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Sprengstoff oder Spuren erschnüffeln Polizeihunde: So trainiert die Hundestaffel die Verbrecherjagd

Von Julia Rau 14.10.2017, 12:30
Malinois-Schäferhund-Mischling Aras bekommt zur Belohnung nach erfolgreicher Suche ein Leckerli und darf eine Runde seinem Lieblingsspielzeug nachjagen.
Malinois-Schäferhund-Mischling Aras bekommt zur Belohnung nach erfolgreicher Suche ein Leckerli und darf eine Runde seinem Lieblingsspielzeug nachjagen. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Als Anne Gramkow ihm die Tüte über die Nase stülpt, fängt Aras an, jämmerlich zu fiepen. Seine schwarzen Beine zucken, der Rüde ist unruhig und hechelt hastig in den Beutel mit der Geruchsprobe. Er will endlich losspurten und finden, was seine Kollegen suchen. Das ist Aras’ Job als Polizeihund. Den hat der Malinois-Schäferhund-Mischling vor etwas mehr als zwei Jahren angetreten – an der Seite von Diensthundeführerin Anne Gramkow.

Acht Versuche hat es gebraucht, bis sie einen geeigneten Hund von den Züchtern ausgesucht hatte. „Er muss kerngesund sein und dann noch ein bestimmtes Wesen mitbringen“, erklärt die Polizistin. Verspielt muss er sein, verfressen und „ein gewisses Aggressionspotenzial haben“. Das ist wichtig, weil alle Polizeihunde – egal ob sie später Drogen, Falschgeld, Brandmittel oder Personen erschnüffeln - auch als Schutzhunde ausgebildet werden.

Training für Polizeihunde in Halle (Saale): So erschnuppern die Hunde Spuren

Alle 30 Tiere bei der Hundestaffel der Polizeidirektion Süd in Halle haben die Ausbildung. Findet Aras also eine gesuchte Person – vielleicht einen Räuber – kann er ihn auf Befehl auch schnappen. „Ich rufe der Person zu, sie soll stehen bleiben, sonst kommt der Hund“, so Anne. Nach zwei Warnungen rennt Aras im Einsatz los.

In einer Schnüffelübung, bei der er an diesem Trainingstag Gramkows Kollegen Steffen Dreßler finden soll, wartet er vorher auf ein Zeichen von seiner Chefin. Auf „such“ flitzt er los. Aras hat die Fährte aufgenommen. In der Tüte war ein Handschuh des Kollegen. Im Einsatz reicht auch eine sterile Mullbinde, die zum Beispiel lange auf eine Stelle gelegt wurde, an der ein Einbrecher stand. Weil der Hund zwischen alter und frischer Spur unterscheiden kann, weiß Aras im Ernstfall, dass der Geruch des Einbrechers gemeint ist und nicht der der Bewohner. Damit er nicht durcheinander kommt, ist es nach Einbrüchen wichtig, den Raum oder Keller nicht zu betreten, bevor die Polizei eintrifft.

Training für Polizeihunde in Halle (Saale): Nur die Belohnung zählt

Der Handschuhspur nachjagend, zieht der junge Hund wie verrückt. Bei jedem Schritt stemmt die 28-jährige Hundeführerin sich nach hinten, jede Bewegung ist auch ein Bremsen. Genau genommen sucht der Hund nicht, um den Kollegen zu finden. Der ist ihm reichlich egal. Wichtig ist, dass am Ende eine Belohnung wartet.

Der Hund weiß aus dem Training, dass er was Leckeres und was zum Spielen bekommt, wenn er Erfolg hat. Seine zweibeinige Kollegin stellt sicher, dass der Reiz der Belohnung groß bleibt. „Er erwartet, etwas zu finden, wenn er das nicht tut, wird er immer aufgeregter, das ist nicht gut“, erklärt die Diensthundeführerin. Er wird deshalb auch für kleine Erfolge belohnt oder bekommt zur Not im Training Hilfestellung, indem er näher ans Übungsziel geführt wird.

Training für Polizeihunde in Halle (Saale): Wenn sie eine Spur haben, gilt es, leise zu sein

Die längste Fährte, die beide im Einsatz einmal verfolgt haben, waren 1.200 Meter bis zum nächsten Hauptbahnhof. „Der Hund kann viel, zaubern kann er natürlich nicht, bei Zügen verliert sich die Spur.“

Der Weg im Wohngebiet in Halle, den sich die Polizisten für das Training ausgesucht haben ist nur etwa 200 Meter lang. Drei Abbiegungen an denen Aras den Kopf in jede Richtung hält. Seine Nase zuckt, dann folgt er dem stärksten handschuh-ähnlichen Geruch. Ein paar Meter hinter ihm geht Anne mit der orangen Leine in der Hand.

Ihr Kollege hat zwischendurch ein paar Gegenstände verstreut, an denen sein Geruch haftet. Wenn Aras seine feuchte Nase in das hohe Gras am Weg steckt, und eins davon erschnüffelt, schlägt er an. Aber leise. Das ist wichtig, denn in den jährlichen Tests wird erwartet, dass die Hunde ein Ziel aufspüren, ohne einen Mucks zu machen. Der Rüde legt sich neben die Stelle und schaut erwartungsvoll zu Anne.

Training für Polizeihunde in Halle (Saale): Die Hunde helfen im Schichtbetrieb bei Ermittlungen

Zehn Fährtenhunde und 20 weitere mit Spezialisierung auf Dro-gen-, Falschgeld-, Sprengstoff- oder Leichengeruch sind bei der Polizeidirektion in Halle im Einsatz. Im Schichtbetrieb helfen sie in ganzem Süden des Landes bei Ermittlungen, untersuchen Brandspuren, wittern Räuber oder erriechen Drogen in jedem noch so kleinen Versteck.

„Bis ich wirklich für Aras die Hand ins Feuer gelegt hätte, hat es gut ein halbes Jahr Training gebraucht“, so Gramkow, „ich habe anfangs Ewigkeiten auf Feldern verbracht, wo er Fährten folgen sollte“. Es hat sich ausgezahlt. Aras zieht sie zielstrebig zum Versteck des Kollegen, wackelt mit der Rute und springt vor seinem „Fund“ auf und ab.

Und dann gibt es die wirkliche Belohnung: Dreßler öffnet eine Tupperdose voll Pute und Seelachs. Dann ist Zeit für Belohnung zwei: sein Lieblingsspielzeug. Das schnappt er aus der Luft und rennt freudig Kreise. Nach ein paar Minuten legt er sich hin. Der kleine Körper pumpt, Aras ist erschöpft. Nicht vom laufen, sondern weil er sich so lange konzentrieren musste.

Training für Polizeihunde in Halle (Saale): Nach acht Jahren geht es für Aras in Rente

Nach und nach löst sich die Anspannung, dann wirkt er eher müde. Übung geschafft. Noch einmal Gehorsam üben, danach geht es für beide nach Hause. Jeder Diensthundeführer nimmt seine Fellnase mit zu sich. Für Futter und Spielzeug gibt es dafür eine Pauschale. „Privat ist Aras umgänglich, man kann mit ihm problemlos in ein Café gehen oder am See schwimmen“, erzählt sein Frauchen.

Mit anderen Polizeihunden sei der Umgang schwierig, denn „wir haben jeweils das dominanteste Tier aus dem Wurf.“ Weil jeder der Chef sein will, gibt es am Ende wahrscheinlich Zoff. Nach etwa acht Jahren lässt der Geruchssinn bei Hunden etwas nach. Dann müssen die Polizeihunde in Rente. Die verbringen sie fast immer bei ihrem Kollegen. Davon ist Aras noch vier Jahre entfernt. (mz)

Hundeführerin Anne Gramkow und Aras sind ein eingespieltes Team.
Hundeführerin Anne Gramkow und Aras sind ein eingespieltes Team.
Lutz Winkler
Privat ist Aras umgänglich, sagt Hundeführerin Anne Gramkow.
Privat ist Aras umgänglich, sagt Hundeführerin Anne Gramkow.
Lutz Winkler