechts“ aufgerufen und bundesweite Unterstützung erhalten: Das deutschlandweite Bündnis „Omas gegen Rechts“ war mit etwa 80 Teilnehmern aus Berlin, Hamburg, Osnabrück. Gießen und anderen Orten nach Halle gekommen und hatte die Kundgebung des halleschen Dauerdemonstranten und seinen etwa 20 Anhängern mit einem gellenden Pfeifkonzert übertönt. Dazu hatte das Bündnis laute Rockmusik aus Lautsprechern wabern lassen, die Marktkirche läutete um 15 Uhr außerplanmäßig und lange.
Hakenkreuz mit Herz übermalt
Mit dabei war auch Deutschlands wohl bekannteste „Oma gegen Rechts“, Irmela Mensah-Schramm. Die 72-jährige Berlinerin entfernt seit 1986 rassistische und antisemitische Aufkleber oder übermalt Graffiti mit solchem Bezug - in ganz Deutschland und auch in Halle. „Ich war am 17. Juni in Halle und habe an diesem Tag keinen Gegenprotest gegen Liebich gesehen“, bedauert sie.
Und auch der Tag des Anschlag auf die hallesche Synagoge, der 9. Oktober, ist ihr in besonderer Erinnerung, weil sie genau an diesem Tag wieder einmal vor Gericht stand: „Ich hatte ein Hakenkreuz mit einem Herz übermalt und wurde wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe verurteilt.“ Grund genug für sie, in Halle mit den anderen Frauen gegen die Beleidigungen und Hetze des Sven Liebich zu protestieren.
„Es ist wichtig, zu demonstrieren und Liebich nicht das Feld zu überlassen.“
Unterstützung erhielten die „Omas“ nicht nur von Hallensern, sondern auch von der Trommlergruppe „Rhythms of resistance“, einem weltweiten Netzwerk, das mit Aktiven aus Halle und Leipzig vor Ort war und mit Rhythmus ein Zeichen gegen Rechts setzte. Und auch Politiker informierten sich auf dem Marktplatz. Die Bundestagsabgeordnete der Linken, Birke Bull-Bischoff, half am Stand des Bündnis gegen Rechts und sagte: „Es ist wichtig, zu demonstrieren und Liebich nicht das Feld zu überlassen.“
Rüdiger Erben, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion und Ex-Staatssekretär im Innenministerium, ging einen Schritt weiter: „Die Versammlungsbehörde müsste mutiger sein.“ In anderen Bundesländern würden vergleichbare rechtsgerichtete Demonstrationen verboten, weil dort Symbole gezeigt werden, die aus der rechten Szene kommen - selbst wenn diese Symbole nicht explizit strafbar sind.
Versammlungsbehörde und Polizei in Halle in der Kritik
„Ich habe da eine andere Rechtsauffassung als der Innenminister“, sagt Erben. „Es ist grenzwertig, was die Versammlungsbehörde in Halle macht“, so der Politiker. Doch nicht nur als Versammlungsbehörde steht die Polizei in der Kritik. Auch einzelne Beamte stehen in der Kritik.
Bei einer anschließenden Kundgebung von Corona-Gegnern unter Beteiligung von Liebich, soll es laut „Halle gegen Rechts“ zu Übergriffen gekommen sein. „Nach einer ersten Auswertung des Bündnisses kam es an diesem Samstag zu einer Reihe von Fällen unverhältnismäßiger Gewalt gegen Teilnehmende des Gegenprotests“, so Bündnis-Sprecher Valentin Hacken.
Polizei schützt Fotojournalisten vor den Angriffen Liebichs
So sollen Polizeibeamten zwei Personen ins Gesicht geschlagen haben, die sich in der Nähe des Curie-Platzes einer Sitzblockade anschließen wollten. Mit der Blockade sollte der Zug der Corona-Gegner durch die Innenstadt aufgehalten werden. In einem anderen Fall soll ein Polizist einen Gegendemonstranten brutal gegen ein Baugerüst geschleudert und ihn mit „Halt die Schnauze“ angeschrien haben.
Anderseits betont Hacken aber auch, dass die Polizei ihn selbst und eine Fotojournalistin gut vor den Angriffen Liebichs geschützt hat. Die Polizei konnte am Sonntag keine Stellungnahme zu den Vorwürfen angeben. „Am Samstag waren anlässlich der Versammlungslagen in Halle Beamte verschiedener Dienststellen im Einsatz. Die Polizei wird die im Raum stehenden Vorwürfe genau prüfen“, so Polizeisprecherin Antje Hoppen. (mz)
