Neuerscheinung Neuerscheinung: Mundarten und was uns mundet
HALLE/KARLSRUHE/MZ. - Zwei Leute treffen sich: "Na mei Jutster, wie jehts der denn?" - fragt der eine. Darauf der andere hoch erfreut: "Mar kann nix saage." Nanu, was sind denn das für Leute, die so reden? Sie werden lachen, es sind Bewohner zweier Partnerstädte. Die Frage kommt von einem Hallenser, die Antwort von einem Karlsruher. Und in die schriftliche Form als "Sprachklassiker" hat dies eine Frau gebracht, die in beiden Städten und also auch in beiden Sprachen zu Hause ist: Bärbel Maliske-Velten. "Matzkuchen und Sonnenwerbelesalat" heißt ihr Buch, das sich nicht nur mit Mundart befasst, sondern auch mit dem, was uns mundet. Es ist also eine sehr sinnvolle Mixtur aus zwei für die regionale Herkunft ganz wesentlichen Aspekten.
Was die Mundart angeht, so musste sie die Autorin erst neu lernen. In der "Fremde" habe sie ihren Osendorfer Heimatdialekt wiederentdeckt, sagt die 58-Jährige, die als Kind zu Hause freilich nicht Hallesch gesprochen, aber natürlich verstanden hat. Die promovierte Juristin, die einst in Halles städtischem Gesundheitsamt tätig war, zog es nach der Wende der Liebe wegen ins Badische. Ihr Mann Otto Velten, einer der frühen Aktivisten der Städtepartnerschaft, habe sie dann auch zu dem Buch ermutigt und am Konzept mitgewirkt. Aufs Thema Essen für dieses Buch hat sie dann allerdings Karlsruhes einstiger Oberbürgermeister Gerhard Seiler gebracht. Beim Abschluss der Städtepartnerschaft mit Halle im Jahre 1987 fand er das Essen mit Würzfleisch und Broiler in unserer Gegend freundlicherweise noch etwas etwas "gewöhnungsbedürftig".
Aber zum Glück konnte ihm inzwischen einiges weniger Osttypische und dafür mehr Halle-Typisches kredenzt werden, das auch für den verwöhnten Gaumen von der französischen Grenze durchaus zumutbar ist. Doch nicht nur ihm und nicht nur das: Sogar mit einem richtigen Ostküchen-Klassiker konnte Bärbel Maliske-Velten in der ihr längst vertrauten Fremde schon Punkte sammeln: "Das Jägerschnitzel habe ich dort bekannt und salonfähig gemacht", sagt sie. Als Köchin hofft sie bei diesem, aber mehr noch bei weit raffinierteren Gerichten natürlich auch auf das Lob der Esser. Doch die höchste Anerkennung, die man da im Badischen ernten kann - quasi als sprachlichen Ritterschlag - das ist wiederum das eingangs zitierte "Mar kann nix saage".
An dieser Stelle sind sich Hallenser und Karlsruher wohl gar nicht so fremd. Denn auch unsereins kommt bekanntlich völlig ohne schwülstige Superlative durchs Leben - und mit recht kärglicher Herzlichkeit. Ausnahme sei das hübsche "Meiner", meint Ex-Hallenserin Maliske-Velten. Diese locker-freundliche Anrede sei etwas ganz Besonderes. Nur sei das vielen gar nicht bewusst. Das gilt wohl auch für das ganz Besondere dieses Buchs als Projekt der Städtepartnerschaft. Karlsruhes Alt-OB hat dafür sogar ein Grußwort geschrieben. Anfragen im hiesigen Rathaus wegen ein paar Geleit-Zeilen blieben dagegen ohne Echo, bedauert die Autorin. Doch zum Glück sprang ihr Sohn, der Rechtsanwalt Eyck Zimmermann, für die hallesche Seite ein. Und wer nun am Ende die 300 Seiten in einem kurzen Satz beurteilen soll, tut dies am besten gleich per frisch erlerntem Badisch: "Mar kann nix saage."
Das Buch "Matzkuchen und Sonnenwerbelesalat", ist erschienen im Verlag Lindemanns Bibliothek, kostet 19.80 Euro und ist im Buchhandel erhältlich.