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Oberarzt aus Halle warnt Oberarzt aus Halle warnt: Oralsex erhöht Gefahr für bösartigen Krebs im Rachenraum

Von Dirk Skrzypczak 25.10.2017, 04:00
Oberarzt Alexander Glien schaut einem Patienten im Uni-Klinikum Halle in die Mundhöhle. 2016 wurden hier 110 Menschen mit Rachenkrebs behandelt.
Oberarzt Alexander Glien schaut einem Patienten im Uni-Klinikum Halle in die Mundhöhle. 2016 wurden hier 110 Menschen mit Rachenkrebs behandelt. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Hollywood-Star Michael Douglas ist das prominenteste Beispiel: Oralsex kann zu Krebs im Rachenraum führen. Ärzte sind alarmiert. „Die Häufigkeit der Fälle scheint zu steigen und die Erkrankung betrifft eher jüngere Patienten“, sagt Ulrich Kisser, Leitender Oberarzt in der HNO am Universitätsklinikum in Halle. Verantwortlich für die bösartigen Tumore sind die Humanen Papilloma-Viren (HPV), die bei Frauen Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Die Krebsgefahr steigt zudem mit häufigen Partnerwechseln.

Experten gehen davon aus, dass bis zu 45 Prozent der Neuerkrankungen bei Patienten mit Hals-Kopf-Tumoren auf HPV zurückzuführen sind. Immerhin: Die Heilungs-Chancen sind bei einer Früherkennung gut. Laut dem gemeinsamen Krebsregister der neuen Bundesländer erkranken in Sachsen-Anhalt acht von 100.000 Männern an Rachenkrebs, ausgelöst von HPV.

Vor zehn Jahren lag die Quote noch bei 5:100.000

Vor zehn Jahren lag die Quote noch bei 5:100.000. Frauen sind deutlich weniger betroffen. „2016 haben wir in unserem Kopf-Hals-Tumorzentrum etwa 110 Fälle gehabt. Davon dürften etwa 30 auf HPV zurückzuführen sein“, sagt Oberarzt Kisser. Die Viren können sowohl bei Frauen wie auch Männern im Genitalbereich auftreten. Dort docken sie an Zellen an und verändern das Erbgut. „Ihr Ziel ist es, sich zu vermehren. Im Rachen finden sie die gleichen optimalen Verhältnisse für sich vor“, sagt Kisser.

Der promovierte Mediziner geht allerdings nicht davon aus, dass sich das Sexualverhalten in jüngerer Vergangenheit grundlegend verändert hat. „Bis vor zehn Jahren wusste man noch nicht, dass die HPV auch Krebs an den Mandeln oder am Zungengrund auslösen können. Seitdem wird bei der Diagnostik darauf geachtet“, sagt der Oberarzt. Gleichwohl steigen die Fallzahlen an.

Oberarzt empfiehlt, beim Oralsex Kondome zu benutzen

Kisser fordert eine bessere Aufklärung, auch und vor allem an Schulen. Und er empfiehlt, beim Oralsex Kondome zu benutzen. „Das bietet einen gewissen Schutz, allerdings sitzen die Viren an der Haut und an Schamhaaren, so dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt.“ Auch bei mangelhafter Hygiene steige das Keimreservoir. Technische Hilfsmittel etwa für Männer, die Frauen oral befriedigen, gibt es hingegen keine.

Die Schulmedizin rät Mädchen ab einem Alter von neun bis 17 Jahren zu einer Impfung gegen HPV, um sich gegen Gebärmutterhalskrebs zu schützen - dann gäbe es auch keine Viren zum Übertragen. Doch die Immunisierung ist wegen möglicher schwerer Nebenwirkungen umstritten.

Verunsicherung spiegelt sich in den Impfzahlen wider

Die Verunsicherung spiegelt sich in den Impfzahlen wider. Nach einer Statistik des Robert-Koch-Instituts waren in Deutschland Ende 2014, das ist der aktuellste Wert, 42,5 Prozent der 17-Jährigen vollständig geimpft. Bei den 15-Jährigen lag Sachsen-Anhalt mit 53 Prozent deutschlandweit an der Spitze. In Bayern waren es nur 21,1 Prozent.

„Aktuell läuft eine Debatte, ob auch für Jungen die Impfung empfohlen werden sollte. Das ist natürlich ein heißes Eisen“, sagt Kisser, der selbst geimpft ist, wie er betont. Schließlich könnten infizierte Männer beim normalen Sex HPV übertragen. Und auch bei Männern besteht die Gefahr, dass sich Tumore an den Genitalien bilden, was aber selten vorkommt. Das Land Sachsen-Anhalt nimmt die Präventionsarbeit für sexuell übertragbare Infektionen sehr ernst. „Darunter fällt auch HPV. Der Tenor muss sein: Jugendliche sollten frühzeitig die Gefahren kennen und wissen, wie sie sich schützen können“, sagt Andreas Pinkert, Sprecher im Sozialministerium. (mz)